Eine Liebe über die Tastatur

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Sie verkörperten die beiden Internet-Liebenden: Ralf Bauer und Ann-Cathrin Sudhoff. Foto: Klaus Werner
Sie verkörperten die beiden Internet-Liebenden: Ralf Bauer und Ann-Cathrin Sudhoff. Foto: Klaus Werner

Ann-Cathrtin Sudhoff und Ralf Bauer bescherten mit Daniel Glattauers Stück "Alle sleben Wellen einen Abend mit hohem Unterhaltungswert im Staatlichen Kurtheater.

Das Stück "Alle sieben Wellen" entstand als Fortsetzung des Romans "Gut gegen Nordwind" - und diese Verbindung wird den Zuschauern im Bad Kissinger Kurtheater durch eine digitale Einspielung verdeutlicht. Für die, die den Zusammenhang kennen, ist dies nicht nötig - für alle anderen eine hilfreiche Geste zur Einstimmung auf ein Stück, in dem man wenigstens einen Einblick in die Vorgeschichte haben sollte.

Emmi lernt Leo über das Internet kennen, und es
kommt zu einem intensiven, digitalen Kontakt, aber zu nicht mehr. Leos Flucht nach Boston beendet diese Beziehung, und nur ein anonymer Systemmanager antwortet. Doch nach neuneinhalb Monaten antwortet Leo auf einmal wieder. und die digitale Affäre nimmt erneut Fahrt auf.


Permanent kontaktbereit

Diese Distanz zwischen den beiden Internet-Liebenden wurde durch ein Bühnenbild dargestellt, das ein spiegelbildliches Appartement mit fast identischer Ausstattung zeigt. Ohne Trennwand, aber mit deutlicher Sperrzone, hatten Emmi und Leo ihre Bereiche mit Bett, Tisch, Stuhl und - wen wundert´s - ein Notebook, das durch einen beleuchteten Monitor immerwährende Kontaktbereitschaft signalisierte. Nur die Tastatur war in dieser Komödie überflüssig, denn die das Getippte wurde durch Gesagtes ersetzt.


Höchstes Lob

Und hier muss man den beiden Darsteller, die 100 Minuten Rede und Gegenrede verinnerlicht hatten und diese unendlichen Zeilen nahtlos aneinander reihten, höchstes Lob zollen. Wohl dosiert über eine Zeitschiene unterbrochen, deren Intervalle durch eine sich verdunkelnde Bühne mit musikalischem Zwischenstück präsentiert wurden. Daraus entwickelten sich Schattenspiele, durch die die Räumlichkeiten leicht modifiziert wurden, auch der mehrmalige Kleiderwechsel der beiden Schauspieler verdeutlichte die Intervalle. Geschickt gelöst, denn dadurch wurde der Zuschauer durch die Tage, Wochen und Monate der digitalen Beziehung geführt.

Natürlich - so die dramaturgischen Einflüsse - geht eine solche Inszenierung nicht ohne Komplikationen: Emmi ist noch mit Bernhard und den Kindern zusammen, Leo ist seit seinem Boston-Aufenthalt mit Pamela liiert. Und vor diesem Hintergrund wartet jeder der beiden auf die siebente Welle, die ihrer Beziehung eine überraschende Wende gibt. Andeutungen gibt es hierzu immer wieder, dass aus "dieser Beziehung mit Kopfdisziplin" mehr werden könnte. Als dann Bernhard hinter das Geheimnis kommt und Leo um Rückzug bittet, ist Emmis Strafe ein "Verzweiflungs-Sex" als Pausenübergang.

Therapie, neue Wohnung, Flucht nach Boston, Scheidung, noch ein Treffen, Trennung von Pamela - genügend Stoff für die zweite Hälfte, in der ein Happy-End der Affäre mit "allem, außer Schwängern" angesteuert wird.
Mit Ann-Cathrin Sudhoff und Ralf Bauer standen zwei bewährte Schauspieler auf der Bühne, die routiniert und mit viel Empathie für die handelnden Personen ihre Rollen spielten. Die Dialoge waren ausgereift, nicht zu tränenrührig und mit hohem Unterhaltswert. Auch dank der verdichteten Bühnenfassung von Ulrike Zemme und der Regie von Wolfgang Kaus, die den Zuschauer in Atem hielt, aber nicht den Atem nahm. So waren auch die unteren Ränge im Kurtheater sehr gut besetzt, und das überwiegend weibliche Publikum spendete immer wieder Szenenbeifall und einen herzlichen Schlussapplaus.