Der Ausbau der Windenergie ist in Bayern Aufgabe der 18 Regionalen Planungsverbände. Der Landkreis Bad Kissingen gehört mit den Kreisen Rhön-Grabfeld, Haßberge sowie Stadt und Landkreis Schweinfurt zur Region Main-Rhön.
Der Planungsverband hat im Jahr 2014 im Regionalplan das Kapitel "Energieversorgung", Abschnitt 5.3 "Windkraftanlagen", neu gefasst. In der Region Main-Rhön sind seitdem 23 Vorranggebiete mit insgesamt 2402 Hektar (0,6 Prozent der Gesamtfläche) und 41 Vorbehaltsgebiete mit 4303 Hektar (1,1 Prozent der Fläche) ausgewiesen.
4. Wie viele Windräder sind zusätzlich geplant?
Oliver Weidlich, Leiter des Sachgebietes Raumordnung, Landes- und Regionalplanung der Regierung von Unterfranken, schätzt, dass in den bereits vorhanden Flächen bis zu 200 zusätzliche Windräder möglich sein könnten. Stefanie Mattern, Beauftragte für die Region Main-Rhön, geht von 15 bis 20 möglichen Windrädern für den Landkreis Bad Kissingen aus. Allerdings seien genaue Zahlen nur schwer abzuschätzen, weil sich auch technisch viel ändere: Bisherige Windräder würden rund fünf Hektar Abstandsfläche benötigen, neuere Anlagen bräuchten mehr, könnten aber auch mehr Strom erzeugen.
5. Gibt es bereits Nachfragen von Investoren?
"Das Thema Windkraft spielt in der Gemeinde Wartmannsroth aktuell keine Rolle", teilt der dortige Geschäftsleiter Daniel Görke auf Nachfrage mit. In Wartmannsroth gibt es gleich drei Vorbehaltsgebiete, die bislang ungenutzt sind: WK 48 "Nördlich Wartmannsroth", WK 49 "Mehlberg" und WK 50 "Kohlberg". Anfragen gebe es weder von Bürgern noch von Investoren, die Gemeinde selbst habe wegen zahlreicher anderer Projekte wie der Dorferneuerung keine Initiative übernommen. 2011 habe es Pläne gegeben, die jedoch durch immer kleinere Vorbehaltsgebiete und schließlich durch 10 H zum Erliegen kamen. Erste Anfragen durch die Lockerungen der 10-H-Regel gebe es bereits bei der Regierung von Unterfranken, sagt Oliver Weidlich. Mit den Investoren werde parallel zur Neuaufstellung des Regionalplans gesprochen.
Beim Thema Windenergie ist derzeit viel in Bewegung: "Dass die Bundesregierung eine konkrete Flächenvorgabe macht, hat es so in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben", kommentiert Oliver Weidlich die neuen Vorgaben aus Berlin. Weidlich leitet das Sachgebiet Raumordnung, Landes- und Regionalplanung der Regierung von Unterfranken. Die Änderung der Windenergie-Kapitel in den Regionalplänen bezeichnet er als Mammutaufgabe: Rund 70 Prozent der Arbeitszeit seiner Abteilung nehme das Thema ein.
"Für Unterfranken insgesamt werden wir mehrere hundert Potenzialflächen untersuchen, beschreiben und abstimmen müssen", beschreibt Weidlich den Aufwand. Alleine das Kapitel zur Windenergie werde vermutlich mehr als tausend Seiten umfassen. In dem Verfahren werde auch die Öffentlichkeit einbezogen. Die Erfahrung zeige, "dass in den unterfränkischen Regionen viele Interessen um den knappen Raum konkurrieren und daher Festlegungen von Vorranggebieten nie einfach sind", betont Weidlich.
Höhere Akzeptanz
Immerhin gebe es veränderte Vorzeichen und eine höhere Akzeptanz: Der Klimawandel alleine habe dafür nicht gereicht, erst die Energiekrise durch den Ukraine-Krieg habe dafür gesorgt, dass viele Vorbehalte gegen Windräder gefallen sind. Außerdem habe die neue Bundesregierung mit der Zahlung von 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde einen großen Anreiz für Kommunen gesetzt.
