Nach 19 Jahren als Zuschauer setzt sich Redakteur Thomas Malz bei der Sachs Franken Classic selbst ans Steuer. Mit ihm stellt sich Redakteur Arkadius Guzy der nicht ganz leichten Aufgabe.
Der Adrenalin-Spiegel steigt. Ein letzter Blick auf die Instrumente: "Benzina" ist reichlich vorhanden, der "Press Olio" passt. Mein Beifahrer, Arkadius Guzy, nickt mir zu. Das ist allerdings nur bedingt beruhigend. Denn er hat genauso so viel Ahnung von dem, was wir hier machen wie ich: gar keine. Dann kann es ja los gehen.
Fahren wie Gott in Franken - 19 Jahre habe ich mir angesehen, wie andere das tun, bei der 20. Auflage der "Sachs Franken Classic" wollte ich mich nun endlich selbst einmal ein wenig göttlich fühlen und meinen Oldie über Rhöner Kuppen und durch fränkische Weinberge steuern.
Seit zwei Jahren bin ich stolzer Besitzer eines Fiat 2300 S Coupé, Baujahr 1966, den die Fachpresse damals als "Ferrari des kleinen Mannes" bezeichnet hat. 136 Pferdestärken leistet der Motor, den der legendäre Carlo (Karl) Abarth ein wenig aufgemotzt hat. "Abarth-Pabst" Leo Aumüller aus Schönbrunn im Steigerwald hat den Wagen eigens für die Sachs noch einmal durchgesehen und unter anderem die Ventile eingestellt. "Er fährt gut", sagte er. Wenn Leo Aumüller das sagt, dann kann eigentlich nichts mehr passieren.
Technisch jedenfalls nicht. Weil menschliches Versagen quasi vorprogrammiert ist, haben wir unsere Ziele nicht allzu hoch angesetzt. Vorletzte wollen wir werden, entsprechend unserem Startplatz. Ein wenig übermütig war ich allerdings bei der Wahl der Kategorie: "Klassisch Sanduhr". Das heißt: Auf elektronische Hilfsmittel wird verzichtet. Nur leider habe ich beinahe auch auf nicht elektronische Hilfsmittel verzichten müssen, weil mein potenzieller Beifahrer - ein erprobter Oldtimerrallye-Fahrer - kurzfristig ausgefallen ist und mit ihm seine Technik. Kollege Arkadius Guzy ist eingesprungen und eine Stoppuhr war auch schnell besorgt. Besser wären eigentlich zwei und ein separater Kilometerzähler. Was nicht ist, ist nicht. Augen zu - und durch.
Aber die Veranstaltungsgemeinschaft der Sachs Franken Classic mit Karlheinz Schott an der Spitze versteht ihr Handwerk. Vor den (Miss)Erfolg haben sie den Prolog gesetzt. Die kleine, 90 Kilometer lange Ausfahrt am Freitag soll einfach dazu dienen, die Rallye kennenzulernen. So haben Fahrer und Beifahrer auch die Gelegenheit sich einzuspielen. Detaillierte Informationen für Neueinsteiger und ein hervorragendes Roadbook senken den Puls. Noch mehr die anderen Teilnehmer. Es herrscht eine locker Stimmung. Die meisten nehmen das Ganze nicht so ernst. Es geht um wunderschöne Autos, grandiose Landschaften und kulinarische Genüsse bei einer perfekten Organisation. Vielen geht es einfach nur um den Spaß - und den sollen auch wir haben.
Über die Schwarzen Berge nach Bad Brückenau und weiter ins Staatsbad: Die Tour ist wunderschön. Wir finden den Weg ohne Probleme, denn schließlich kennen wir und hier aus. Doch dann geht es in fiese Seitenstraßen. Gemein! Verfahren kann man sich schon einmal, das ist nicht so schlimm. Blöd ist es nur, wenn man es auf einer zwei Meter breiten Straße auf drei Kilometer Länge keine Wendemöglichkeit gibt. Diese Wertungsprüfung haben wir vermasselt. Als Vorletzte gestartet, erreichen wir als Letzte das Ziel. Immerhin: Wir haben nur einen Platz eingebüßt. Aber darum geht es ja gar nicht bei einer Oldtimer-Rallye und dann kommt die Überraschung: 165 Fahrzeuge waren im Rennen, wir erreichen Platz 144. Das ist weit mehr, als wir uns hätten träumen lassen. Der sportliche Ehrgeiz ist geweckt.
Um uns gemeinsam ins Roadbook einarbeiten zu können, treffen wir uns am Samstag schon anderthalb Stunden vor dem Start. Mitfahrer helfen gerne, wenn wir eine Wertungsprüfung nicht ganz verstehen. Es läuft wie am Schnürchen, jedenfalls fast. Schnell haben wir unseren Platz vom Vortag zurückerobert und bilden das Schlusslicht des Pulks. Egal. Wir kommen zurecht, bis wir uns in Fulda völlig verfranzen. Mit den Worten: "Wo ward ihr denn?", werden wir liebevoll von den Helfern auf dem Domplatz zur Pause begrüßt. Sie haben uns schon vermisst.