Jean-Claude Périsset vertritt den Papst in Berlin. Gestern besuchte der Nuntius Maria Ehrenberg. Mit der Mutter Gottes verbindet ihn viel.
Er geht nicht am Bild der Maria vorbei, ohne niederzuknien. Und zwar richtig, so dass ein Knie den Boden berührt. Erst dann geht Jean-Claude Périsset in die Sakristei, setzt sich und sagt, "weil ich eingeladen wurde". Und zwar von Michael Krammer. Der Dekan und Leiter der Pfarreiengemeinschaft "Maria Ehrenberg" ist stolz darauf, dass der Botschafter des Papstes auf den Maria Ehrenberg gekommen ist. Und natürlich hat sich Périsset nicht nehmen lassen, einige Worte an die Pilger zu richten.
"Die Gläubigen, die heute hier sind, sind wie Heilkräuter für die Gesellschaft", sagte der Botschafter des Papstes in seiner Predigt. Traditionell werden an Mariä Himmelfahrt Kräuter gesegnet. Schafgarbe, Minze, Brombeeren und Lavendel hat zum Beispiel Monika Traxler auf den Berg mitgebracht."Ich trockne die Kräuter und hänge sie bei mir in der Wohnung auf", erzählt die 72-Jährige. Einen Teil davon wird sie später auf die Gräber ihrer Eltern legen.
Pilger sammeln Kraft für das Leben Schon am Mittwochabend strömen hunderte Wallfahrer auf den Maria Ehrenberg. Manche reizt die sportliche Herausforderung, viele zieht wohl die Gemeinschaft auf den Berg. Aber eines haben die meisten gemeinsam: ein inniges Verhältnis zur Mutter Gottes.
Ein alter Mann sitzt auf seinem Campinghocker in der Sonne, mit dem Rücken an den Glockenturm gelehnt. "Auf die Menschen kann man net bau'", sagt der Pilger aus Trappstadt, "aber auf die Mutter Gottes darf man schon bau'." Und dann erzählt er von seinem Sohn, dem einzigen, der an Krebs leidet. "Ich hab alle Tage zur Mutter Gottes gebetet", sagt er, und eine einzelne Träne rinnt ihm aus dem rechten Auge.
"Der Glaube ist nicht etwas Artifizielles", sagt Périsset, der Nuntius des Papstes, und meint damit, dass der Glaube der Pilger echt ist. Weder Fake noch "Opium fürs Volk", wie Karl Marx sagen würde, sondern Realität. Als kleiner Junge von gerade einmal acht Jahren wandte sich Périsset der katholischen Lehre zu. Die Mutter Gottes habe damals eine große Rolle gespielt. "Ich habe am Marienfest zum Glauben gefunden" , erinnert sich der 74-Jährige.
Im Jahr des Glaubens, das die Katholiken noch bis zum 24. November feiern, weist Périsset die Wallfahrer auf Maria als Fürsprecherin hin. "Religion ist nicht Opium, sondern Unterstützung und Kraft für das Leben", sagt er in der Sakristei. Und dann zitiert er den Heiligen Grignion de Montfort und sagt: "Maria ist der sicherste und rascheste Weg zu Christus."
40 Kilometer mit dem Fahrrad gekommen Nebenan in der Kirche füllen sich derweil die Reihen. Einige Gläubige haben die ganze Nacht hier ausgeharrt. Noch am Mittag des Feiertages steigen Pilger die 254 Stufen zur Wallfahrtsstätte hinauf. Sie kommen aus den umliegenden Landkreisen, aber auch aus Würzburg oder dem Nachbarland Thüringen. Und aus Hessen, so wie Maria und Josef. Das Ehepaar Link mit den biblischen Vornamen hat 40 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. "Es ist immer wieder ergreifend und schön", sagt Josef, bevor er Maria ein Lager bereitet - allerdings nicht im Stall. Die beiden schieben einige Holzbänke neben dem Außen-Altar zusammen. Dort rollen sie ihre Schlafsäcke aus.
Das Läuten von Glocken schallt über den Platz. Das ist das Zeichen, dass wieder eine Pilgergruppe angekommen ist. Für den Pilger aus Trappstadt ist es heute eine Tag zum Danken, denn seinem Sohn geht es schon wieder besser. Die Metastasen sind kleiner geworden.