Auch der Bund leistet einen Beitrag zur Erweiterung des Biosphärenreservats Rhön. Für Teile des Truppenübungsplatzes Wildflecken gilt in Zukunft in doppelter Hinsicht: Betreten verboten!
Vor gut einem halben Jahr waren sie schon einmal in Wildflecken. Nun unterzeichneten Christian Schmidt, Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, und Marcel Huber, Umweltminister in Bayern (beide CSU), eine Vereinbarung zur Ausweisung von Teilen des Truppenübungplatzes Wildflecken als Kernzone. Auch Jürgen Gehb, Sprecher des Vorstands der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben - der Eigentümer des Geländes - , unterschrieb das Dokument. Die Vereinbarung regelt die gleichzeitige Nutzung des Geländes durch das Militär und als Kernzone der Unesco.
"Eine intakte Natur zählt zu den wichtigsten Gütern, die wir den kommenden Generationen weitergeben", sagte Schmidt in seinem Grußwort. Militärische Nutzung und Naturschutz müssten kein Widerspruch sein. Von fast 60.000 Hektar Gesamtfläche der Truppenübungsplätze in Bayern seien 82 Prozent Fauna-Flora-Habitat. Soldaten seien nach den Worten Schmidts also "Naturschützer in Uniform".
Zusammen mit Hessen, das schon seit dem Jahr 2004 insgesamt 575 Hektar im Bereich des Truppenübungsplatzes als Kernzone zur Verfügung stellt, steuert der Bund in der Rhön fast 1000 Hektar als Kernzone zur Verfügung. Die Schaffung von zusätzlichen Kernzonen ist nötig, weil der bayerische Teil des Unesco-Biosphärenreservates von aktuell knapp 72.000 auf fast 130.000 Hektar erweitert werden soll. Dafür werden rund 3500 Hektar zusätzlich als Kernzone benötigt
(wir berichteten). Zur Zeit liegt der Erweiterungsantrag dem MAB-Nationalkomitee der Unesco zur Prüfung vor. Dieses Gremium entscheidet auch darüber, ob es die vorgeschlagenen Flächen als Kernzonen akzeptiert.
"Großes Gemeinschaftswerk" Der bayerische Umweltminister Huber lobte das Reservat als "großes Gemeinschaftswerk" aller Beteiligten. Die Rhöner stünden hinter dem Biosphärenreservat und "die Gemeinden sehen, dass die Erweiterung gut ist". Alfred Schrenk (SPD), Bürgermeister von Wildflecken, sagte nach der Veranstaltung, man akzeptiere die Ausweisung von Teilen des Truppenübungsplatzes als Kernzone. "Unser Anliegen war, dass die militärische Nutzung nicht eingeschränkt wird", sagte Schrenk. Dies ist in der Vereinbarung aber ausführlich geregelt.
So behält sich die Bundeswehr zum Beispiel vor, "Maßnahmen der Geländebetreuung" durchzuführen. Dabei geht es es vor allem um Fragen des Brandschutzes, der Verkehrssicherung und des Wegeunterhalts. Außerdem darf das Gebiet zu Forschungszwecken und für das so genannte "Wildtier-Management", betreten werden.
"Das Besondere an Kernzonen ist, dass die Flächen frei von menschlicher Nutzung sind", erklärt Ulrike Lorenz vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit. Nun sei ein Truppenübungsplatz zwar nicht mit einem herkömmlichen Wald vergleichbar. Was aber die Kernzonen angehe, so habe man "weitestgehend identische Rahmenbedingungen".
Gleichgewicht zwischen militärischer Nutzung und Naturschutz Auf dem Truppenübungsplatz hat Kommandant Roland Reckziegel gute Erfahrungen mit den Kernzonen gemacht, die bereits auf hessischem Gebiet ausgezeichnet sind. "Das sind ja alles Flächen, die wir selbst gar nicht betreten", erklärt der Oberstleutnant. Die zukünftige Kernzone umfasst ausschließlich jene Bereiche, die in hohem Maß durch Munition belastet sind. Nun müsse sich zeigen, wie ein Gleichgewicht zwischen militärischer Nutzung und Naturschutz hergestellt werden könne.
Für Godfried Schwartz, Leiter des Bundesforstbetriebs Reußenberg mit Sitz in Hammelburg, ist das gar kein Problem. Die Einschläge der Munition seien mit "kleinen Katastrophen" vergleichbar, die in der Natur in Form von Stürmen, Blitzeinschlägen oder Dürreperioden ständig aufträten. "So ein Einschlag trifft vielleicht mal ein einzelnes Tier, aber für die Natur ist diese 'Katastrophen-Situation' normal."
