Schwieriges Weinjahr

2 Min
Gesunde Beeren zu ernten war in diesem Jahr gar nicht so leicht.Foto: Archiv/Arkadius Guzy.
Gesunde Beeren zu ernten war in diesem Jahr gar nicht so leicht.Foto: Archiv/Arkadius Guzy.

Die Lese in den Anbauorten im Saaletal ist beendet. Die Winzer sind froh, dass der Ertrag nun in den Kellern ist.

Die vergangenen Tage waren für die Saaletal-Winzer sehr stressig. "Die letzten drei Wochen waren eine extreme Zeit. Dieses Jahr hat uns so gefordert wie sonst selten eins", sagt Lorenz Neder. Das Wetter setzten ihn und seine Winzerkollegen unter Druck.

In den entscheidenden Wochen, wenn die Beeren reifen und Zucker einlagern, regnete es schlicht zu viel. Damit begann für die Winzer das Wettrennen gegen die Fäulnis. "Es hat Nerven gekostet, den optimalen Zeitpunkt für die Ernte zu finden", erklärt Florian Müller. Jeder Winzer musste für sich entscheiden, wie lange er die Trauben hängen lassen wollte - wohl wissend, dass mit zunehmender Zeit die Qualität steigt, zugleich aber die Gesundheit der Beeren aufs Spiel gesetzt wird. Die Winzer mussten pokern, wie es Müller formuliert.

Unter diesen Bedingungen gestaltete sich die Lese aufwendiger als sonst. Neder spricht von einem Drittel mehr an Arbeitszeit. "Jede Traube musste im Prinzip begutachtet werden", erklärt Gerald Baldauf. Die schlechten, von der unerwünschten Fäulnis befallenen Beeren mussten akkurat aussortiert werden. Die Helfer seien eigens eingewiesen worden.

Beim Ertrag müssen die Winzer nicht nur deswegen Einbußen hinnehmen. Schuld ist vor allem der Frost im Frühjahr. Die Schäden fallen je nach Lage und Sorte unterschiedlich aus. So habe in Hammelburg zum Beispiel der Schlossberg diesmal mehr Frost abgekriegt, berichtet Ulrike Lange. Sie beziffert den Verlust auf bis zu 40 Prozent. Laut Stefan Ruppert war auch der Gommersberg sehr betroffen. Bei den Lagen Richtung Seeshof seien dagegen wenig Frostschäden sichtbar gewesen.
Gelitten haben insbesondere die frühen Sorten. Von bis zu 70 Prozent Ertragsausfall spricht Baldauf. Er macht einen eindeutigen Verlieren aus: den Bacchus. Der Silvaner zählt für ihn dank des späteren Austriebs dagegen zu den "Gewinnern des gesamten Jahrgangs".

Zu den Verlusten durch Frost und Fäulnis kommen viele Fraßschäden. Ruppert hat sehr viele Mäuse ausgemacht. Andere Winzer erzählen ebenfalls, dass Wildtiere und Insekten sich vermehrt in den Weinbergen bedienten, weil die Streuobstwiesen aufgrund des Frosts wenig Obst trugen. Die Fraßspuren an den Beeren begünstigten wiederum die Fäulnis.

Trotzdem oder gerade deswegen sind die befragten Winzer mit dem, was sie geerntet und jetzt im Keller haben, zufrieden - es hätte schlimmer kommen können. Jammern gehört nicht zum Selbstverständnis. Und offenbar stimmt die Qualität. Auch wenn der regenreiche Spätsommer nicht gerade geneigt war, die Öchslegrade in Rekordhöhen schnellen zu lassen, sind alle Qualitätsabstufungen dabei. Die unteren Stufen haben zwar den Hauptanteil, aber die Kunden fragen heutzutage sowieso mehr diese leichteren, weniger alkohollastigen Weine nach.

Der Regen hatte aber auch eine gute Seite: In diesem Jahr mussten sich die Winzer im Gegensatz zum vergangenen Jahr und vor allem im Gegensatz zu 2015 keine Sorgen um die Jungpflanzen machen. Die Feuchtigkeit begünstigte das Wachstum sehr. Müller berichtet von einer Jungpflanzung, die keinen Unterschied zu den daneben stehenden, fünf Jahre alten Reben zeige.

Keiner der Winzer dramatisiert das Weinjahr. Die Arbeit mit der Natur gehöre eben dazu. Dennoch stellen sich Baldauf grundsätzliche Fragen. Falls der Klimawandel jedes Jahr aufs Neue solche Herausforderungen bringe, müsse sich der Weinbau verändern. Dazu gehört für Baldauf die Frage, ob der Bacchus in Zukunft überhaupt eine Daseinsberechtigung hat, und Offenheit für Anbaumethoden aus anderen schwierigen Gegenden, zum Beispiel ein späterer Rebschnitt.