Wer heute schon nicht am Badesee liegt, sondern im Büro sitzt, kleidet sich zumindest luftig und leicht, um die Temperaturen auszuhalten? Denkste! Wie viel Haut beim Landratsamt, der Polizei und in der Bank gezeigt werden darf, wenn der Landkreis bei über 30 Grad schwitzt.
Eine handbreit über dem Knie endet der Rock. Kürzer darf nicht. Auch nicht bei Temperaturen jenseits der 30 Grad. Das lernen die Azubis der Bad Kissinger Sparkasse schon am ersten Tag. Ute Bocklet hat ein Auge darauf, dass sich alle an die Kleiderordnung halten. Sie ist Ausbilderin und lässt bei ihren Schützlingen keine Fehltritte durchgehen. "Das erwarten unsere Kunden", sagt sie.
Auch im Hochsommer ist der oberste Hemdknopf bei den Herren geschlossen.
Die Krawatte liegt nicht lockerer um den Hals als sonst, und auf das Sakko verzichtet auch niemand, der Gespräche mit Kunden führt. Die Herrenschuhe sind natürlich geschlossen und die Hosen lang. Natürlich auch bei über 30 Grad, meint Ute Bocklet. Die Sparkassen-Mitarbeiter sind nicht die einzigen, die dank einer Kleiderordnung in ihrem Beruf, etwas mehr schwitzen als der Rest der Bevölkerung.
Die Polizeibeamten sind "unabhängig von der Temperatur
an die Uniform gebunden", sagt Stefan Haschke. Käme eine Streifenbesatzung mit kurzen Hosen daher, die Bürger wären ziemlich verunsichert, meint der Dienststellenleiter der Bad Kissinger Polizeiinspektion. "Die Uniform ist Zweck der Erkennbarkeit." Deshalb werden die Beamten auch bei über 30 Grad nicht mehr Bein zeigen als sonst.
Gibt es einen offiziellen Anlass, trägt Stefan Haschke auch im Hochsommer den grünen Tuchrock samt eines langärmeligen Hemds und einer Krawatte um den Hals. Am Schreibtisch darf es etwas weniger sein. Dafür holen die Beamten im Sommer das kurze Hemd aus dem Schrank, die Krawatte bleibt drin. Dennoch, offene Schuhe und kurze Hosen bleiben ein Tabu - auch bei den neuen Uniformen, die die Polizeibeamten ab dem nächsten Jahr tragen werden.
Die Streifenbesatzungen haben einen Vorteil gegenüber ihren Kollegen im Büro: die Klimaanlage im Streifenwagen.
Auf Krawatte verzichten Im Landratsamt können die Mitarbeiter mit weniger Stoff auf die Hitze reagieren. Eine offizielle Kleiderordnung gibt es nicht. Freilich, "angemessene Kleidung" sei gewünscht, meint Pressesprecherin Melanie Hofmann.
"Man soll nicht im Bikini dasitzen, aber kurze Hosen dürfen sein." Je nach Aufgabe und Einsatzgebiet. Wer bei Familien im Landkreis unterwegs sei, zu dem passe eher Freizeitaufmachung als Anzug mit Krawatte. Auf die verzichtet auch Landrat Thomas Bold (CSU) gelegentlich, wenn es so heiß wird wie heute. Dann darf es schon mal das Kurz-Arm-Hemd sein.
"Wenn jemand zu auffällig unterwegs ist, tauschen sich die Kollegen untereinander aus", sagt Melanie Hofmann.
Von Natur aus Schwarz Er und seine Zunftkollegen tragen eine Art Arbeitskleidung, in der es im Sommer besonders warm wird. Andreas Binder ist Kaminkehrermeister und hatte während der Arbeit noch nie eine kurze Hose an. "Man wird ja schmutzig und muss sich dauernd hinknien", sagt der Schornsteinfeger.
Außerdem haben die Leute ja ein Bild eines Kaminkehrers im Kopf, meint er. Da sei an der Aufmachung wenig zu rütteln, an der Farbe schon gar nicht.
Während des Sommers trägt er statt der schweren schwarzen Jacke nur eine Weste und ein Oberteil mit kurzen Ärmeln darunter. Geschlossene Schuhe sind Pflicht, meint Andreas Binder. In der Stadt sei die Arbeit nicht ganz so schweißtreibend wie auf dem Land, erzählt er.
Dort werde meist noch "richtig gekehrt", da mehr mit Holz als Gas befeuert werde. Unter dem Dach ist es für die Kaminkehrer dann "wie Sauna". "Ich hab mich dran gewöhnt." Immerhin, im Sommer wird früher Feierabend gemacht, wenn die Temperaturen am Nachmittag weiter steigen. "Im Winter wird mehr geschürt, da muss eh mehr gearbeitet werden.
Wenn es im Sommer dann sehr warm ist, machen wir auch mal frei", sagt Andreas Binder.
Ein Segen: Klimaanlage Im Winter vorarbeiten ist bei der Sparkasse nicht drin. In die Schalterhalle der Kissinger Sparkasse dürfte es im Sommer sogar mehr Leute ziehen, denn die ist klimatisiert. Die weiblichen Angestellten haben dank Sandalette und Kleid gegenüber ihren männlichen Kollegen einen großen Vorteil, was den
Schwitz-Faktor angeht. Auch auf Strumpfhosen dürfen sie verzichten. Patrick Keller ist Auszubildender und sieht es gelassen. "Das ist eben so." Dass er auch im Hochsommer lange Hosen, Socken und geschlossene Schuhe tragen muss, macht ihm nicht viel aus. In der Filiale, in der er gerade eingesetzt ist, kann er ab und an auf Sakko und Krawatte verzichten und es gibt eine Klimaanlage.
Für alle Mitarbeiter gilt: Körperschmuck wie Tattoos oder Piercings sollte nicht sichtbar sein. Ohrringe sind den Frauen vorbehalten. Die meisten Jungs und Mädels wissen, worauf sie sich einlassen, meint Ute Bocklet. Ein Ass haben sie aber im Ärmel. Die Kunden sollten sich nicht wundern, wenn ihr Berater heute für einen Moment verschwindet. Dann steht er vermutlich unter der betriebseigenen Dusche und gönnt sich eine Erfrischung.