Letztes Donnerstagsgebet der Kirche in Bewegung

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Wie beim ersten Donnerstagsgebet vor vier Jahren sangen auch beim 203. zum Schluss alle Hand in Hand das Protestlied der US-Bürgerbewegung in den 1960er Jahren "We shall overcome - Wir werden es überwinden". Fotos: Angelika Silberbach
Wie beim ersten Donnerstagsgebet vor vier Jahren sangen auch beim 203. zum Schluss alle Hand in Hand das Protestlied der US-Bürgerbewegung in den 1960er Jahren "We shall overcome - Wir werden es überwinden". Fotos: Angelika Silberbach
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

"Wir veranstalten heute das letzte Donnerstagsgebet, es sieht so aus, als seien wir am Ziel", begrüßte Reinhard Beichel von der Initiative KiB (Kirche in Bewegung) die knapp 50 Betenden am Marktplatz. Ein Raunen ging durch die Menge, ungläubige Blicke wurden ausgetauscht.

Dann kam das erlösende: "Nein, ganz so weit sind wir nun doch noch nicht." Ein spürbares Aufatmen ging durch die Reihen. Zum ersten Donnerstagsgebet, am 22. Oktober 2009, kamen rund 350 Menschen. Auslöser war die Suspendierung des damaligen Hammelburger Stadtpfarrers Michael Sell. Seitdem wird wöchentlich in der Stadtpfarrkirche St. Johannes für Erneuerungen und Reformen in der katholischen Kirche gebetet.

"Und seitdem hat sich die Kirche wirklich bewegt, und mit Papst Franziskus weht ein anderer Geist", fasst Maria Heckmann zusammen. Dass sie alleine für diese Wandlung verantwortlich seien, wehren die KiB-Beteiligten lachend ab. Doch sie glauben, dass die vielen Gebetskreise um Erneuerung durchaus den Heiligen Geist belebt und aufgeweckt haben.

Es brauche einen langen Atem, um etwas zu verändern, sagt Reinhard Beichel. Er erinnert an Galileo Galileis "Und sie bewegt sich doch". Bei Galileo dauerte es auch dreieinhalb Jahrhunderte, bis Johannes Paul II. ihn rehabilitierte und den Fehler der Kirche eingestand. "Wir hoffen, dass wir mit unseren Anliegen und Forderungen wie Frauenordination, Freiwilligkeit des Zölibats und Mitwirken der Laien bei innerkirchlichen Entscheidungen eher erhört werden." Die Nachrichten über das Nachdenken von Erzbischof Robert Zollitsch zur Situation von Wiederverheirateten und Frauendiakonie mache Hoffnung.

Ermutigend sei für KiB auch der spürbare Aufbruch seit Papst Franziskus' Wahl zum neuen Kirchenoberhaupt. Beichel zitiert ihn während des Marktplatz-Donnerstagsgebets: "Der Heilige Geist drängt die Kirche, weiterzugehen." Der bescheidene argentinische Papst treibe die starren, sich nicht verändern wollenden Gruppierungen zurück. Er scheine den Reformstau anzugehen, der sich nach der kurzen, hoffnungsvollen Phase des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren aufgetürmt habe. Papst Franziskus bezeichnet die Stimmen, die gar nicht vorwärts wollen, sondern rückwärts, als "dickköpfig". Sie versuchen, " den Heiligen Geist zu zähmen".

Dazu passte das Gebet von Pater Pedro Arrupe, das Monika Hurrlein während des Marktplatz-Gebets vorlas. Der Jesuitenpater schrieb es in Anlehnung an Martin Luther Kings wegweisende Rede "I have a dream - ich habe einen Traum" in Washington vor 50 Jahren. Daraus zitierte Hurrlein: "Ich träume von einer Kirche, die prophetisch ist und die ganze Wahrheit sagt, die Mut hat, unbequem zu sein, und die unerschrocken das Glück der Menschen sucht."

Diesen Traum von einer modernen Kirche im Sinne von Jesus träumt auch die 80-jährige Hammelburgerin Hella Greif-Markl. Wann immer es geht, besucht sie das Donnerstagsgebet. Sie war sowohl beim jetzigen 203. Abendgebet mit von der Partie wie auch beim ersten. Und wie beim ersten Donnerstagsgebet vor vier Jahren sangen zum Schluss alle Hand in Hand das Protestlied der US-Bürgerbewegung in den 1960er Jahren "We shall overcome - Wir werden es überwinden".