Drei Tage nach der Uraufführung kamen die Maßbacher mit dem neuen Stück von Paul Maar und Christian Schidlowsky ins Bad Kissinger Kurtheater.
Bad Kissingen — Direkt nach der Premiere der Uraufführung am Stadttheater Fürth am Wochenende kam das neue Kinderstück des gewieften Theater-Duos mit dem Ohr an der Sprache und Gefühlswelt der Kinder, Paul Maar und Christian Schidlowsky, ins Bad Kissinger Kurtheater. "Der eingebildet kranke Kröterich" für alle ab 6 Jahren ist eine fröhliche Fabel, die Molières Komödie vom "Eingebildeten Kranken" nicht nur sehr raffiniert in einen
Krötenteich verlegt, sondern die in einer knappen Stunde auch so viel Vergnügliches für die erwachsenen Begleiter der jungen Theatergänger verpackt. Angefangen bei widersinnig benutzten Fremdwörtern über die "Fettkur", die Kröterichs "Magenverkümmerung" heilen soll, bis zur Warnung vor der schon in sehr frühem Alter virulenten Gefahr der Magersucht, wie auch den vielen gewitzten Zweideutigkeiten des Textes.
Und auch die Kinder erkannten, dass sie bei diesem turbulenten Stück genau zuhören müssen: Auf die scheinheilige Frage: "Essen Störche etwa Frösche?" kam prompt ein warnendes "Ja!" aus dem Zuschauerraum.
Aktuelle Anspielungen Das Autorenduo hat aber nicht nur im Text Lehrreiches versteckt.
Der vom Vater unerwünschte Verlobte der älteren Tochter Antonia ist ein Pinguin vom Südpol und wird vom Kröterich als teichfremder Ausländer abgelehnt. Auf die böse Kanalratte, Stiefmutter der beiden Töchter Antonia und Luise, fällt er dagegen rein, obwohl die doch nur seine kostbaren Perlen erben will. Und ganz gefährlich wird es, als er ausgerechnet dem Doktor Storch seine Gesundheit anvertraut, der das Rezept für sein Froschmenü schon im
Arztkoffer hat.
Quappi wird ernst genommen Gerettet werden die Liebe der großen Schwester und der Vater vor den Nachstellungen der Stiefmutter und des mörderischen Arztes von der blitzgescheiten kleinen Luise, die der Vater erst am Ende nicht mehr "Quappi" nennt und ernst nimmt.
Dieser Sieg der Jüngsten ist natürlich Identifikationsstoff für die jungen Zuschauer ebenso wie das Wortgerangel der Töchter mit dem bornierten Vater und die Sehnsucht Luises, endlich mal frei im gefährlichen Teich des Lebens schwimmen zu dürfen.
Mit dem ebenso einfachen wie genialen Bühnenbild von Peter Picciani - eine Lamellenwand mit Schlitzen als Rückwand und vier blaue durchsichtige Dreifachreifen, Seitenwände eines Gartenbassins oder
Monsterschwimmreifen - konnte Christian Schidlowsky Krötenteich und Wellengang, Toilettenhäuschen, Türen und Fensteröffnungen bespielen und dem Ganzen das Tempo und die Eleganz eines durchchoreographierten Balletts verleihen. Der große Showdown zwischen Pinguin und Frosch, das Schwimmenlernen Luises ließen sich wunderbar tänzerisch darstellen.
Komplexe Darstellung Und so tobten die fünf Darsteller des Fränkischen Theaters Schloss Maßbach und des Fürther Stadttheaters mit umwerfender Spielfreude in Jutta Reinharts fantasievollen und farbenfrohen Kostümen über die Bühne. Elmar Börger kostete die weinerliche Grantigkeit und ungerechte Dummheit des alten Kröterich genüsslich aus, Georg Stephan stakste wie ein
selbstgefälliger, hinterhältiger Doktor und Frosch über die Bühne, Mirjana Milosavljevic trat als Monument einer bösen Stiefmutter auch für Kinder durchschaubar scheinheilig auf. Tochter Antonia spielte Johanna Seitz als junge, selbstbewusste Erwachsene; ihrem Liebhaber vom Südpol gab Julien Feuillet mit hoher Fistelstimme und exzellenter Körpersprache das bizarre Flair eines ganz Fremden.
Zum Haupt-Sympathieträger wurde natürlich die schlaue Quappi, doch Anne Harten machte sie auch durch ihr intensives Spiel zur Hauptfigur.
Eine dichte intensive Geschichte, die keine Sekunde langweilig oder nur belehrend rüberkommt ist dieser neue "Eingebildet Kranke" für Kinder, dessen Spannung nicht in die Entlarvung der hinterhältigen Zweitfrau mündet, sondern in dem auch die Intrige des mörderischen Froschdoktors noch einmal so packend wurde, dass die
Kinder aufsprangen von ihren Sitzen. Sie waren während der gesamten Vorstellung mucksmäuschenstill bei der Sache und feierten am Ende begeistert die Truppe.
Was den Kindern gefallen hat Ganz von der nördlichen Grenze Bayerns, aus Zeitlofs, waren die Schüler der 2. und 3. Klasse der dortigen Grundschule ins Kurtheater gekommen.
Um 9 Uhr waren sie schon mit dem Bus losgefahren und kamen erst zum Unterrichtsende zurück. In einem richtigen Theater waren sie noch nie vorher und so war das Hochziehen des Eisernen Vorhangs schon eine coole Angelegenheit für sie.
Noch mehr dann die Vorstellung. Felix (3. Klasse) meinte am Schluss: "Mir hat eigentlich alles gefallen. Am besten hat mir gefallen, wo der Kröterich auf der Toilette so laut gepupst hat.
Und am Anfang haben mir die vier Reifen übereinander gefallen, wo nur die Hände rausgeschaut haben." Aileen (1. Klasse) stellte fest: "Es hat mir gut gefallen. Am besten haben mir die Reifen gefallen." Elias (3. Klasse): "Ich find's richtig gut. Am besten war, wo er endlich gewusst hat, dass die Frau böse ist."
Die Autoren Paul Maar, 1937 in Schweinfurt geboren, ist
Kinderbuchautor, Illustrator, Übersetzer, Drehbuch- und Theaterautor. Viele seiner Bücher wurden verfilmt und übersetzt, allen voran die Geschichten vom Sams.
Christian Schidlowsky, 1965 geboren, ist Schauspieler, Theaterwissenschaftler, Theatergründer, Autor und Regisseur (seit 2000 freischaffend). Regelmäßige Zusammenarbeit mit Paul Maar, Guus Ponsiouen und Konstantin Wecker.