Skelett unter dem Viehmarkt in Hammelburg entdeckt

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Romy Dworazik legt die Plastiktüten für den Versand der Knochen bereit.Foto: Winfried Ehling
Romy Dworazik legt die Plastiktüten für den Versand der Knochen bereit.Foto: Winfried Ehling
Die Zähne sind auffallend gut erhalten.Foto: Winfried Ehling
Die Zähne sind auffallend gut erhalten.Foto: Winfried Ehling
 

Die Spekulationen über mögliche Grabstellen am Standort der früheren Marienkapelle bewahrheiten sich: Bei der archäologischen Grabung tauchen menschliche Überreste auf.

Die Nachricht hat sich schnell verbreitet und viele Zaungäste an den Viehmarkt gelockt: Bei der Ausgrabung der alten Marienkirche ist ein Skelett zum Vorschein gekommen.

Romy Dworazik und Christina Günther entdeckten das Grab bei ihrer Arbeit. Die beiden Archäologinnen legen seit vergangener Woche die Fundamente der Kirche frei, die einst auf dem Viehmarkt stand, um die Lage des Gotteshauses zu dokumentieren. Dabei fiel ihnen am Mittwoch auf, dass die Erde an einer Stelle anders aussah als auf dem Rest der Fläche, wie Dworazik erklärte. Für die Archäologinnen ein Hinweis auf eine mögliche Grabfüllung. Sie hoben die Stelle tiefer aus.

Und tatsächlich stießen sie auf menschliche Knochen. Ein vollständiges Skelett tauchte auf. "Es handelt sich höchstwahrscheinlich um einen Mann", sagte Grabungsleiterin Dworazik. Das Geschlecht lässt sich bei Skeletten an den Beckenknochen feststellen, die bei Männern schmaler sind als bei Frauen, und am Kiefer, der bei Männern eine kräftigere Form hat.

Knochen gehen nach München

Der Verstorbene war knapp 1,60 Meter groß. Er wurde der Lage der Fundamente nach vor dem Altar beigesetzt. Das muss vor mehreren Jahrhunderten passiert sein, da die Kirche im Laufe des 17. Jahrhunderts, sicher aber ab dem 18. Jahrhundert, nicht mehr benutzt wurde. Das Gebäude wurde dem Verfall überlassen. Die letzten Mauerreste trugen die Hammelburger nach dem Stadtbrand von 1854 ab.

Mit feinen Stuckateurspachteln und Pinseln legten die beiden Archäologinnen die Knochen komplett frei, um sie danach in Plastiktüten zu verpacken. So gehen die Überreste an die Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie in München. Die anthropologische Abteilung der staatlichen Einrichtung ist für menschliche Knochenfunde zuständig.

War der Tote ein Pfarrer?

Wer der Tote war, ist schwer zu sagen. Vielleicht war es ein Pfarrer, lautete eine Vermutung der Grabungsleiterin. Denn Beigaben, die das Skelett näher identifizieren könnten, fanden sich bei dem Skelett nicht - nur "minimale textile Reste".

Es sind bisher auch keine Quellen bekannt, die ein Grab oder eine Beisetzung in der Marienkirche erwähnen würden. Das Archiv weist jedoch Lücken auf, wie Elfriede Böck vom Amt für Tourismus und Kultur auf Nachfrage erinnerte: Der Brand von 1854 zerstörte viele Dokumente. Böck zufolge muss es sich bei dem Beigesetzten zumindest um einen Hammelburger Bürger handeln, da die Marienkapelle eine von der Bürgerschaft erbaute "Bürgerkirche" war.

Vielleicht bleibt der Tote für immer ein Rätsel. Oder eine Zufallsentdeckung in irgendeinem Archiv klärt irgendwann dessen Identität. Aber auch so ist der Fund für Hammelburger Geschichtsfans eine Sensation. "Ich freue mich wahnsinnig darüber", meinte Böck.