Brücken statt Mauern bauen

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Fotos der Alten Saalebrücke fanden bei den heimischen Besuchern besonderes Interesse. Foto: Winfried Ehling
Fotos der Alten Saalebrücke fanden bei den heimischen Besuchern besonderes Interesse. Foto: Winfried Ehling
Die mehr als 800 Jahre alte Steinbrücke erlebte 1955 ihre letzten Tage. Repro: Winfried Ehling
Die mehr als 800 Jahre alte Steinbrücke erlebte 1955 ihre letzten Tage. Repro: Winfried Ehling
 
Dr. Jochen Ramminger und Bürgermeister Armin Warmuth (von rechts) eröffneten die Sonderausstellung "Über Brücken" im Stadtmuseum. Foto: Winfried Ehling
Dr. Jochen Ramminger und Bürgermeister Armin Warmuth (von rechts) eröffneten die Sonderausstellung "Über Brücken" im Stadtmuseum. Foto: Winfried Ehling
 
Die Hammelburger Saalebrücke in den 30er Jahren des verflossenen Jahrhunderts. Repro: Winfried Ehling
Die Hammelburger Saalebrücke in den 30er Jahren des verflossenen Jahrhunderts. Repro: Winfried Ehling
 
Museumsleiterin Elfriede Böck kredenzte zur Vernissage den Hammelburger "Brückenwein". Foto: Winfried Ehling
Museumsleiterin Elfriede Böck kredenzte zur Vernissage den Hammelburger "Brückenwein".   Foto: Winfried Ehling
 

In der Herrenmühle werden in einer Wanderausstellung "100 Wege über den Main" gezeigt. Allein in und um Hammelburg gibt es 37 Brücken über die Saale.

Mit der Sonderausstellung "100 Wege über den Main", wartet das Stadtmuseum "Herrenmühle" in den nächsten Wochen auf. Die älteste Weinstadt Frankens liegt zwar nicht am Main, doch an der Saale, die mit ihrer Mündung eine unmittelbare Verbindung zum Main besitzt. Zudem war es Wunsch des Initiators - der Bezirk Unterfranken - die Wanderausstellung auch in der Region zu platzieren.
Das kam der Herrenmühle, die bestrebt ist, wechselnde Ausstellungen in ihren Mauern zu zeigen, gerade recht, wie Bürgermeister Armin Warmuth in seinem Grußwort anmerkte. "Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenige Brücken obwohl letztere sie immer faszinierten", zitierte er. "Brücken tragen in vielerlei Hinsicht zur Begegnung bei. Auch wir Menschen sind aufgerufen, Brücken im Kopf zu bauen", fügte er hinzu.
Insgesamt 37 Brücken in Hammelburg und Nachbarschaft zählend, dankte Warmuth der Kulturstiftung des Bezirks für die interessante Schau. "Brücken laden auch zum Genießen ein", vermutete er und lud auf einen Schoppen ein, einen "Stadtwein", der plötzlich zum "Brückenwein" wurde.
Dr. Jochen Ramming von der Agentur FranKonzept hob die Symbolik der Brücken heraus. So habe beispielsweise die Expressionisten-Malergruppe "Die Brücke" den Namen gewählt, weil Brücken von einem zum anderen Ufer führen. Das Symbol Brücke stand für Offenheit und Begegnung, habe aber in jüngerer Zeit eher eine wirtschaftlich-praktische Bedeutung gewonnen.
Noch im 18. Jahrhundert führten nur wenige Brücken über den Main erläuterte er, Fähren und Furte bildeten häufig die Übergänge. Brücken-Überquerungen kamen in der Vergangenheit oft der Status als sozialer Ort und Prestigeobjekt zu. Die Bedeutung der Bauwerke in der Gegenwart ist der Industrialisierung und dem Verkehr geschuldet. Sie werden meist als Transiträume wahrgenommen. Die Zerstörung der manchmal kühnen Konstruktionen trägt nach Meinung Rammings ebenfalls eine Symbolik in sich, nämlich die der Trennung und Abschottung und letztlich auch den Übergang vom Leben zum Tod.
Nach Recherche von Museumsleiterin Elfriede Böck erhielt Hammelburg bereits im Jahr 1121 eine steinerne Saalebrücke, die - von vier Pfeilern getragen - jahrhundertelang dem Hochwasser und dem Eisgang trotzte. Drei Figuren schmückten das historische Bauwerk, die Madonna Portans, der heilige Nepomuk und ein Sandsteinkruzifix. Im April 1945 sprengte ein deutsches Kommando den Mittelteil der Saalebrücke in dem sinnlosen Versuch, die amerikanischen Streitkräfte aufzuhalten. Das zerstörte Mittelstück wurde durch eine Holzkonstruktion ersetzt. Doch wenige Jahre später musste die mittelalterliche Brücke - einst wichtige Nord-Süd-Verbindung zwischen Würzburg und Fulda - einem Neubau weichen.
Die neue Saalebrücke, erbaut aus Stahlbeton, bot dem wachsenden Verkehrsaufkommen bei einer Länge von 163 Metern und 7,5 Metern Fahrbahnbreite mehr Sicherheit und Kapazität. Von den Figuren blieb nur die Madonna übrig. Im Jahr 2012 entschieden die zuständigen Behörden ob festgestellter, erheblicher Mängel und aus wirtschaftlichen Gründen für einen weiteren Neubau.
Unter acht Standortvarianten entschied sich der Stadtrat für eine Verlegung etwa vier Meter nördlich des Vorgängerbaus. Diese Brücke wurde 2017 fertiggestellt, ein neuer Fuß- und Radweg verbessert die Verkehrssicherheit. Die Vorgängerbrücke blieb während der Bauzeit zunächst noch erhalten. Danach diente sie der Technischen Universität München als Studienobjekt für einen weltweit einzigartigen, realen Belastungstest. Dieser Test lieferte der Forschung wertvolle und neue Erkenntnisse mit dem Ergebnis, dass die meisten Stahlbetonbrücken wesentlich mehr aushalten als bisher angenommen.