Das bestätigt auch Thomas Schoenwald, Abteilungsleiter im Landratsamt Bad Kissingen und aktuell Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbandes Main-Rhön: "Wir haben beschlossen, dass wir möglichst viele Flächen für Windenergie suchen."
Dabei sei die Ausgangslage ziemlich günstig: Aktuell sind laut Regierung von Unterfranken in der Region Main-Rhön 1,7 Prozent der Fläche als Vorbehalts- oder Vorranggebiet ausgewiesen. Bei den Vorranggebieten habe die Abwägung der öffentlichen Interessen bereits stattgefunden, bei den Vorbehaltsgebieten steht das noch aus.
Die große Frage ist: Wie viel Fläche muss die Region insgesamt ausweisen? Die Bundesrepublik fordere vom Bundesland Bayern insgesamt 1,8 Prozent. Ein Gutachten soll klären, wie diese Fläche auf die 18 Planungsverbände verteilt wird. Klar ist dabei, dass die Regionen München oder Nürnberg deutlich weniger beisteuern müssen, und umgekehrt ländliche Regionen wie Unterfranken am Ende eine höhere Zielvorgabe bekommen werden. Wie hoch, darüber spekulieren weder Weidlich noch Schoenwald.
Viele offene Fragen gibt es auch bei der Aufweichung der Verbote: Die meisten Lockerungen dürfte es im Landschaftsschutz geben. Das wirke sich unmittelbar auf die Rhön aus, denn: "Das Biosphärenreservat und der Naturpark an sich sind keine Ausschlussgebiete", stellt Schoenwald klar. Bisher habe ausschließlich das deckungsgleiche Landschaftsschutzgebiet Windräder in der bayerischen Rhön verhindert. Dieses Verbot sei nun aufgeweicht, also sei der Weg für Windräder in Teilen des Biosphärenreservats frei.
Artenschutz nahezu unverändert
Beim Artenschutz dagegen sehe es ganz anders aus: Weidlich geht davon aus, dass sämtliche Naturschutz- und Flora-Fauna-Habitat-Gebiete tabu bleiben. Kleinere Aufweichungen gebe es zwar: So schließe ein einmalig gesichteter Brutplatz einer bestimmten Vogelart ein Gebiet nicht mehr für immer als Windrad-Standort aus. Laut Schoenwald gehe es viel mehr um "Dichtezentren", also dauerhafte Vorkommen geschützter Arten. Zudem könnten die Schutzabstände reduziert werden.
Beim Denkmalschutz soll es voraussichtlich eine feste Liste von Denkmälern geben, in deren Umfeld die Windkraft tabu ist. Mehr Rechtssicherheit erwartet sich Schoenwald durch den Wegfall der "Rechtfertigungsnot": "Bis jetzt mussten wir genau begründen, weshalb wir eine Fläche ausweisen und eine andere ähnliche nicht." Solange das Gesamtziel erreicht werde, falle diese Regelung weg. Zu den vielen komplett offenen Fragen zähle, dass die Einschränkungen durch militärische Gebiete wie den Truppenübungsplatz Hammelburg noch völlig offen seien.
Das Thema Windkraft wird auch die nächste Verbandstagung des Regionalen Planungsverbandes Rhön am Mittwoch, 23. November, in Oerlenbach beherrschen.
Das wichtigste für den Aufbau von Windkrafträdern wäre für mich, dass die Energie auch hier im Umkreis des Rades genutzt wird. Sonst sollte es verboten werden. Es ist nicht einsehbar, dass hier erzeugt Energie in andere deutsche Bundesländer oder ins Ausland verkauft wird. Als Beispiel, die Windkrafträder oberhalb von Ramsthal. Sie erzeugen Strom für rund 14000 Haushalte, davon kommt aber nichts in diesem Gebiet an. Das ist unlogisch. Deshalb bin ich gegen Windkraft, wenn der Strom dort nicht bleibt, wo das Windrad steht.