Immer mehr Radfahrer kaufen Pedelecs. Der Landkreis will die Zunahme bei Mountain-Bikern mit neuen Routen steuern.
Diesen Trend hat selbst Fahrrad-Händler Stefan Brand so nicht kommen sehen: "Wir verkaufen mittlerweile bei den Trekking-Rädern mehr E-Bikes als normale Räder, und bei den Mountainbikes ist es auch schon fast halbe-halbe", berichtet der Inhaber von "Bikeworld Brand" in Euerdorf. Mit zehn Mitarbeitern ist der Laden einer der größten Fahrrad-Läden in der Region, die Kunden kommen bis aus 50 Kilometern. "Die Akkus sind immer besser verbaut, und die Getriebe werden immer harmonischer", berichtet Brand. Reichweiten von mehr als hundert Kilometern und eine bessere Infrastruktur in der Region tragen auch zum Erfolg der E-Bikes bei.
Schon vor 30 Jahren spezialisiert
Schon vor 30 Jahren hat sich die Familie Brand auf Fahrräder spezialisiert. "Damals kam eines der ersten Mountainbikes raus", erinnert sich Stefan Brand. Bei seinem Vater in der Eisenwaren-Handlung gab es aber nur 08/15-Räder. Also hat sich Stefan Brand privat das geländegängige Spezialrad gekauft und einfach öfter mal im Laden stehen lassen. Es folgte ein Boom: Nägel, Schrauben und Werkzeug flogen aus dem Sortiment, nur noch Fahrräder, Zubehör und - vor allem im Winter - Holzöfen sind vom einstigen Gemischtwaren-Laden übrig geblieben.
Hunderte von Fahrrädern stehen jetzt im Euerdorfer Laden. "Am normalen Fahrrad wird heute eigentlich kaum noch was entwickelt, die Firmen konzentrieren sich auf die E-Bikes", berichtet Brand. Im April und Mai ist das Hauptgeschäft. "Viele kommen über die E-Bikes überhaupt erst wieder zum Fahrradfahren", erzählt der passionierte Radler. Die bis zu 250 Watt Unterstützung beim Treten sorgen dafür, dass auch weniger fitte Menschen längere Strecken radeln können, selbst nach einer Hüft- oder Knie-Operation. "Manche sind so fit, dass sie sich dann zwei oder drei Jahre später ein normales Fahrrad kaufen." Oft gleiche auch der Antrieb unterschiedliche Fitness aus: "Dann kann auch die Ehefrau bei den Touren des Mannes oder der Kinder mithalten", nennt Brand als Beispiel.
Selbst bei Jugendlichen sei die Tret-Hilfe immer öfter ein Thema. "Es geht so ab 15, 16 los, wenn Jugendliche halbwegs ausgewachsen sind und nicht alle zwei Jahre ein neues Rad brauchen", sagt Brand. Allerdings sei das natürlich auch eine Preisfrage: "Ein normales Fahrrad fängt bei 500 Euro an, für leichtere Rahmen und Spezialitäten muss man das Doppelte rechnen." Gute E-Bikes dagegen würden mindestens 2000 Euro kosten, Stefan Brand hat aber auch welche jenseits der 6000 Euro im Laden. Jüngere Radler würden sich deshalb zum Beispiel ein E-Bike über die Aktion "Job-Rad" (siehe Infokasten) vom Arbeitgeber mitfinanzieren lassen.
33 neue Rund-Touren
Auch der Landkreis
Bad Kissingen reagiert auf den E-Bike-Trend: "Wenn man weiß, wie man eine Steckdose nutzt, kann man auch Hügel fahren", fasste Landrat Thomas Bold in der jüngsten Sitzung des Wirtschafts- und Umweltausschusses den Radler-Boom in der Rhön zusammen. "Das Mountainbike hat in den letzten Jahren eine atemberaubende Entwicklung hingelegt, auch hier lassen sich mittlerweile Elektromotoren finden", sagt Klaus Spitzl, Geschäftsführer des Vereins "Naturpark und Biosphärenreservat Rhön". Um die Radler-Ströme zu lenken, werden aktuell 33 neue Rund-Touren in der Rhön ausgewiesen.
In den Unfallstatistiken der Polizei sind die E-Bikes zumindest im Landkreis Bad Kissingen noch nicht so stark vertreten: "In Unterfranken insgesamt hat's wahnsinnig zugenommen, bei uns ist es etwa gleich geblieben", fasst Lothar Manger, Verkehrssachbearbeiter bei der Bad Kissinger Polizei, die Lage zusammen: In Bad Kissingen gab es 2016 und 2017 jeweils drei Unfälle mit Pedelecs. Die Zahl der Verletzten ging sogar von vier auf drei zurück. Die Bad Brückenauer Polizei nahm 2016 keinen und im vergangenen Jahr einen Unfall mit Pedelec auf, in Hammelburg verletzte sich 2017 ein E-Bike-Fahrer ohne Fremdverschulden schwer.
Rund ums Radeln
Pedelec Was landläufig als E-Bike bezeichnet wird, heißt im Straßenverkehrsrecht eigentlich Pedelec: Das sind Fahrräder, bei denen ein Elektromotor mit maximal 250 Watt und bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern beim Treten unterstützt.
E-Bike Das eigentliche E-Bike ist ein Mofa mit einem regelbaren Elektroantrieb. Dafür sind eine Betriebserlaubnis und ein Versicherungskennzeichen notwendig. Das gilt auch für schnelle Pedelecs, die Motoren bis 4000 Watt Leistung haben und bis zur einer Geschwindigkeit von 45 Stundenkilometern beim Treten unterstützen.
"JobRad" ist ein Modell zur Gehaltsumwandlung. Ähnlich wie bei Dienstwagen können Arbeitnehmer seit 2012 über Steuererleichterung Fahrräder und E-Bikes mitfinanzieren.