Der russische Meschenrechtler Vladimir Schreydler war in Bad Kissingen zu Gast und erzählt von dem täglichen Kampf der Ukrainer die in Russland leben.
Vladimir Schreydler sitzt am Klavier im Wohnzimmer von Alena Albert im Kissinger Stadtteil Hausen und spielt "Ballade pour Adeline" von Richard Clayderman. Ohne Noten. Es ist kurz vor Weihnachten, der russische Menschenrechtler ist zu Gast bei Alena Albert. Er klappt den Klavierdeckel zu und beginnt zu erzählen.
Schreydler ist Menschenrechtler bei der russischen Nichtregierungsorganisation "Za Prava Cheloveka" ("Für Menschenrechte"). Für die Organisation ist er unter
anderem als Reporter tätig, schickt seine Berichte an ukrainische, kanadische und deutsche Medien - er begleitet Gerichtsprozesse in Moskau, bei denen die Angeklagten Ukrainer sind, vermittelt Anwälte an Ukrainer, versucht Vertreter des ukrainischen Außenministeriums zu Gesprächen nach Moskau zu holen.
Kampf für die Rechte anderer
Schreydler wohnt in Moskau, er ist 47 Jahre alt, Jude, geboren in Georgien, hat
Europa gesehen, in Amerika und in arabischen Ländern gelebt. Er trägt drei Ausweise bei sich. Einer in Gelb, der ihn als einzigen ausländischen Vertreter in einer ukrainischen Menschenrechtsorganisation ausweist, einen in Rot, der seine Tätigkeit für Za Prava Cheloveka bestätigt, und einen blauen Ausweis: sein Presseausweis.
Es ist eine einseitige Geschichte.
Nicht alles ist vollständig nachprüfbar - auch wenn vieles dafür spricht, das es sich so zugetragen hat, wie Schreydler es erzählt. Das Gespräch mit Schreydler, es ist eine Momentaufnahme russisch-ukrainischer Politik aus der Sicht eines russischen Menschenrechtlers.
Schreydlers jüngster Deutschlandbesuch führte ihn auch nach
Bad Kissingen.
Der gemeinnützige Verein "Friedlich vereinigte Ukraine" mit Sitz im badischen Rastatt hatte ihn eingeladen zu einem Benefizkonzert der Baden-Badener Philharmoniker. Das Konzert fand am zweiten Weihnachtsfeiertag statt, bis Anfang Januar ist Schreydler noch in Bad Kissingen geblieben - er wohnte bei Alena Albert.
Alena Albert, geborene Ukrainerin, organisiert von Bad Kissingen aus Hilfe für die Opfer des Krieges in der Ostukraine - gemeinsam mit den Ukrainischen Vereinen in
Deutschland, wie dem Zentralverband der Ukrainer in Deutschland. Sie ist auch in den sozialen Netzwerken aktiv und so vor einiger Zeit auf Vladimir Schreydler aufmerksam geworden. Seitdem stehen sie in Kontakt - ihr gemeinsames Ziel: das Schicksal der Menschen in der Ostukraine nicht zu vergessen und die Folgen der russischen Intervention anzuprangern.
Wenn sie erzählen, ist oft die Rede davon, wie der Westen die Politik Putins zu oft verklärt, wie die Willkür Russlands geduldet wird, und der Tatsache, dass die Auseinandersetzungen in der Ostukraine auch in Russland Folgen für die ukrainische Bevölkerung haben. Der Leiter der Organisation Ukrainer in Moskau, Walerij Semenenko, wird in einem Artikel der Zeit vom November 2015 mit den Worten zitiert, dass die Aktivitäten der russischen Behörden
gegen ukrainische Institutionen zwar nicht neu seien; früher jedoch sporadisch erfolgt seien und nun hätten sie System.
Als Zeuge aktiv werden
Und Schreydler ist oft Zeuge. Als das ukrainische Kulturzentrum in Moskau Ende des vergangenen Jahres von Mitarbeitern einer russischen Behörde durchsucht wurde, so erzählt es Schreydler, habe er alles daran gesetzt, dass diese möglichst glimpflich ablief.
Er drohte, das Vorgehen öffentlich zu machen, in dem Moment, sagt er, geht es für die Polizisten nicht mehr um Russland, sondern um ihren eigenen Job. Inzwischen bewache die örtliche Polizei das Kulturzentrum wieder.
Respekt durch Menschlichkeit
Er berichtete aus der Gerichtsverhandlung gegen die ukrainische Kampfpilotin Nadja Sawchenko, der vorgeworfen wird, im Juni 2014 einen Angriff auf die pro-russischen
Rebellen in der Ostukraine angeführt zu haben, bei dem zwei russische Journalisten ums Leben kamen. Sie sagt, dass sie zum Zeitpunkt des Angriffes bereits aus der Ukraine entführt worden war. Die Medien berichteten über den Fall, unter anderem die Washington Post und die Zeit.
Ukrainische Journalisten, die der Verhandlung beiwohnten, wurden, so Schreydler, in Polizeigewahrsam genommen.
"Ich habe damit gedroht - und es schließlich auch gemacht - bei einem ukrainischen Nachrichtensender live von dem Umgang mit den ukrainischen Journalisten zu berichten." Die Journalisten wurden entlassen.
Er lebe in einem Land, sagt Schreydler über Russland, in dem jeder von klein auf lerne, dass es überall nur Feinde gebe, und die Devise daher laute, nur wenn wir gefürchtet werden, werden wir auch respektiert. Gegen diese Meinung kämpft Schreydler an.