Existenzgründer vorgestellt: Susanne Groß löst in Unternehmen Konflikte

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Ein Beispiel, das Qualitätsmanagerin Susanne Groß gerne bei ihren Kunden anwendet, um die Notwendigkeit eines Perspektivenwechsels zu verdeutlichen ist die "3". Diese sieht, je nach Standpunkt, nämlich auch mal aus wie ein "E", ein "w" oder ein "m" . Foto: Anja Greiner
Ein Beispiel, das Qualitätsmanagerin Susanne Groß gerne bei ihren Kunden anwendet, um die Notwendigkeit eines Perspektivenwechsels zu verdeutlichen ist die "3". Diese sieht, je nach Standpunkt, nämlich auch mal aus wie ein "E", ein "w" oder ein "m" . Foto: Anja Greiner

Vor eineinhalb Jahren hat sich Susanne Groß selbstständig gemacht. Als Qualitätsmanagerin und Mediatorin kümmert sie sich in Unternehmen manchmal auch um die vermeintlich kleinen Probleme des Büroalltags.

Die größten Probleme beginnen oft im Kleinen. Im Büro beispielsweise mit der Frage: Fenster, auf oder zu?
Die Frau mit der Lösung für das Fensterproblem heißt Susanne Groß, dunkelblauer Blazer über weißer Bluse, schmale Kette, leichter Lippenstift. Sie ist 48 Jahre alt und als selbstständige Qualitätsmanagerin und Mediatorin in Unternehmen mit allerhand Problemen - meist sehr menschlicher Natur - betraut. Es gilt: Streiten kann man über alles und ein Fenster ist oft erst der Anfang.

Ihre Lösung für die Frischluftzufuhr: In freundlicher Weise diskutieren, warum der eine es auf und der andere zu möchte, Regeln vereinbaren wie pro Stunde fünf Minuten lüften, oder dann, wenn der andere gerade nicht da ist.


Keine leichte Entscheidung

Die Kunst sagt sie, ist herauszufinden, was die Mitarbeiter wirklich stört. "Es muss nicht immer der Kollege sein, das kann auch was privates sein oder etwas ganz anderes." Ist das Problem erkannt, kommt Kunststück Nummer zwei: Die Mitarbeiter soweit zu bringen, selbst eine Lösung zu finden. "Von außen Aufgestülptes, würden nicht umgesetzt werden." Nach ein paar Wochen bietet sie nochmals einen Check an, die Erfolgsquote, das ein Konflikt nach einer Mediation beigelegt wird, liege bei 70 Prozent.

Groß ist gelernte Pharmazeutisch-technische Assistentin, hat Geowissenschaften studiert und arbeitete anschließend im Qualitätsmanagement größerer Unternehmen. Prozesse überwachen und ihre Effizient verbessern, das waren ihre Aufgaben.

Zwei Jahre lang habe sie überlegt, ob sie wirklich kündigen soll, den sicheren Job aufgeben. "Ich wollte sehen, ob ich es auch alleine schaffen kann." Groß ist nicht verheiratet, hat keine Kinder - ein Vorteil auf den ersten Blick. "Wer verheiratet ist, hat einen Partner, der einen im Zweifel unterstützen kann". "Ich stand völlig alleine da."

Der wichtigste Schritt, sagt sie heute, ist sich zu entscheiden. "Wenn man mal drin ist, dann sieht man auch die Wege, die man vorher nicht gesehen hat, man merkt, es gibt immer eine Lösung."

Ein halbes Jahr nimmt sie sich nach ihrer Kündigung Zeit. "Eine Auszeit, aber ohne Reisen, wie man es heute so gerne macht, ich bin hier geblieben." Im März 2014 war die Auszeit vorbei, Susanne Groß macht sich als Qualitätsmanagerin mit Zusatzqualifikation in Mediation selbstständig. Und dann kamen die ersten Probleme. Die Ängste: "Schaffe ich das wirklich?", die Zweifel: "Warum hat der Kunde abgesagt?".

Angst und Zweifel - die Begleiter eines jeden Gründers. Über Erfolg und Misserfolg entscheidet der Umgang damit. "Man muss schnell wieder zum Selbstvertrauen kommen", sagt Groß.

Ist man erstmal mit sich selber im Reinen, erledigt sich das zweite, große Problem mitunter ganz von alleine: An Aufträge zu kommen, Kunden gewinnen. Groß lehnt sich im Stuhl zurück, lächelt und sagt: "Freundliche Beharrlichkeit, so hab ich es geschafft". Fünf Kunden hat sie bislang, gut einmal in der Woche ist sie in Unternehmen. Sie kann davon leben. Wenn sie in absehbarer Zukunft noch ein oder zwei Mitarbeiter einstellen könne, dann würde ihr das genügen. "Ich will klein bleiben."

Ob sie jetzt mehr arbeitet als früher? Sie überlegt lange, dann sagt sie: "Ja es ist mehr." Kurze Pause. "Aber es ist anders." Ein Erklärungsversuch: Als Selbstständige, sagt sie, arbeitet man für die Kunden, als Angestellte für die Firma. Besser könne sie den Unterschied nicht beschreiben. Vielleicht, sagt sie dann doch noch, weil die Arbeit mit den Kunden direkter ist. "Man bekommt gleich ein Feedback."


Was wirklich wichtig ist

Eine Rückmeldung, möglichste in Form neuer, interessanter Kunden, das erhofft sich Groß von ihrer Teilnahme an der Existenzgründermesse Ende November. Dort wird sie auch auf Albrecht Groß treffen. Groß ist Leiter des Gründer-Guides Bayern, einem Netzwerk von selbstständigen Gründungsberatern und Dozenten, gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium.

Die meisten Gründer, sagt Albrecht Groß, scheitern an den kleinen, banalen Dingen. Er zitiert eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), wonach der Hauptgrund für das Scheitern der Gründer (in 52 Prozent der Fälle) auf mangelnde Vorbereitung zurückzuführen ist.

Im besten Fall kennen die Gründer die zu Albrecht Groß in die Seminare kommen den Unterschied zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung. Manchmal fehlt auch das Wissen. Die Selbstständigkeit, sagt Groß, spielt keine Rolle. Weder in der Schule noch im Studium würden die entsprechenden Kenntnisse vermittelt.

Neben dem Ein mal Eins in Versicherungen, Marktanalyse-Strategien und Marketingmaßnahmen vermittelt Albrecht Groß in seinen Seminaren vor allem eines: Nicht das Produkt ist entscheidend, was zählt ist die Persönlichkeit des Gründers.

"Sie können mit einer schlechten Idee Millionen verdienen und mit einer tollen Geschäftsidee pleite gehen."
Albrecht Groß kennt Susanne Groß (der gleiche Nachname ist Zufall), sie hat seine Seminare besucht. Typisch für das Projektgeschäft, wie Groß es betreibt, sei eine recht lange Anlaufzeit, sagt Albrecht Groß. "Man muss erst das Vertrauen bei den Kunden aufbauen, aber dann läuft's normalerweise."

An den Erfolg von Susanne Groß glaubt er. Die Kombination von Qualitätsmanagement und Mediation habe Potenzial. Ein Alleinstellungsmerkmal - der Fachterminus ist Unique Selling Point (USP) - sozusagen die Lebensversicherung in der Wirtschaftswelt. Und mindestens genauso wichtig: "Sie hat die richtige Persönlichkeit dafür", sagt Albrecht Groß.