Fernost im Schreinersch-Haus

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Regina Mützel mit den Gästen aus Korea (von links): Junghun, Gyeyoung und Hanshin Foto: Gerd Schaar
Regina Mützel mit den Gästen aus Korea (von links): Junghun, Gyeyoung und Hanshin  Foto: Gerd Schaar

Mit dem Besuch von 18 Jugendlichen aus Korea wird das Schreinersch-Haus zur Begegnungsstätte zwischen Europa und Asien. Begonnen hat alles auf dem Jakobsweg.

"Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass dieses Anwesen zu solchen Ehren kommt?", sagt Jutta Schlereth. Sie erinnert an die Zeit, als noch über den Abriss des Schreinersch-Hauses gesprochen wurde. Die Investition von freiwilliger Arbeit für das historische Gebäude in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich gelohnt. Und nun sind dort sogar 18 koreanische Jugendliche im Alter von elf bis 18 Jahren untergebracht.
Auf dem Jakobsweg im spanischen Wallfahrtsort Ponferrada lernte Schlereth im vergangenen Jahr die südkoreanische Reiseschule "The Habanha" bei deren Bildungsreise kennen. Seit 2004 gibt es die jährlichen Wallfahrten der Machtilshausener Pilgergruppe nach Santiago di Compostella, die sich "In zehn Jahren nach Santiago" nennt.
"Diese Koreaner zogen uns mit ihrer Aufführung sofort in den Bann", berichtet Schlereth von ihrer ersten Begegnung mit den Asiaten. So sei auf Anhieb ein herzlicher Kontakt zur Leiterin Sunny und deren Mann J-Sik entstanden. "Besucht uns doch mal in Machtilshausen", sagte sie beim Abschied im vergangenen Sommer. Dass die Koreaner prompt Wort hielten und auf ihrer Bildungsreise zwischen den Aufenthalten in Ägypten und Frankreich auch das kleine Machtilshausen eingeplant haben, hat Schlereth vor Freude fast umgehauen.
Sunny, die Leiterin der koreanischen Reiseschule, spricht fließend Englisch mit ein wenig koreanischer Färbung. Die deutschen Jugendlichen, die sich spontan im Schreinersch-Haus eingefunden haben, verstehen sie gut, bedauern aber den eigenen begrenzten Wortvorrat. Für alle Fälle liegen Nachschlagewerke auf dem Tisch.
Dass sich die Koreaner nicht nur für andere Kulturen, sondern auch für fremde Sprachen interessieren, beweisen die Deutschstunden, die Regina Mützel mit viel Sorgfalt vorbereitet hat. "Mein Name ist", lernen die jugendlichen Koreaner genauso schnell auf Deutsch wie die ersten zehn Zahlen. Und dann singen sie noch gemeinsam ein deutsches Lied.
Nicht nur Edwin Vierheilig steht als Übersetzter zur Seite, sondern auch der Schwabe Rolf Hofmann. Dieser begleitet die koreanische Reisegruppe in Deutschland ehrenamtlich und hat auch die Organisation in seine Hände genommen. "Bei den Reisen haben sich die jährlich wechselnden Gruppen der koreanischen Reiseschule nicht nur die Kenntnisse fremden Wissens und anderer Sprachen zum Ziel gesetzt, sondern auch das kulturübergreifende Zusammenleben und die Weisheiten anderer Völker", erläutert Hofmann. Das gehe über die Zielsetzung einer Waldorfschule weit hinaus.
Die Begegnung mit bayerischen Klößen steht noch aus. Aber das Sauerteigbrot, die Knäcke-Kräcker und Plätzchen werden schon gelobt. Das Hauptgericht wird in Korea meist abends gegessen. Bevor es aber den koreanischen Gemüseeintopf im Schreinersch-Haus gibt, schlagen die jugendlichen Gäste noch ihr Berichtstagebuch auf. Darin vermerken sie akribisch, was ihnen an diesem Tag gefallen hat, was sie als beachtenswert empfinden und was zu kritisieren oder zu verbessern sei. Auf diese Weise bekommen Sunny und J-Sik zeitnah eine Rückmeldung.
"Die Dinge des Lebens vorurteilsfrei und ohne Furcht anzupacken, ist unser Ziel", sagt Sunny. Auch seien ihr die Herzensbildung und die Persönlichkeitsentwicklung von großer Bedeutung. "Wir sollten keine Angst vor Niederlagen und Fehlern haben", gibt Sunny ihren Schülern mit auf den Weg. So beflügelt sie ohne Druck den freiwilligen Lerneifer.
"Es wäre schön, wenn dieser Besuch außerhalb der Ferienzeit gewesen wäre", wünscht sich Schlereth mehr Beteiligung von deutschen Schülern an diesem globalen Kulturereignis.