Kleines Heimattreffen an der Saale

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Symbol der Verbundenheit: Ein großes Foto der Kirche St. Peter und Paul der Pfarrei Stritschitz steht in der Diebacher Kirche. Foto: Silberbach
Symbol der Verbundenheit: Ein großes Foto der Kirche St. Peter und Paul der Pfarrei Stritschitz steht in der Diebacher Kirche.  Foto: Silberbach

Die Vertriebenen der "Stritschitzer Sprachinsel" luden nach Diebach zu einem Gedenkgottesdienst und einem "Kleinen Heimattreffen" ein.

Die Vertriebenen der "Stritschitzer Sprachinsel" luden nach Diebach zu einem Gedenkgottesdienst und einem "Kleinen Heimattreffen" ein. Denn vor 70 Jahren fand der erste organisierte Abtransport von 227 Deutschen statt, der am 27. Januar 1946 im Gasthaus Remling endete.
Den Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Georg hielt Pfarrer i. R. Josef Zwickl, Jahrgang 1938. Er selbst wurde auch mit seiner Familie aus Ungarn vertrieben und landete im April 1946 in Diebach. "All das Harte haben wir aus der Kraft unseres christlichen Glaubens überwunden", predigt Pfarrer Zwickl und erinnert sich, dass sie als Buben kurz nach ihrer Ankunft die Diebacher Kirche entdeckten.
Sein erstes Gefühl der Geborgenheit in der Fremde war der von der Sonne beleuchtete Innenraum des Gotteshauses. Schnell fanden die Vertriebenen damals Arbeit, halfen mit in der Landwirtschaft und waren das Öl im Getriebe des folgenden "deutschen Wirtschaftswunders".
Nach dem Gottesdienst erzählt Professor i.R. Dr. Friedrich Blahusch aus Künzell, wie er als Bub vom Bahnhof mit seinem Gepäckbündel zur Gaststätte Remling gelaufen ist. Eine lange ungewisse Fahrt endete aus den zehn Orten der Sprachinsel in Südböhmen zwischen Budweis und Prachatitz. Hier herrschte eine "tief verwurzelte katholisch geprägte Frömmigkeit", die sich im bäuerlichen Brauchtum wie Osterreiten, Hochzeitsbräuche und dem Christkindlspiel in Mundart ausdrückte.
Blahusch berichtet, dass auch heute Fahrten in die alte Heimat organisiert werden und Begegnungen mit der dortigen Bevölkerung der Sprachinsel stattfinden. Verlegt wird seit Kurzem das geschichtliche Heimatbuch "Die Stritschitzer Sprachinsel in Südböhmen", das auch in tschechischen Bibliotheken ausliegt. Die Renovierung der Stritschitzer Kirche in Kooperation mit dem Kloster Hohenfurth und dem tschechischen Pfarrkirche-Förderverein geht voran. Gemeinsam wurde eine Kirchenbroschüre auf Deutsch und Tschechisch erstellt.
Hammelburgs Bürgermeister Armin Warmuth erinnert sich in seinem Grußwort an die Geschichte seiner Familie, die auch heimatvertrieben war. Er bat um Hilfe und Dialog mit den jetzigen Flüchtlingen, "auch wenn sie aus einem anderen Kulturkreis kommen".
Alfred Kipplinger, Bezirksobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft, rief den feierlichen Verzicht auf "Rache und Vergeltung" im August 1950 in Cannstatt ins Gedächtnis. Er bemängelte das Interesse der Medien an den Sudetendeutschen im Vergleich zur Berichterstattung mit der heutigen Flüchtlingssituation.
In einem informativen Flyer haben Margarete Knof und Michael Rotschedl (der den Gottesdienst an der Orgel umrahmte) die geschichtlichen Eckdaten der "Stritschitzer Sprachinsel", die aus zehn Ortschaften bestand, aufgearbeitet.
Neben dem Altar der Diebacher Kirche ist ein Symbol der Verbundenheit aufgebaut: Ein großes Foto der Kirche St. Peter und Paul der Pfarrei Stritschitz, die bereits König Wenzel II. in der Schenkungsurkunde erwähnt. Auch eine Gedenkkerze brennt.