Mit einem Sketch wird humorvoll an die kleinen und großen Pannen und Erlebnisse der Retzbach-Pilger erinnert. Langjährige und treue Helfer haben sich in das Goldene Buch eingeschrieben. Bernhard Kuhn erinnerte sich an seine erste Wallfahrt.
                           
          
           
   
          Zum Dankgottesdienst und Begegnung, umrahmt von einer Musikergruppe unter Otmar Lutz, treffen sich alljährlich viele Retzbachwallfahrer aus Oerlenbach und den umliegenden Ortschaften. Vor allem ein Sketch, von Monika Lutz verfasst und gemeinsam mit ihrem Ehemann vorgestellt, erinnert bzw. verrät so manches Erlebnis von den beiden Tagen, an denen die Pilger rund 100 Kilometer bewältigen. 
Nach der Rückkehr erwartet Monika, die nur die Hälfte der Strecke gelaufen ist, ihren Mann zu Hause mit einem Glas Sekt. Mit Rucksack, Trommel und Besen kehrt der Ehemann zurück. Die Strapazen halten sie nicht ab, so manche Episode aufzutischen. Da ist beim Halt in Schwebenried ein Koffer aufgeplatzt: Was da alles drin war, für eine Weltreise ausreichend, von Abendkleid bis Lockenwickler, von Schnaps und Wein bis Cateringservice für 20 Leut, von Accessoires bis 
Edelschmuck - und all das als Tagesgepäck! Ganz eifrig waren die Lautsprecherträger: Die wollten die Lautsprecher gar nicht mehr weitergeben. Keine Sorgen bereiteten die Unkosten: Wir haben doch eine Scheinwerferwallfahrt. 
  
  Das Lied falsch angestimmt Eine Vorbeterin grüßte beim Vorbeizug in Arnstein den evangelischen Pastor und dessen Begleiter mit: Guten Morgen, Herr Pfarrer und ihrer Trachtengruppe. 
Wieder ganz toll: Trotz kurzer Nacht ministrierten einige junge Teilnehmer am frühen Morgen: Was die versprechen, das halten sie. "Am Abend sind wir Musiker inzwischen unverzichtbar. Wir sind die Retzbachbußgottesdienstkapelle", gab Otmar Lutz weiter. Ein sonst sehr sicherer Vorsänger habe einmal ein Lied falsch angestimmt. Die Wallfahrer korrigierten ihn, der feststellte: "Jetzt kann ich`s auch wieder." 
Eine Teilnehmerin wollte Bischof Friedhelm, der den Abendgottesdienst 
hielt, ganz nahe sein. Der Mesner habe sie übersehen und eingesperrt. Zum Glück kam Pfarrer Postler und befreite sie. Weiter ging es um den kirchlichen Segen beim Aufbruch, um ein vergessenes Handy, um menschliche Bedürfnisse hinter Strohballen oder um Zählen der Teilnehmer. Das Wichtigste war: Großer Dank allen, die sich um die Wallfahrer kümmern und Dienste übernehmen. 
Zwei kurze Filmausschnitte ließen Andachtsstätte am Weg nach Ebenhausen und den langen Weg zu den lustigen Versen "E`s walle is schüe" lebendig werden. Eine Uraufführung war die Polka "Wir Retzbachmusikanten", vorgetragen von den 18 Musikern "aus 22 Ortschaften", wie Dirigent Otmar Lutz anmerkte. Die Gruppe bereicherte das Miteinander mit bekannten Volksliedern, für die Monika Lutz eigene Texte wie "Halli, hallo, wir wallen" zu "Aus grauer Städte 
Mauern" oder "Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den lässt er einfach wallfahrn gehen" gefertigt hatte. Die frohe Feier mündete vielfach in den Wunsch: Bis zur nächsten Wallfahrt 2014. 
  
