Denn Hammelburg verliert nun auch den einzigen in der Innenstadt verbliebenen Fleischerei-Betrieb.
Einst gab es in der Innenstadt sechs Metzgereien. Am Marktplatz, am Viehmarkt, in der Dalbergstraße und in der Bahnhofstraße konnten Kunden Fleisch und Wurst kaufen. Zuletzt blieb nur noch die Metzgerei Köhler übrig. Doch auch für sie steht das Ende fest.
Zum 31. Januar hört Hermann Köhler auf, wie er bestätigt. Im Gespräch nennt er eine Gemengelage von Gründen. So gebe es ständig neue Vorschriften und Auflagen. Jetzt, mit 63, wolle er keine weiteren Anpassungen mehr machen. Und keine seiner Töchter wolle den Betrieb weiterführen.
Außerdem erwähnt Köhler, dass der Umsatz nicht mehr auf dem Niveau der Zeit vor dem Viehmarkt-Umbau liegt. Auf die Baumaßnahme ist seine Frau Imelda immer noch gar nicht gut zu sprechen.
Die Metzgerei Köhler gehört zu den Traditionsbetrieben in der Stadt. Die Geschichte reicht bis 1909 zurück.
Wie Hermann Köhler erzählt, suchte sein Großvater, Phillip Köhler, der aus Külsheim stammt und in Frankfurt arbeitete, eine freie Metzgerei. Von einem Gewürzhändler hörte er von einem zum Verkauf stehenden Anwesen in der Hammelburger Altstadt. Noch im selben Jahr eröffnete der Großvater dort seine Metzgerei.
Ab 1967 führte Josef Köhler sie weiter. Sein Sohn, Hermann Köhler, lernte im Familienbetrieb und setzte die Tradition fort, als er 1984 die Verantwortung übernahm. Jeden Tag werde in der Wurstküche gearbeitet, jeden Tag stehe eine bestimmte Aufgabe an, zum Beispiel das Ausbeinen. Köhler sagt: "Jede Woche hat den gleichen Rhythmus." Neben der Fleischerei gehört seit 1992 ein Imbiss zum Geschäft.
Auch er wird aufgegeben, erklärt Hermann Köhler. Der Betrieb schließt komplett.
Er wird also nicht dem Beispiel der Metzgerei Schmitt folgen, die nach der Aufgabe ihres Ladens in der Dalbergstraße sich ganz aufs Catering verlegt hat und mit diesem Geschäftsfeld weitermacht.
Die bevorstehende Schließung machte in Hammelburg schnell die Runde. In Alltagsgesprächen beschäftigt sie immer noch viele Leute. Die bedauern die Entscheidung. Noch mehr überwiegt aber allgemein Unverständnis darüber, dass es die Fleischerei bald nicht mehr gibt.
Sie ist schließlich ein wichtiger Frequenzbringer, lockt Kundschaft in die Innenstadt. Kein Wunder, dass die Betriebsaufgabe kürzlich auch Thema beim Verein für Wirtschaft und Stadtmarketing (VWS) war, wie Vorsitzender Sebastian Hose auf Nachfrage erklärt. Denn sie reiht sich in die Folge weiterer Ladenschließungen der jüngsten Zeit ein.
Bereits im Sommer machte Gabriele Schäfer ihr Spielzeuggeschäft in der Kissinger Straße zu - auch wenn sie es am Mantelsonntag und zum Altstadtadvent noch einmal für die Kunden öffnen möchte. Ende September schloss dann der Schreibwaren- und Buchladen am Marktplatz.Jede der Schließungen habe sicherlich ihre eigenen Gründe, meint Hose.
Jedoch sei gerade bei Büchern und Spielsachen der Wettbewerbsdruck durch das Internet groß. Dass der Online-Handel dem Einzelhandel zuschaffen macht, sei ein Trend, mit dem alle Kleinstädte zu kämpfen hätten. "Man muss versuchen, das anders aufzufangen", sagt Hose.
So will der VWS den Hammelburger Einzelhandel - dem Vorbild anderer Städte folgend - mit dem Projekt Qualitätsroute profilieren: Mehrere Ladeninhaber haben sich bereits zu einer Gruppe zusammengefunden, um gemeinsam zu werben und Verkaufs- und Angebotsaktionen zu organisieren.
Diese Zusammenarbeit muss aber noch vertieft und zum Beispiel auf Ladengestaltung und Öffnungszeiten ausgedehnt werden.
Auf das Erscheinungsbild der Innenstadt wird jetzt erst einmal einwirken, wie schnell und welche Nachnutzungen sich für die freien Geschäftsräume finden. Dem Vernehmen nach will zum Beispiel der Eigentümer das Haus, in dem der Schreibwarenladen eingemietet war, komplett verkaufen. Hermann Köhler würde seine Ladenräume verpachten - an einen Metzger.