Böden, Decken und Wände im Luitpoldbad erhalten nach und nach ihr endgültiges Aussehen: In einem halben Jahr soll alles fertig sein.
Seit drei Jahren laufen die Bauarbeiten im Luitpoldbad, nun kommt der Endspurt: "Jetzt stehen die Feinarbeiten an", berichtet Abteilungsleiter Erwin Full vom Staatlichen Bauamt Schweinfurt über die Arbeiten am Behördenzentrum im alten Luitpoldbad. Absehbar sei bereits, dass die geschätzten Baukosten von 39 Millionen Euro gehalten werden können: "Mit den Ausschreibungen sind wir ziemlich durch. Alle Aufträge sind vergeben, bei den Gesamt-Kosten stehen wir gut da", zieht Full Bilanz. Ab 1. August sollen die künftigen Nutzer einziehen können.
"Hier kann man den künftigen prächtigen Raumeindruck schon erahnen", schwärmt Architekt Ralf Alsheimer vom Büro "Grellmann, Kriebel, Teichmann", während er vom Baugerüst aus die Buntglasdecke in einem der historischen Treppenhäuser zum ersten Mal begutachtet: Ornamente in gelber, roter und blauer Farbe strahlen im Tageslicht. "Jedes Glas wurde von einer Spezialfirma einzeln gereinigt", berichtet Alsheimer. Vom Ergebnis ist er selbst überrascht: "Das wird brillant, wenn man von unten hoch schaut", ist er sich sicher.
Über Jahrzehnte habe sich Staub und Schmutz auf den historische Scheiben abgelagert, nun erstrahlen sie wie zur Bauzeit. Einige Scheiben seien geklebt worden, an kleinen Stellen seien Retuschen notwendig gewesen. Insgesamt waren die Decken aber in einem sehr guten Zustand. "Solche Fenster haben wir sonst nur in Kirchen, aber über Kopf als Lichtdecke gibt es das nur noch in Bad Kissingen", berichte Alsheimer, dessen Büro schon viele Baudenkmäler restauriert hat. In Würzburg zum Beispiel seien fast alle Buntglasdecken im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.
Zweite Glasdecke kommt bald
Die erste Buntglasdecke im westlichen Treppenhaus ist bereits vollständig eingebaut, die zweite im östlichen Treppenhaus soll kommende Woche folgen. Um die historischen Scheiben herum ist alles modern: Ein Oberlicht mit Dreifach-Verglasung, bestem Wärmeschutz, hagelsicher und mit geriffelten Scheiben, damit das Licht diffus auf die bemalten Scheiben trifft, schützt die Glasdecke von oben. Darunter wird noch ein engmaschiges Nylonnetz gehängt, das Besucher vor herabfallenden Glassplittern schützt.
Auch bei der Beleuchtung gibt es eine moderne Lösung: Über der Buntglasdecke ist ringsum ein Band aus LED-Leuchten angebracht. "Da müssen wir dann mal sehen, ob die Beleuchtung ausreicht, so etwas kann man nicht rechnen", sagt Ralf Alsheimer. Aber auch für den Fall, dass es nachts zu dunkel wäre, ist vorgesorgt: Durch ein kleines Loch in der Decke könnte ein Kronleuchter das Treppenhaus verschönern: "Der müsste dann allerdings neu angeschafft werden, weil es in diesem Raum vorher keinen gab."
Das Luitpoldbad hat als frei stehendes Baudenkmal eine besondere Bedeutung für Bad Kissingen. Als einst größtes Badehaus Europas erinnert es an die Zeiten, in denen Könige und Kaiser an der Saale kurten. Dieser Flair ist auch heute noch in den historischen Räumen zu spüren. Und er wird aufwändig erhalten und wiederbelebt. "Das ist schon etwas ganz Besonderes", freut sich auch Architekt Ralf Alsheimer vom Büro "Grellmann, Kriebel, Teichmann" über die Wiederbelebung der historischen Bausubstanz. Auch wenn das in vielen Bereichen Mehrarbeit bedeutet.
Allein in den beiden großen Treppenhäusern arbeiten zahlreiche Spezialisten: Schmiede ergänzen etwa aktuell die gußeiserne Treppen-Konstruktion: Feld für Feld wurde die Ornamente zunächst sandgestrahlt. Beim Freilegen der nachträglich verkleideten Podeste kamen auch etliche Löcher zum Vorschein: Weil zum Beispiel Leitungen verlegt werden mussten, wurden einfach Teile herausgeschlagen. Stück für Stück wurden diese Teile nun in einer Spezial-Werkstatt nach historischem Vorbild neu gegossen. Aktuell werden sie eingebaut.
