Die Opposition hat jede Menge Anträge gestellt, wegen Corona ist allerdings völlig offen, wie alles beraten werden soll. Die Verwaltung steckt in dem Dilemma, dass Reizthemen wie Verkehr oder Bürgerspital viele Besucher anlocken würden.
Auch nach Weihnachten sind etliche Wunschzettel aus dem Stadtrat noch unbearbeitet: Vom sicheren Radverkehr in der Kissinger Straße bis zur Nutzung der ehemaligen Volksschule, vom Klima-Konzept bis zu Forderungen für die Haushaltsberatungen reichen offene Anträge. Der Stadtrat tagt laut Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) frühestens am Montag, 25. Januar, zum ersten Mal in diesem Jahr. Liegt dann die Sieben-Tage-Inzidenz noch über 100, würde statt des Stadtrates nur der Hauptausschuss entscheiden. "Uns treibt in der Verwaltung durchaus um, wie wir die ganzen offenen Themen behandeln können", betont Warmuth auf Nachfrage.
Ein Thema, das bereits seit Jahren ansteht, ist der Verkehr in der Altstadt: "Wir müssen unbedingt mit einem Sicherheitskonzept für Radfahrer weiterkommen, am besten eingebettet in ein großes Verkehrskonzept", fordert unter anderem CBB-Stadtrat Dr. Reinhard Schaupp. Er hat mit seiner Frau Rita Schaupp (SPD) den Antrag zur Kissinger Straße gestellt. Beide zusammen fordern zudem mit Edmund Schaupp (HAB) einen Radweg zwischen Lager Hammelburg und Gauaschach.
CBB-Fraktionssprecher Reimar Glückler verweist auf Nachfrage sogar auf mindestens acht noch offene Anträge seiner Fraktion: Der älteste reicht bis ins Jahr 2016 zurück und fordert eine neue Verkehrsregelung in der Altstadt. Ebenfalls seit Jahren offen ist der Antrag, die Herkunft historischer Straßenbezeichnungen in Hammelburg besser zu erklären: Die Bürger sollten mehr darüber erfahren, woher Namen wie "Ritter-von-Lang-Straße", "Frobeniusstraße" oder "Röll-Platz" kommen. Seit feststeht, dass das ehemalige Kaufhaus zum Bürgerhaus umgebaut wird, fordert der CBB auch ein Nutzungskonzept für die ehemalige Volksschule an der Kirche. Die Fraktion verweist darauf, dass es einen Investor gibt, der dort barrierefreie Wohnungen schaffen würde. Die alte Volksschule taucht auch in einem Antrag des CBB von Ende September zu den Haushaltsberatungen auf. Weitere Themen sind eine neue Straße zu Schloss Saaleck, Ortsdurchfahrt und Hochwasserschutz für Diebach, Ausbau der Brücke Ofenthaler Weg und des Sanitärgebäudes Bleichrasen sowie das frühere Kupsch-Gelände.
Beratungsbedarf sieht auch Bürgermeister Warmuth, schränkt aber ein: "Wir müssen Prioritäten setzen, weil wir in diesen Zeiten auch viele andere Fragen zu erledigen haben." Warmuth sicherte zu, dass alle offiziellen Anträge innerhalb einer Frist von drei Monaten zumindest auf der Tagesordnung stehen. Ob und wie sie dann behandelt werden könnten, sei aber noch offen.
Klimaschutz-Konzept verschoben
Die meisten Themen seien ihm auch selbst wichtig: So hätten zum Beispiel alle Gruppierungen in ihren Wahl-Programmen Klimaschutz-Konzepte gefordert. Deswegen müsse sich der Stadtrat damit in den kommenden Monaten beschäftigen. Auch der Verkehr in der Innenstadt treibe viele Bürger um. "Ich würde gerne die Auswertung der Signalgeräte vorstellen", betont Warmuth. Das Dilemma: Wenn das Thema Verkehrskonzept auf der Tagesordnung stand, waren die Besucherreihen bisher stets gut gefüllt. Unter anderem befasst sich eine Bürgerinitiative seit Jahren mit dem Thema.
Für Stadtrat und Arzt Reinhard Schaupp darf die Corona-Pandemie nicht als Entschuldigung dafür herhalten, dass Themen nicht behandelt werden: "Die Reduzierung von Kontakten ist wichtig, darf aber nicht den demokratischen Willensbildungsprozess außer Kraft setzen." Es sei eine schwierige Abwägung, gesteht auch Schaupp der Verwaltung zu. Allerdings müssten dann halt wichtige Themen gut verteilt werden. Zum Verkehrskonzept fordert er konkret eine eigene Sitzung, bei der aus seiner Sicht dann die Zahl der Besucher begrenzt werden sollte: "Notfalls müssen Leute abgewiesen werden."
Laut Landratsamt sollen Sitzungen kommunaler Gremien "mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen auf unverzichtbare, unaufschiebbare Entscheidungen beschränkt werden". Um den Infektionsschutz zu gewährleisten, müssen Vorsichtsmaßnahmen wie größere Räume und Mindestabstand eingehalten werden. Der Hammelburger Stadtrat tagt deshalb im Speisesaal der Bayerischen Musikakademie. Das Innenministerium hat auch zugelassen, dass Stadt- und Gemeinderäte Entscheidungsbefugnisse auf Ausschüsse übertragen.
Unabhängig von der Dauer der Sitzungen ist laut Landratsamt auch die Öffentlichkeit gewährleistet: Das Innenministerium habe festgelegt, dass nicht nur Kommunalpolitiker und Mitarbeiter der Verwaltung, sondern auch die Zuhörer einen "triftigen Grund" im Sinne des Infektionsschutzes zum Umgehen der verordneten nächtlichen Ausgangssperre haben.
Vorerst nicht beraten werde im Stadtrat auch das Thema Bürgerspital: Die Stadt rechnet frühestens Mitte Februar mit einer schriftlichen Begründung des Urteils vom Verwaltungsgericht Würzburg. Laut Bürgermeister könne der Stadtrat erst danach die weitere Vorgehensweise beschließen. Warmuth hat bereits alle Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter direkt angeschrieben und über das Urteil informiert. "Der Stadtrat ist bemüht, das Haus zukunftsfähig umzugestalten", versichert Warmuth, sich für den Bestand des Hauses einzusetzen.