Kai Uwe Reimer tut sich den Stress - wenn möglich - nicht an. An diesem Montag hat sich der 62-Jährige aus Schleswig südlich von Flensburg seinen Platz schon gegen 16 Uhr gesucht. Da waren noch einige Parkflächen frei. "Eine Stunde später wird es aber eng", sagt er aus Erfahrung. Noch schlimmer sei es Richtung Frankfurt oder Hamburg. Da sei an Autobahnen ab 4 Uhr nachmittags alles dicht.
Der Mann aus Schleswig-Holstein arbeitet für eine deutsch-dänische Spedition. "Rhön West" hat er auf seiner Tour in die Nähe von Nürnberg angesteuert, "weil danach kein vernünftiger Parkplatz mehr kommt". Am nächsten Tag will er um 6.30 Uhr weiterfahren.
Reimer kann entspannt agieren, weil seine Spedition ihn seine Fahrten selbst planen lässt. Abfahrts- und Zielorte sind zwar vorgegeben. "Aber welche Route ich fahre und wann ich Pause mache, bestimme ich selber. Wer planen und rechnen kann, ist klar im Vorteil."
Diese Möglichkeit hätten aber viele - meist osteuropäische Kollegen - nicht, sagt der 62-Jährige. Diese würden zu weit schlechteren finanziellen Bedingungen fahren. Und sie wären doppelt so viel unterwegs. "Deutsche Fahrer sind Freitagnachmittag oder Samstagfrüh zu Hause, die anderen nicht", sagt Reimers. Insofern sei er ein schlechtes Fernfahrer-Beispiel.
Der Fernfahrer bevorzugte für Pausen und Übernachtungen Raststätten an der Autobahn. Weniger, weil man dort zur Toilette gehen, duschen und etwas essen kann. Man schläft dort ruhiger. "Je weiter weg von der Straße umso besser", sagt der Mann, der seit 18 Jahren Lkw fährt. Deswegen meide er kleine Parkplätze direkt an der Fahrbahn. Lärmschutz? Gibt es da nicht. Manchmal, wenn der Feierabend wegen einer Vollsperrung spät fällt und er keinen Parkplatz an der Strecke findet, fährt Reimer zu einem Autohof. Doch das koste pro Nacht zehn Euro. Das müsse ja nicht sein.
Corona-Krise verschärft Parkplatznot
Silvio Hiller hingegen nutzt gern den Autohof. Dort seien die sanitären Anlagen sauberer als an den Raststätten; das Duschen koste weniger.
Der 55-Jährige lenkt seit mehr als drei Jahrzehnten Lkw, fährt für die Rupbodener Spedition Kenner in Deutschland und den Nachbarländern. "Das Parkplatzproblem hierzulande wird immer schlimmer", sagt er. Die Corona-Pandemie habe es gar verstärkt. "Während der Krise war viel weniger Verkehr. Jetzt boomt der Online-Handel", sagt er. Während der Lockdowns habe man sich als Fernfahrer "wie ein Außerirdischer" gefühlt. Nichts habe offen gehabt: keine Toiletten, keine Duschen, keine Restaurants.
Die Rastanlage Rhön Ost und West sieht der Bad Brückenauer parktechnisch noch als "günstiger" an. Dort wurden die Stellflächen vor wenigen Jahren erweitert. In "Uttrichshausen" und "Riedener Wald" (auch A7) sei es viel enger und problematischer. Auch die A3 Richtung Frankfurt sei "eine Katastrophe". Und zwischen Stuttgart und Heilbronn sei schon um 15 Uhr kein Parkplatz mehr zu bekommen.
Da ist der 55-Jährige - wie Reimer - froh, nach Absprache auch auf Parkplätzen der Speditions-Kunden nächtigen zu dürfen. Industriegebiete seien hingegen immer öfter abgesperrt. Eines würde Hiller nie tun: sich in die Zufahrt einer Autobahn-Raststätte zu stellen. "Das ist Russisch-Roulette. Wenn einer da reinkracht, landest du im Knast."
Die Polizei achtet streng darauf, dass Ein- und Ausfahrten sowie Stand- und Seitenstreifen an Rastanlagen freibleiben. Das bestätigt Bernhard Meyer, Vize-Leiter der Verkehrspolizeiinspektion Werneck. Ansonsten gehe man mit Augenmaß vor. "Solange neu ankommende Lkw durchkommen, sind wir etwas kulanter." Das Thema fehlende Parkplätze werde nie vom Tisch sein.
Die Stellflächen an Autobahnen gehören ausgebaut. Da sind sich die Beteiligten einig. Allein: das dauert und kostet langen Verhandlungsatem und viel Geld.