Drei DDR-Bürger aus drei Generationen sind für einen Kinofilm vor die Kamera geholt worden und sprechen gemeinsam über ihre Arbeit für westliche Geheimdienste. Einer von ihnen ist Norbert Grohmer aus Bad Kissingen.
Der Film ist eine absolute Premiere, der am Mittwoch, 5. Februar, um 19 Uhr, im Universum Kino Palast Bad Kissingen gezeigt wird: "Meeting of Spies - Das Treffen der Spione" ist kein Actionfilm à la James Bond, sondern Realität, ein echtes Zeitdokument. Der Regisseurin und Produzentin Anke Ertner ist es zum ersten Mal gelungen, drei DDR-Bürger aus drei Generationen vor die Kamera zu holen, die gemeinsam über ihre Arbeit für westliche Geheimdienste sprechen: Eberhard Fätkenheuer für den CIA, Raimund August als Org-V-Mann, also als Zulieferer für die "Organisation Gehlen", den Vorläufer des BND, und Norbert Grohmer für den BND.
Der Norbert Grohmer, der lange Jahre das Spielbank-Restaurant, den Klaushof geführt hat und vor Kurzem die "Eintracht" in Reiterswiesen übernommen hat!? Was konnte denn ein Wirt und gelernter Koch dem BND so Wichtiges verraten? Schließlich waren die Speisekarten auch in der DDR schon immer öffentlich. Man muss seine Biographie ein bisschen kennen, um die Frage beantworten zu können.
In Bitterfeld geboren
Norbert Grohmer wurde 1953 im Chemierevier von Bitterfeld geboren. Schon sein Vater war Gastronom, saß damals aber ein, weil er beim Volksaufstand am 17. Juni aufgefallen war. Schon für den siebenjährigen Jungen war klar, dass er Koch werden wollte; und er wurde das zielstrebig. Kam in die Küchen der gehobenen Häuser, arbeitete auch mehrere Jahre im "befreundeten" sozialistischen Ausland. Mit 22 Jahren hatte er bereits seinen Meistertitel "mit Auszeichnung", gewann Wettbewerbe. Als er sich in Weimar niederließ, hatte er sich einen Namen gemacht. Er wurde geholt, wenn in Berlin, Leipzig oder Wandlitz Staatsgäste zu verköstigen waren. Und damit war er an der Quelle aller Informationen. "Ich habe sehr viele Leute kennengelernt und sehr viele Hintergründe. Und man hat sehr viel gesehen, was andere Leute eigentlich nicht sehen."
Da hat er mitbekommen, wie sich die DDR-Oberen und ihre Gäste benommen haben: Da ging es auch um Franz-Joseph Strauß und Schalk-Golodkowski, um Honecker und den jungen Putin, den eigentlich keiner so richtig kannte", und viele andere. Vor allem in den Hinterzimmern gab es jede Menge Mauscheleinen und Absprachen in Politik und Industrie: "Da wurden Computerdaten verschoben, auch ganze Computer, wurden in andere Länder geliefert - also nicht gerade in den Westen. Es ging um Atomraketen und Truppenverlegungen und andere brisante Themen."
Irgendwann 1979 muss Norbert Grohmer der Überdruss gepackt haben, und er vollzog einen ziemlich ungewöhnlichen Schritt: "Nicht der BND ist auf mich zugekommen, um mich zu akquirieren, sondern ich auf ihn." Das geschah damals über seine Mutter, die als Rentnerin zur Verwandtschaft in den Westen reisen konnte, und nicht nur den ersten Kontakt herstellte, sondern später auch in präparierten Verstecken die Berichte über die Grenze schmuggelte. Einen Führungsoffizier hatte der kochende Spion nicht, er brauchte keinen. Denn der BND hat ihm fast nie konkrete Aufträge erteilt. Die Pullacher nahmen alles, was von ihm kam. Das klappte auch deshalb lange gut, weil Nobert Grohmer als SED-Mitglied auch in der Partei Karriere machte - allerdings im Einvernehmen mit dem BND. Da schöpft man nicht so schnell Verdacht. "Ich habe das wirklich aus Überzeugung gemacht."
Mehrfach Besuch in der Wohnung
Lange wusste Norbert Grohmer nicht, wer ihn verraten hat. Das erfuhr er erst, als er Einblick in seine Stasi-Akten bekommen hatte. Ende 1985 hatte sich Hansjoachim Tiedge, beim Kölner Verfassungsschutz ausgerechnet für die Abwehr der DDR-Spionage zuständig, in eben diese DDR abgesetzt, und hatte als Gastgeschenk auch Namenslisten dabei. Die Auswertung dauerte eine Weile, aber dann begann die Überwachung: "Die wussten alles über mich. Die müssen auch mehrfach in meiner Wohnung gewesen sein."
Am 20. September 1988 kam die eigentlich schon länger erwartete Enttarnung. Bereits ein Jahr vorher war ihm aufgefallen, dass ihm immer häufiger Autos folgten, die zufällig denselben Weg hatten wie er. Was ihn wirklich überraschte, war die Verhaftung selbst: "Das war genau wie in einem James-Bond-Film. Als ich langsam an einem haltenden Bus vorbeifuhr, kam plötzlich von vorne ein Auto und versperrte mir den Weg. Ein zweites blockierte ihn auf der linken Seite, ein drittes versperrte ihm den Rückweg." Er wurde aus seinem Wartburg gezogen, in das Auto neben ihm gestopft, und ab ging's in eine Villa außerhalb von Erfurt zum Verhör. Das war schon die Berliner Stasi - die Sache wurde hoch gehängt.