Alte Putze aufwändig erhalten
Nachdem die Glas-Spezialisten die Buntglasdecke eingebaut haben, können nun die Restauratoren mit den Wänden weitermachen. Auch dazu waren umfangreiche Vorarbeiten notwendig: "In den Treppenhäusern bestand die Denkmalpflege darauf, dass die historischen Putze erhalten bleiben", berichte Erwin Full vom Staatlichen Bauamt. Weil der Putz aber nicht ausreichend Haftung hatte, wurden schlechte Stellen "hinterspritzt": Die Hohlräume wurden mit kleinen Injektionen ausgefüllt. Zu sehen ist davon nichts mehr: Die Putze sind neu verspachtelt und für die Anstriche vorbereitet, aber: "Wenn ein Restaurator hier irgendwann die Wand aufmacht, findet er die alten Putze wieder", betont Architekt Alsheimer.
Alleine für die Treppenhäuser mussten fünf verschiedene Wandfarben mit der Denkmalpflege abgestimmt werden. Dazu legte Restaurator Harald Straßburger von der Firma "Fuchs und Gierke" Musterflächen an Decke und Wand an: "Hier sieht man die endgültige Farbfassung", sagt er, während er auf die noch feuchten Flächen zeigt. Die Farbtöne von Decke, Kehle, Profil, Wandrahmen und der Wandfläche selbst sind aufeinander abgestimmt. Entsprechend dem historischen Befund werden in den beiden Haupt-Treppenhäusern in Zukunft Grüntöne vorherrschen.
Immer weniger Gerüste
Ende des Monats soll das erste Treppenhaus fertig sein, dann kommt das Gerüst weg. Die Fassade ist bereits weitgehend gerüstfrei. "Nur an einem Pavillon fehlen noch die Baluster", berichtet Full. In den Weihnachtsferien habe die Baustelle weitgehend geruht, nur Spezialarbeiten wie das Hinterspritzen der Putze liefen. Im Außenbereich war sogar noch den ganzen Januar Pause: "Der Frost steckte im Boden, da nutzte auch kein einzelner milder Tag", so Full. An der Ost-Seite seien die Erdarbeiten abgeschlossen. An der Westseite liege einer der drei Kanäle. Die Zeit des strengen Frostes verschiebe aber nicht die Fertigstellung: "Wenn kein Hochwasser und keine Insolvenz dazwischen kommt, sind wir am 31. Juli fertig", ist Full optimistisch.
Geschichte Zum 1. Januar 1865 gründeten vermögende Kissinger Bürger, darunter Badearzt Dr. von Balling sowie Apotheker Boxberger, eine Aktiengesellschaft zur Errichtung eines neuen Badehauses. Sie sammelten 150 000 Gulden und ließen von 1867 bis 1872 ein Badehaus mit mehr als 100 Einzelkabinen bauen. Die zunächst offene Nordseite wurde 1878 bis 1880 mit dem Casino geschlossen. Die Bürger verkauften die Immobilie 1887 an die Krone. Unter Prinzregent Luitpold von Bayern (1821-1912) wurde das Gebäude zur damals größten Badeanstalt Europas ausgebaut: Die beiden 100 Meter langen Seitenflügel erhielten 236 Badekabinen. Zu Ehren des Prinzregenten wurde das Badehaus erst 1905 umbenannt. Das Luitpoldbad liegt an der Saale und am Rand des zwölf Hektar großen Luitpoldparks.
Niedergang Seit Ende der 1970er Jahre steht das Gebäude mit Ausnahme der Spielbank und des Restaurants leer. Das Bewegungsbad im Innenhof wurde 2004 geschlossen.
Ausbau Die Generalsanierung wurde auf rund 37 Millionen Euro veranschlagt. Hinzu kommt ein Ausbau des Innenhofes für Konzerte und Veranstaltungen, der rund 1,8 Millionen Euro kostet. Los ging es Ende 2013 mit der Schadstoffsanierung, Anfang 2014 begann der Abriss des Bewegungsbades im Innenhof, danach wurden die beiden Langhäuser entkernt, die Fundamente mit Beton verstärkt und gegen Hochwasser gesichert sowie neue Decken gegossen. Umfangreich restauriert wurden unter anderem die Naturstein-Fassaden, die historischen Treppenhäuser und die Eck-Pavillons.
Nutzung Der Haupteingang des neuen Behördenzentrums im alten Luitpoldbad ist von Süden her geplant. Im Ostflügel stehen der Bayerischen Staatsbad Bad Kissingen GmbH rund 1140 Quadratmeter zur Verfügung, ins Erdgeschoss des Westflügels zieht das Amt für Vermessung, Breitband und digitale Infrastruktur Bad Kissingen/ Bad Neustadt ein, dort stehen rund 1250 Quadratmeter zur Verfügung. Eine ähnliche Fläche erhält die Finanzkasse im Obergeschoss des Westflügels. Die Finanzkasse ist die einzige Behörde, die mit dem Umzug personell in Bad Kissingen aufgestockt wird: von sieben auf 38 Mitarbeiter. Zudem zieht auch der Hausherr ins neue Behördenzentrum ein: Das Bad Kissinger Büro der "Immobilien Freistaat Bayern" hat für sich selbst Räume über dem Haupteingang im Südflügel reserviert.