Die Landjugend Detter und der Altkirmesverein haben ihre Plo-Kirmes gefeiert. Seit Jahren schon bereiten die beiden Vereine das Kirchweihfest gemeinsam vor. Zum ersten Mal ganz vorne dabei war Tim Kessler. Er hielt den Kirmesspruch.
Der Baum wurde traditionsgemäß erst am Samstag geschlagen, schon im Juli dagegen waren das Geschirrmobil, das Zelt und die Getränke bestellt worden. Seit August übten die Paare ihre Tänze ein - und vor vier Wochen begannen Tim Kessler, Gudrun Alexander und Sabine Heinle, den Kirmesspruch zu dichten. Aber eigentlich ist nach der Kirmes vor der Kirmes. Die vergangenen 365 Tage hatte Tim Kessler seine Augen und vor allem seine Ohren überall. Was immer einem Dorfbewohner passierte, wer auch immer "vom Wech is abgekomme" und wer mal zu tief ins Glas geschaut hatte, Tim Kessler sammelte und sortierte alle Anekdoten.
Jetzt hieß es "laut reden und die Pointen entsprechend betonen", sagt der 27-jährige Informationstechniker. Nervös sei er nicht gewesen, "ich kenn ja die Leut." Ob ein Tanz auf einer Bar und der Fall von dieser, oder der "bersönliche Airbag" als Lebensretter, "die Leut" wussten sofort, was und wer gemeint war - auch ohne Namensnennung.
"Die Drasse vo de Gasleidung, doo ist bekannt, für Quadfahrer ganz besondesch indressant." Allein schon dieser Satz ließ das Festzelt in lautem Gelächter und tosendem Applaus ertönen. "Känn Obhang ze dief, känn Hüchel ze steil" und nach "Dodaal-Schoode" holte sich der Verkehrsteilnehmer einfach ein neues Fahrzeug, aber: "Mimm näste Quad isser gleich aufgefalle, scho het en die Bolizei ohgehalle." Jubelnd quittierte es die Menge, dass Tim Kessler sich dabei selbst auf die Schippe nahm.
Auch die Gesetzesvertreter bekamen in einer Kurzmitteilung ihr Fett ab. Bei einer Verkehrskontrolle hatten diese vergessen, einem Autofahrer Führer- und Fahrzeugschein wieder zurückzugeben.
Autoschlüssel waren im Urlaub nach der Wäsche ihrer Funktionsfähigkeit beraubt, und die Folgen schilderte Tim Kessler so: "Dausend Kilomeder vo dehämm musste se sich de Ersatzschlüssel läss bring."
Aber auch ohne fahrbaren Untersatz war in Detter einiges passiert. Der Versuch, Nachbars Tomaten zu kosten, schlug fehl: "Die Bohle gitt nooch, on se rötscht zwische nei, elää kannt se sich do nemme befrei." Weil eine Hundehalterin beim Spaziergang kein Stöckchen für den Hund zur Hand hatte, nahm sie kurzerhand einen ihrer Schuhe und warf ihn fort. Nicht nur verweigerte der Hund, diesen zu apportieren, außerdem war der Schuh "ungünstich aufgekomme, hat ner Maus das Leben genomme".
Die Detterer waren begeistert - so mancher konnte sich oder seinen Nachbarn im Kirmesspruch wiedererkennen. Übel nehmen wird es Tim Kessler keiner - "die nehmen's lustig auf, es ist ja auch lustig gemeint", sagte der 27-Jährige, der von seinem Vorgänger Maximilian Wilm ein "Sehr gut" für sein Kirmesspruch-Debüt erhielt. "Sogar der Kranz hängt gerade", stellte Maximilian Wilm über den Plo-Baum zufrieden fest. Der Detterer wohnt und arbeitet inzwischen in Österreich, aber zu den wichtigen Festen kommt er nach Detter.
Training macht sich bezahlt Acht Paare waren vorher in Dirndl beziehungsweise in Lederhosen um den Plo-Baum getanzt. "Jetzt können die richtig tanzen" , sagte Patricia Kessler, Mutter von Tim Kessler und im Altkirmesverein tätig. Bevor sich Tanztrainer Willi Roth der Kirmes-Tänze angenommen hatte, seien die Paare "eher um den Baum gestolpert".
Aus der Not heraus war der Altkirmesverein 1996 gegründet worden, weil es an Jugendlichen gemangelt hatte, die eine Kirmes auf die Beine hätten stellen können. Von dem guten alten Brauch wollten die Plo-Begeisterten nicht lassen und richteten das Kirmesfest in jenem Jahr selbst wieder aus. Seit einigen Jahren schon ist die Kirmes von der Jugend wieder gut besucht und gut geplant. Dennoch ist die Eltern-Generation mit dabei - "einmalig in Detter", wie Patricia Kessler schwärmt, nachdem sie zuvor drei Stunden lang Schnitzel angebraten hatte.
Seit es in Detter keine Wirtschaft mehr gibt, wird die Kirmes im Festzelt gefeiert. Dies erfordere viel mehr Vorbereitung und Arbeit, was die Landjugend allein nicht bewältigen könne. Aber: "Alte und Junge gehen auch zusammen fort." Ein wahres Dorffest sei die Kirmes in Detter, denn: "Da kommen viele nach Hause, die jetzt weiter weg wohnen."
Die eine oder andere Strophe aus dem Kirmesspruch sorgte den Nachmittag über noch für reichlich Gesprächsstoff, und Tim Kessler war schon wieder dabei, im Hinterkopf für die nächste Kirmes zu sammeln.