Als Nachtrag zu meinem Kommentar möchte ich noch klarstellen, dass ich kein Gegner des Biosphärenreservates Rhön bin. Die weitere militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes Wildflecken halte ich jedoch für eine elementare Gefährdung für die Weiterentwicklung des Tourismus in der Bad Brückenauer Rhön.
Seit man gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Mittelgebirge als Ausflugsregion entdeckte, war die Dammersfelder Rhön eines der Top-Ziele für die Sommerfrischler aus den umliegenden Metropolen. Auch durch die tatkräftige Unterstützung des Rhönklubs mit seinen Zweigvereinen wurde die Rhön für den Tourismus erschlossen.
Wie beliebt die Region um das Dammersfeld noch heute bei den Naturfreunden ist, sieht man am großen Zuspruch der Wandertage. Das touristische Potenzial dieser Gegend sollte nicht auf Dauer ungenutzt bleiben.
Was die die Einrichtung von Kernzonen anbelangt, muss man sehr aufpassen, dass man sich hier keine Chancen für die Zukunft verbaut. Denn laut der Verordnung zu den Kernzonen im Biosphärenreservat Rhön vom 06.05.2013 ist es u.a. verboten „Straßen, Wege, Plätze neu anzulegen oder bestehende zu verändern“, „Gegenstände oder Zeichen jeder Art anzubringen oder aufzustellen, sowie Sachen zu lagern.“ Ebenso ist es verboten „Das Gelände außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen und der für die betreffende Nutzung markierten Wege zu betreten.“
Damit ist die weitere Erschließung dieser Gebiete für den Tourismus ein für allemal ausgeschlossen.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Vorschriften von Leuten erlassen werden, die die Bedingungen in den ländlichen Gebieten vor Ort überhaupt nicht kennen.
Wenn es nicht möglich ist, über die Bedingungen zur Erweiterung der Kernzonen zu diskutieren und gemeinsam mit den Menschen, die hier leben, eine tragfähige Lösung zu finden, wird sich keine breite Akzeptanz in der Bevölkerung einstellen.
Im UNESCO-Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Biosphärenreservate die Entwicklung einer Region nachhaltig fördern sollen. Nicht allein der Umweltschutz soll eine Rolle spielen, auch die dort lebenden Menschen werden mit einbezogen.
Warum sollen die Menschen dann aus den Kernzonen komplett ausgesperrt werden? Die Entwicklung einer Region wie die Rhön kann man nur nachhaltig fördern, wenn man den Ausbau des Fremdenverkehrs vorantreibt. Weder ein Truppenübungsplatz mitten im schönsten Gebiet der bayerischen Rhön, noch ein Biosphärenreservat mit Kernzonen, die niemand betreten darf, helfen uns, diesem Ziel näher zu kommen.
Die Errichtung des Truppenübungsplatzes Wildflecken in den Jahren 1937/38 durch ein Unrechtsregime hatte nicht nur die Vertreibung vieler Menschen aus ihrer jahrhundertealten Heimat zur Folge, sondern setzte auch einem regen Tourismus in die Brückenauer Rhön ein jähes Ende.
Nach dem Abzug der Amerikaner hätte man die Chance ergreifen, der militärischen Nutzung ein Ende setzen und das Gebiet soweit wie möglich wieder dem Tourismus zugänglich machen müssen.
Damit hätte man die nachhaltige Entwicklung der Region fördern können.
Ich kann nicht verstehen, warum die umliegenden Kommunen nicht konsequent an diesem Ziel und den damit verbunden Möglichkeiten zur Aufwertung der Brückenauer Rhön als Urlaubsziel arbeiten.
Zu allem Überfluss soll jetzt noch ein ganzer „Fleckerlteppich“ an Kernzonen dazu kommen, in denen der Mensch, egal ob Einheimischer oder Tourist, ebenfalls nicht erwünscht ist.
Statt immer über die Köpfe der Bewohner der Region hinweg zu entscheiden, wäre es mal interessant, die Bürger zur Erweiterung der Kernzonen zu befragen. Wenn die Meinung der Bevölkerung in der Politik schon nicht gefragt ist, würde ich mir eine Online-Umfrage der Saale Zeitung zu diesem Thema wünschen.
Auf das Ergebnis wäre ich sehr gespannt!