Was diesen Weinberg in Ramsthal besonders macht

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Einzigartig in Ramsthal und der ganzen Region: Die Hänge sind quer, zwischen den Weinreben sind Pflanzen. So unterstützt dieser Anbau die Biodiversität.
Einzigartig in Ramsthal und der ganzen Region: Die Hänge sind quer, zwischen den Weinreben sind Pflanzen. So unterstützt dieser Anbau die Biodiversität.
Ellen Mützel
Walter Neder, Jürgen Eisentraut (Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Unterfranken), Anja und Lorenz Neder sowie Beate Wende stehen auf einem der Querhänge zwischen Weinreben und Pflanzen.
Walter Neder, Jürgen Eisentraut (Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Unterfranken), Anja und Lorenz Neder sowie Beate Wende stehen auf einem der Querhänge zwischen Weinreben und Pflanzen.
 
Schöne Aussicht.
Schöne Aussicht.
Bernhard Schneider
Walter Neder und Jürgen Eisentraut in den Reben.
Walter Neder und Jürgen Eisentraut in den Reben.
 

1200 Arbeitsstunden und einen sechsstelligen Betrag hat die Familie Neder investiert, um quere Terrassen in den Hang einzuarbeiten und Blumen anzusäen. Warum sie das gemacht haben.

Wer oberhalb des Weges "Zum Altenberg" in Ramsthal läuft, dem wird ein Hang besonders auffallen: Zum einen sind die Reben nicht senkrecht nach unten, sondern waagrecht terrassiert. Außerdem sind diese Hänge kunterbunt. Und es ist laut: von Grillen bis Bienen, alles ist am Zirpen und Summen. Auch Eidechsen rennen über den Boden. Ein Stück Italien. Was verbirgt sich dahinter?

Der Hang gehört zum Weingut Neder, das Ziel: Biodiversität erhalten, aber auch fit für den Klimawandel werden. Lorenz und Walter Neder wussten, irgendetwas wollen und müssen sie ändern. "Lorenz hat gefragt, wie es denn mit Terrassen aussähe", erzählt Vater Walter. "Und ich hatte einen Bekannten in Beilstein, der hat schon mehrere. Dann sind wir da hingefahren und haben uns das mal angeschaut."

Regionales Saatgut für die Hänge

In einem Online-Seminar stießen sie dann noch auf Dr. Beate Wende, die als Wildlebensraumberaterin bei der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim arbeitet. Zu den Querterrassen kam die Überlegung zur Aussaat von regionalen Gräsern, Kräutern und Blumen.

Im vergangenen Jahr hatten die beiden einen Teil ihrer Rebfläche umgegraben. Sohn Lorenz erklärt: "Wir haben hier den halben Hektar 2014 aus der Produktion genommen, er war nicht mehr wirtschaftlich." Diesen Teil und eine Fläche weiter hinten hatten sie 2021 verbunden: "Die Fläche zwischendrin, da haben wir was getauscht und was gekauft. Der Kollege wollte nicht mal wirklich was dafür, er war froh, dass er das steile Stück loshatte", erinnert er sich.

Reben am Weinberg haben doppelt so viel Platz

Die Reben haben sie weiter auseinander gepflanzt: Statt zwei Metern haben sie vier Meter Abstand. "Das ist so ein Knackpunkt, weil die Hälfte der Fläche für die Produktion vergeudet ist. Aber es ist jetzt Böschungsfläche, und damit gibt man eben der Natur wieder etwas zurück." Außerdem hatten sie gemerkt, dass mehr Abstand auch eine gute Reaktion auf die Dürre sei.

Dann haben sie mit einer Spritzmethode eine regionale Saatgutmischung auf die Hänge gebracht. Nun besteht der Boden aus Gräsern, Kräutern und Leguminosen (Hülsenfrüchtler), abgestimmt auf den Boden der Region. Er zieht Insekten aller Art an und tut dem Wein etwas Gutes, weil weniger gedüngt werden muss.

Gelungenes Projekt für mehr Artenvielfalt

"Ein gelungenes Projekt für mehr Artenvielfalt im Freistaat Bayern", findet Jürgen Eisentraut, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken. Er hatte sich in der vergangenen Woche, anlässlich der bayerischen Woche der Biodiversität vom 16. bis 22. Mai den Hang angesehen und die Winzer über ihre Erfahrungen ausgefragt.

1200 Stunden eschäftigt

Lorenz erzählt: "Es war schon alles sehr aufwendig. Es ging los mit den Planierarbeiten, das war in drei Tagen erledigt. In Summe haben wir im vergangenen Jahr für die Anpflanzung allein 800 Stunden gebraucht, alles in allem waren wir 1200 Stunden beschäftigt, dass jetzt alles so dasteht."

Die knapp über 5000 Weinpflanzen mussten sie händisch anpflanzen. Eigentlich mache man das mit der Maschine in einem halben Tag. "Ob das irgendwann mal wirtschaftlich ist, das wissen wir nicht."

Gut für Klimawandel und Biodiversität

"Es kann gut sein, dass das sich im Zuge des Klimawandels doch lohnt", schob Wildlebensraumberaterin Beate Wende ein. "Wegen der Beschattung und anderer Sonneneinstrahlung. Und wenn es mal regnet, bleibt die Feuchtigkeit im Boden", sagt sie.

Damit das Ökosystem Weinberg gut funktioniert, darf es nicht zu einheitlich sein. Sie weiß: "Die steilen Böschungen von Querzeile zu Querzeile haben ein großes Potenzial für den Naturschutz und die Biodiversität, da sie nicht mehr direkt bewirtschaftet werden."

Gefährdete Eidechse findet Lebensraum

In den zur Sonne zeigenden Hängen fühle sich die an trocken-heiße Bedingungen angepasste Flora und Fauna wohl. Ein Beispiel hierfür sei die Rotflügelige Ödlandschrecke, sie ist vom Aussterben bedroht. Die Dauerbegrünung festigt den Boden und zusammen mit der Querterrassierung wappnet sie den Weinberg für die kommende Art des Regens (viel auf einmal oder gar nichts). Konkret: Die Niederschläge rauschen nicht ungebremst davon.

Förderung durch FlurNatur und die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

Dass die Neders weniger Pflanzen anbauen als auf einem normalen Feld, dafür gibt es keine Förderung. Sie sind sogar aus der für Hänge in Steillagen herausgefallen.

Die Herrichtung wurde jedoch unterstützt: Die Querterrassen zu schieben, hat die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) bezuschusst. Die ebenfalls teure Begrünung war über das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken mit dem Förderprogramm "FlurNatur" möglich.

Es fördert diejenigen, die Hecken, Streuobstwiesen, Trocken- und Feuchtbiotope planen und anlegen wollen. Bis zu 85 Prozent sind förderfähig. "Ohne die Förderung hätten wir es mit der Hand ausgesät", sagt Lorenz. Würden sie es wieder machen? "Auf jeden Fall", finden beide.