Ohne Maske: Hausverbot trotz rechtmäßigem Attest - ein Betroffener erzählt

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René Martin aus Windheim ist von der Maskenpflicht befreit. Grund dafür ist ein ärztliches Attest. In einem Einzelhandelsgeschäft im Landkreis Bad Kissingen hat er nun wegen des Attests Hausverbot. Foto: Johannes Schlereth
René Martin aus Windheim ist von der Maskenpflicht befreit. Grund dafür ist ein ärztliches Attest. In einem Einzelhandelsgeschäft im Landkreis Bad Kissingen hat er nun wegen des Attests Hausverbot. Foto: Johannes Schlereth

Der Mund-Nase-Schutz ist mittlerweile ein Alltagsbegleiter. Doch nicht alle Menschen können eine Maske tragen. Ausnahmen gibt es - wie etwa für den Windheimer René Martin - aus medizinischen Gründen. Das sorgt nicht überall für Verständnis.

Wenn René Martin einkauft, folgen ihm die Blicke der anderen Menschen. Denn er trägt keine Maske. Nicht erst, seitdem über härtere Strafen für Maskenverweigerer diskutiert wird, ist das problematisch. Allerdings berechtigt den 45-Jährigen dazu ein Attest seines Arztes, welches er stets mit sich führt. Dennoch bekam er Ärger: Der Marktleiter von Netto in Bad Bocklet erteilte ihm Hausverbot. Das ist ein Widerspruch zu den Vorgaben der Regierung. Dort heißt es, dass - sofern medizinisch begründet - das Tragen einer Maske nicht notwendig ist.

Martin kaufte in dem Laden schon während der Pandemie regelmäßig ein. "Es ging die ganze Zeit. Wenn jemand nach meiner Maske gefragt hat, habe ich mein Attest vorgezeigt. Dann war das okay", sagt er. In der vorletzten Augustwoche war plötzlich alles anders. "Ich bin dann von einer Angestellten angesprochen worden, dass der Marktleiter von seinem Hausrecht Gebrauch macht, und man hat mir Hausverbot erteilt." Der 45-Jährige weiter: "Ich war erstmal perplex."

Widerspruch gegen geltendes Recht - keine Reaktion von Netto

Auf dem Heimweg arbeitete es in ihm. Denn: Ein Verweigerer der Hygieneauflagen ist der 45-Jährige aus Windheim nicht. "Ich schaue, dass ich Abstand halte, desinfiziere sowohl meine Hände und den Griff des Einkaufswagens, und wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich ein Produkt kaufe, fasse ich es nur mit Handschuhen an", sagt er. Martin entschloss sich daher dazu, die Zentrale von Netto zu informieren. "Von da kam nur, dass man keine Ausnahmen machen könne. Da ist es dann richtig in mir hochgestiegen."

Der Windheimer wandte sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. "Die Antwort war sehr umfassend und freundlich." Vor allem aber war sie deutlich: Das Vorgehen des Marktleiters verstoße gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Außerdem widerspricht der Hausverweis gegen eine Regierungserklärung aus dem April von Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Aus der Unternehmenskommunikation von Netto heißt es, dass das Unternehmen darauf achte, dass die Kunden den richtigen Abstand zu ihren Mitmenschen halten. Und weiter: "Darüber hinaus versuchen unsere Kolleginnen und Kollegen immer, mit Blick auf die Situation vor Ort individuelle und pragmatische Lösungen zu finden." In Bad Bocklet war - trotz Anfrage der Redaktion - der Filialleiter nicht zu sprechen. Der zuständige Verkaufsleiter war zu einem Gespräch über das Thema nicht bereit.

Probleme mit gefälschten Attesten

"Es ist eine schwierige Sache", meint Martin. "Es gibt ja die Ärzte, die im Internet Blanko-Atteste anbieten. Viele zweifeln deshalb erstmal an meinem Attest. Ich versuche es dann zu erklären, aber die Leute haben da mittlerweile einen Tunnelblick bekommen, und wollen mir gar nicht mehr zuhören." Die Redaktion hatte im Rahmen der Recherche Einsicht in die ärztlichen Befunde. Das Attest besteht zu Recht.

Als "schwierige Angelegenheit" bezeichnet auch Thomas Baumeister, stellvertretender Dienststellenleiter der Bad Kissinger Polizei, die falschen Atteste. "Bei Kontrollen gleichen wir dann zum Beispiel den Arztnamen auf dem Attest, mit den Namen von Ärzten ab, bei denen bekannt ist, dass sie Gefälligkeitsatteste ausstellen." Allerdings: "Im Raum Bad Kissingen ist uns keiner bekannt." Es sei ganz selten der Fall, dass Beamte in Bad Kissingen jemanden mit einem gefälschten Attest erwischen.

Martin ist deswegen sogar kreativ geworden. "Ich habe mir ein Namensschild aus Plastik gebastelt, auf dem steht, dass ich aus medizinischen Gründen von der Pflicht befreit bin und mich bei allen bedanke, die Masken tragen, um uns zu schützen." Aber das Tragen des Schildes fühlt sich für den Windheimer nicht richtig an: "Ich komme mir gestempelt vor." Der 45-Jährige greift deshalb auf eine andere Strategie zurück. "Entweder hilft meine Frau mit den Einkäufen, oder ich gehe in andere Läden." Auch für kleine Geschäfte hat er eine Lösung gefunden. "Bevor ich die Bäckerei betrete, warte ich im Auto, bis der Verkaufsraum leer ist."