  Eintrag ins Ehrenbuch Im letzten Jahr legten die Retzbachwallfahrer ein Ehrenbuch, in das sich als Erster Bischof Friedhelm Hofmann bei seinem Besuch in Oerlenbach vor einem Jahr eintrug, an. 
Beim Pfarrfest folgten Pfarrer Balthasar Amberg und Ehrenwallfahrtsführer Wilhelm Karch, jetzt Maria Seidl, Walter Breitenbach, Kurt Federau und Bernhard Kuhn. 
"In unser Goldenes Buch sollen sich jene, die lange bei der Wallfahrt dabei sind und sich zusätzlich einbringen, eintragen", erläuterte stellvertretender Wallfahrtsführer Otmar Lutz. Zu jenen gehöre Bernhard Kuhn, der rund 60 Mal mit pilgerte, davon 40 Jahre als Musikant. 
"So mit acht Jahren nahm mich mein Vater erstmals mit", erinnert sich der 79-Jährige. "Das war während des Zweiten Weltkriegs, als das Wallfahren eigentlich verboten war. Meinen Vater hinderte das nicht. Wir Buben", nämlich er mit seinen älteren Brüdern Gottlieb und Otto, "begleiteten ihn. Gefragt wurden wir vom Vater nicht lange." Wie der spielten auch die drei Söhne ein Instrument. 
Der Vater, viele Jahre Wallfahrtsführer, sorgte dafür, dass die Wallfahrt 1945 offiziell wieder stattfinden durfte. Dazu holte er bei der amerikanischen Besatzungsmacht die Genehmigung mit Auflagen zur Teilnehmerzahl, Pilgerzeiten und Wegverlauf ein. 
"Unser Vater teilte uns einfach ein, welches Instrument wir spielen mussten", blickt Sohn Bernhard zurück. 
"Ich spielte Posaune und Tenorhorn, zuletzt Bass, nachdem mein Vater dieses Instrument nicht mehr übernehmen konnte", fügte er an und ergänzte: "Wir trugen unser Instrument. Begleitautos gab es nicht." Als besonderes Erlebnis erzählt er: "Wir brauchten immer Musikanten. Einmal sprach ich einen jungen Mann zum Mitspielen an und versprach ihm, so viele Bratwürste, wie er wünschte, zu spendieren. 
Der ließ sich nicht zwei Mal bitten und verzehrte unterwegs 15 Stück." Bis vor zwei Jahren pilgerte Bernhard Kuhn noch mit, ehe die angeschlagene Gesundheit dies nicht mehr zuließ. 
Eher unauffällig ist Maria Seidl, Stütze der Wallleut. "Als junges Mädchen bin ich mitgepilgert bis zur Heirat 1962. Später haben wir belegte Brötchen für die Haltestation vorbereitet, ehe seit Anfang der 70er Jahre für die Mittagspause in Binsfeld Eintopf 
gereicht wird. Lange bezogen wir die Stärkung über den Bundesgrenzschutz. Seit zehn Jahren bereiten ihn Roland und Gregor Lutz zu. Mit vier Helferinnen gilt es schon früh am Morgen die Vorbereitungen zu starten, um rechtzeitig mit 160 Portionen sowie Zutaten und Geschirr in Binsfeld zu sein. Nach der Rast packen wir alles zusammen. Daheim spülen wir und verstauen das Geschirr für das nächste Jahr", beschreibt sie ihre Dienste, die sich außerdem auf die 
gesamte Wallfahrt, die ihr Ehemann Otmar leitet, ausdehnt. 
Kurt Federau war in diesem Jahr zum 40. Mal dabei, davon seit über 25 Jahren zur Verkehrsabsicherung. Der gebürtige Oerlenbacher wohnt seit Jahren im Allgäu. Zur Wallfahrt kommt er stets in die Heimat, um zusammen mit Ludwig Erhard per Funk den Begegnungs- beziehungsweise Überholverkehr zu steuern. 
Walter Breitenbach (Kronungen) steuert seit vier Jahrzehnten ein Begleitauto mit Hänger, um neben Getränken die Instrumente der Musiker zu befördern. "Ihr übernehmt gründlich und zuverlässig Aufgaben. Euch gebührt größter Dank. Wir setzen auch künftig auf eure Unterstützung", sagte Otmar Lutz, ehe sich die Helfer in das Buch eintrugen.