Ein Familienvater aus dem Landkreis hat zusammen mit seinem Heilpraktiker Versicherungen abgezockt und einen fünfstelligen Betrag kassiert.
Er hatte sich auf sein Wort verlassen, soviel bringt der Angeklagte gerade noch heraus. Pause. Der Mann schnieft und schluchzt, verbirgt sein Gesicht hinter der linken Hand. Über seine Schwägerin hatte er den Heilpraktiker kennengelernt, mit dem er Versicherungen über Jahre hinweg um mehrere tausend Euro betrog. Ein Geschäftsmodell, das dem Ehemann am Ende eine hübsche Summe aufs Familienkonto spülte. Im Strafverfahren vor dem Kissinger Schöffengericht kommt er mittels Verständigung und mit seinem Geständnis um eine Gefängnisstrafe herum.
Bar übergeben
37 571,73 Euro machten die Versicherungen für die privaten Leistungen locker. Auf den Rechnungen standen Behandlungen, die es nie gegeben hatte - von ihm, seinen beiden Kindern und seiner Frau. Heilpraktiker und Angeklagter betrieben das Spielchen über vier Jahre lang. Der Angeklagte kassierte die Rückzahlungen von der Versicherung und teilte sich die Beute mit dem Heilpraktiker. Wie vereinbart: halbe-halbe. "Ich sollte ihm die Hälfte geben. Bar. Keine Überweisungen", sagt der Mann auf der Anklagebank. Weiß-rot kariertes Hemd, Ende 40, Familienvater, Ehemann. Heute steht er wegen 44 Fällen von Betrug vor Gericht.
Eine halbe Stunde braucht der Staatsanwalt, bis er alle Zahlen heruntergerattert hat. Die dicken Akten vor ihm sind mit einem Gurt zusammengeschnürt. Hinter dem Schreibtisch des Richters stapeln sich die Unterlagen des Falls in einer Umzugskiste. Bei zwei Versicherungen hatte der Familienvater Zusatzversicherungen laufen, die Heilpraktiker-Leistungen übernehmen. Eine davon hatte er sich noch vom Bruder seines Heilpraktikers vermitteln lassen, ein Angestellter der Versicherung. Jene sei besser, habe ihm der gesagt. "Dementsprechend würde er die Rechnungen schreiben. So dass es passt." Er habe dem Mann vertraut, sagt er. Schließlich ließ er sich überzeugen. Zehn, vielleicht zwölf Jahre sei das her. "Er wollte die Rechnung etwas höher rausschreiben, damit er was davon hat." Irgendwann wurden die Behandlungen für die Versicherungen des Angeklagten dann nicht nur teurer, sondern zu ausgemachten Luftnummern. Die eingereichten Rechnungen liegen zwischen 355,20 Euro und 1075,60 Euro.
Der Angeklagte steht mitten im Leben, arbeitet seit vielen Jahren im gleichen Betrieb, sein Vorstrafenregister: leer. Das Gericht hat die meisten der neun Zeugen wieder ausgeladen. Der Grund: Der Verteidiger hat ein Geständnis angekündigt. Das wird zur Grundlage einer formellen Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Nach einer kurzen Beratung legt das Schöffengericht den Strafrahmen vorab fest: zwischen 16 und 20 Monate, mit Aussicht auf Bewährung. "Ich kann nicht mehr nachvollziehen, wann die Behandlungen waren. Wir waren oft bei ihm zu Hause oder er bei uns." Rudert der Angeklagte zurück?