Rasheed Saleh hat Marketing studiert, Firmenlogos entworfen, an der Uni unterrichtet, - dann kam der Krieg. In Bad Kissingen will der Syrer neu anfangen.
Rasheed Saleh, 46 Jahre alt, graue Daunenjacke, darunter blauer Schal auf grünem Pullover, steht an einem kalten Donnerstagnachmittag vor dem Pfarrhaus der Herz-Jesu-Gemeinde in Bad Kissingen und wartet auf seinen Dolmetscher. In der Hand hält er eine kleine weiße Papiertüte, daraus ragt ein zusammengerolltes Papier hervor.
Er rollt es erst aus, als er in einem kleinen Besprechungsraum im Pfarrhaus Platz genommen hat - eine Bleistiftzeichnung, nicht ganz fertig, sie
zeigt die König Ludwig Statue vor dem Arkadenbau.
Ein Bild für die Kirche?
Als Klaus Langen, Flüchtlingskoordinator der Pfarrgemeinschaft, einen Teller mit Keksen auf den Tisch stellt, schiebt Rasheed seine Zeichnung fast unmerklich ein bisschen zur Seite. Die Kunst, sie ist alles, was ihm momentan geblieben ist, sie gilt es zu beschützen.
In Syrien war Rasheed selbstständig, hat für Firmen Logos entworfen, hat an der Universität Kommunikation und PR unterrichtet. Und er hat gemalt. Öl auf Leinwand oder Bleistiftzeichung; Porträt, Landschaft oder Gebäude, ein Lieblingsmotiv hatte er nie - einen Lieblingsort an dem zwei seiner Bilder hängen möglicherweise schon: er habe, sagt Rasheed, einige Zeit in Saudi-Arabien gearbeitet und zwei seiner Bilder auch an den König verkauft.
Paläste sind in Bad Kissingen eher selten, dafür gibt es Kirchen: Ein Panoramabild will Rasheed Saleh malen, es soll aus fünf Teilen bestehen, die, aneinandergereiht eine Geschichte erzählen. Was das für eine Geschichte sein wird, will er nicht sagen, für wen das Bild sein soll schon: Für die Kirche hier von Kaplan Reder. Da stutzt der Kaplan.
"Das höre ich jetzt zum ersten Mal", sagt er und fängt erstmal an zu erklären, dass man in Deutschland nicht einfach so ein Bild an die Wand einer Kirche hängen kann. "Als Ausstellung vielleicht", sagt Reder. "Dann ist es eben für sie privat", sagt Rasheed. Da lächelt der Kaplan und nickt.
Kaplan Paul Reder würde Rasheed gerne helfen, hätte er einen geeigneten Raum im Pfarramt, er würde ihn dem Syrer zur Verfügung stellen.
Nun mögen dem Kaplan die Räume fehlen, an Ideen und dem Vertrauen in die Menschen in Bad Kissingen mangelt es ihm nicht: "Es gibt hier in Bad Kissingen bestimmt Möglichkeiten oder Menschen, die sich vorstellen können, Rasheed einen Privatraum als Atelier zur Verfügung zu stellen." Man muss sie nur finden.
Rasheed Saleh ist 46 Jahre alt, seine Flucht aus Syrien dauerte knapp zwei Jahre, seit sechs Monaten ist er in Deutschland, über München und
Schweinfurt kam er nach Bad Kissingen. In den kommenden Wochen wird wohl sein Asylantrag genehmigt werden, er könnte dann arbeiten und sich eine Wohnung suchen. Momentan lebt er in einer der beiden dezentralen Unterkünften in Bad Kissingen; im Hotel am Ballinghein in Reiterswiesen. Und wenn es etwas nicht gibt in einer Unterkunft, ausgelegt für 36 Personen, dann sind das Ruhe und Platz. Und wenn es etwas gibt, das ein Künstler braucht, dann sind das Ruhe und Platz.
Und vielleicht ein bisschen Licht. Das störe ihn momentan am meisten, sagt Rasheed, abgesehen davon vielleicht, dass er keinen Tisch in seinem Zimmer hat.
Gutes Bild von Deutschland
In den nächsten Wochen wird Rasheed ein anderes Zimmer in der Unterkunft bekommen, eines mit Balkon. "Eine Zwischenlösung", sagt Klaus Langen, Flüchtlingskoordinator der Pfarrgemeinde.
Das Licht ist dann besser, er hat mehr Ruhe - ein Problem bleibt dennoc: Wer mit Öl malt, sollte nicht im selben Zimmer schlafen.
Als junger Mann hatte Rasheed immer ein bestimmtes Bild von den Deutschen: Nette und gute Menschen seien sie, hat er gedacht. Heute, gut 20 Jahre später, denkt er das immer noch. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Die Deutschen, sagt er, sind offen und hilfsbereit. Das Zeichenpapier, die Farben, die Stifte, alles hat er gespendet bekommen.
Wenn er könnte, er würde auch Kinder im Zeichnen unterrichten. Vielleicht auch in einem Vhs-Kurs, Flüchtlingskoordinator Langen könnte sich das vorstellen.
"Das finden sie nicht oft, dass jemand solche Fähigkeiten mitbringt", sagt er. Und Klaus Langen ist ein Mann deutlicher Worte, er verklärt die Situation nicht, er sagt zum Beispiel, dass es ihn stört, dass die Flüchtlinge sich einfach nicht daran gewöhnen können pünktlich zu
sein, er sagt aber eben auch: "Ein Mann wie Rasheed kann es schaffen, sich selbst einen Lebensunterhalt zu verdienen - er ist ein Glücksfall für Bad Kissingen."
Rasheed Saleh rollt vorsichtig seine Zeichnung wieder ein, bindet das Gummi darum, dann holt er sein Handy aus der Jackentasche und macht ein Foto vom Arkadenbau. Die Vorlage für das nächste Bild. Als Kind, sagt Rasheed, habe er angefangen zu malen. Er mochte es, allein zu bleiben, das Malen, es ist sein Freund.
Der einzige, der ihm hier geblieben ist.
Wer Rasheed Saleh ein Zimmer zur Verfügung stellen kann, das sich als Atelier eignet, kann sich bei Kaplan Paul Reeder, Herz-Jesu-Pfarrgemeinde in Bad Kissingen, melden unter Telefon 0971/69 98 28 - 0, oder per E-Mail an: pfarrei.bad-kissingen@bistum-wuerzburg.de.
Ein syrischer Flüchtling, mit einem außergewöhnlichen Talent. Perfektes Malen! Wer auf das Foto schaut, sieht die Begabung. Vielleicht sollte die Stadt Herrn Rasheed Saleh einmal fragen, ob er nicht ein besseres und vor allem perfekteres Erkennungsymbol für Bad Kissingen entwerfen kann, mit dem sich Stadt und Staatsbad besser indentifizieren kann, als mit diesem langweiligen Streifenlogo.