Der "Zauber der Marimba" in Bad Kissingen

3 Min
Der "Zauber der Marimba" im Regentenbau. Thomas Ahnert
Der "Zauber der Marimba" im Regentenbau. Thomas Ahnert
Der "Zauber der Marimba" im Regentenbau. Thomas Ahnert
Der "Zauber der Marimba" im Regentenbau. Thomas Ahnert
 
Der "Zauber der Marimba" im Regentenbau. Thomas Ahnert
Der "Zauber der Marimba" im Regentenbau. Thomas Ahnert
 

Das Schlaginstrument aus Guatemala und Johann Sebastian Bach: Die Percussiongroup von Kiss-Percussiva an der städtischen Musikschule bewies, dass das geht.

"Zauber der Marimba" - da träumt man von der Südsee, von weißen, weiten, einsamen Sandstränden, vom klaren Meer bis auf den Korallengrund, von einem bequemen Liegestuhl und einem eimergroßen Cocktail mit langem Strohhalm und Papierschirmchen. Sogar auf den etwas härteren Stühlen des Rossini-Saal. Aber als der erste Ton einen aus den Träumen riss, da stand plötzlich, Schatten werfend, der köthen-anhaltische Hofkapellmeister Johann Sebastian Bach vor einem mit seinem völlig südsee-untypischen 2. Brandenburgischen Konzert - aber halt in einer Fassung für Marimbas und reichlich Percussion.

Die Überraschung war gelungen. Denn plötzlich musste man sich auch ein ganz anderes Hören einstellen. Es war nicht mehr der flexible, weiche Klang der Streicher, sondern die punktuellere Genauigkeit der Schlaginstrumente, die zum Teil für völlig andere, neue strukturelle Beleuchtungen sorgten. Und manches klang ein bisschen scheppernd und höchst lebendig zugleich, als hätte der Installationskünstler Jean Tinguély ein Orchestrion gebaut.

Natürlich spielten in dem Konzert der Gruppe "Kiss-Percussiva" Bearbeitungen von Originallieteratur eine wichtige Rolle, zum einen, weil solche Veränderungen spannend sein können, zum anderen, weil es nicht so viele geeignete Originalsätze für die aktuellen Bedürfnisse gibt. Denn es mussten 15 junge Musiker integriert werden, von denen die Jüngsten gerade über die Klangstäbe schauen konnten: von Lukas Ebel über Daniel Ellert, Linus Gessner, Simon Glaser, Jascha Heilmann-Bauer, Aurelia Jäger, Philipp Kirchner, Finn-Louis Metz, Tristan Schmitt, Linus Schneider, Charlotte Schranner, Nina Schroll, Jana Urschlechter und Alexander Vedder bis zu Lina Wiedamann.

Es war ein gut zusammengestelltes Programm, das die jungen Leute in den unterschiedlichsten Besetzungen auf die Bühne brachten und das geschickt Rücksicht auf die unterschiedlich fortgeschrittenen Ausbildungsstände nahm. Und sie nutzten die Gelegenheit, etwa mit Bach/Gounods "Ave Maria", in das das "Maria-Motiv aus Bernsteins "West Side Stroy" hineinarrangiert war. Oder mit Gerardo Maos Rodriguez" bekanntem, schön swingendem "La Cumparsita", mit dem so klangtypische mexikanischen Volks- und Liebeslied "Cielito lindo", mit Jacques Offenbachs pfiffigen Cancan oder mit der in der Marimba-Besetzung wesentlicher spannender als in der Streicherbesetzung klingenden "Pizzicato-Polka" der Gebrüder Strauß.

Philipp Kirchner holte aus Alice Gomez" "Rain Dance" erstaunliche meditative Züge heraus. Und nach dem Einstieg mit Bach war der Wiedereinstieg nach der Pause mit dem langsamen Satz aus Vivaldis "Winter" natürlich keine Überraschung mehr, aber in dem Arrangement für neun Marimbisten und Percussionisten eine spannende Sache.

Für Nina Schroll und Jascha Heilmann Bauer war das Konzert allerdings ein besonderes. Denn sie haben sich beim Regionalwettbewerb "Jugend musiziert" für die nächste Runde, den Landeswettbewerb am 15. April in Hof, qualifiziert. Sie konnten noch einmal ihre Wettbewerbsstücke unter Prüfungsbedingungen spielen: Nina Schroll mit "Hombre d"Août" von Eric Sammut und "Dama Dance" des Percussionisten Nils Rohwer, Jascha Heilmann Bauer mit dem geradezu gespenstischen Snare-Drum-Solo "Sverve" von Gene Koshinski und "Butterfly" von Nils Rohwer. Bei der Genauigkeit und Schlagdifferenzierung, die die beiden haben, können sie beruhigt nach Hof fahren.

Gegen Ende kamen sie dann doch noch hoch, die "Erinnerungen an Zirkus Renz", und da merkte man, wie sich die Zeiten geändert haben. Noch vor einigen Jahren spielte der Christian Dippl das Stück alleine mit seiner Marimba als regelmäßiges Zuckerl der Jugendmusikkorps-Konzerte. Jetzt waren es vier Marimbisten und ein Percussionist, die das virtuose Werk zur Aufführung brachten. Damit das klar ist: Sie machten das ausgezeichnet. Aber das Arrangement ist etwas unglücklich. Christian Dippl konnte noch selbst über sein Tempo und seinen Zugriff entscheiden. Aber wenn man die Musik auf fünf Leute verteilt, dann nimmt man ihr den Schwung und die Spritzigkeit, weil immer einer auf den anderen wartet, bis er ihn wirklich gehört hat.

Und trotzdem: Der zweite Takt war noch nicht verklungen, als, wie von Geisterhand gesteuert, das Publikum begann, den Rhythmus mitzuklatschen. Es muss in der menschlichen Erbmasse offenbar wirklich ein Gen geben, das nach seinem Entdecker (oder Erfinder?) Radetzky-Gen genannt wird.

Und noch eine Überraschung gab's: Marcus Ziegler war als Gast gekommen. Er hatte sich seine ersten Percussion-Sporen bei Thomas Friedrich erworben, war dann an die Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen gewechselt und steht jetzt vor seiner Aufnahmeprüfung in die Musikhochschule Würzburg. Mit seinem "Furioso Tango" von Claudio Santangelo zeigte er mit seinem ungemein virtuosen und farbenreichen Spiel, wie weit man mit kontinuierlicher Beschäftigung (=Üben) und gezielter Förderung kommen kann. Der Schluss vereinte alle noch einmal auf der Bühne bei Stefan Primatic "Samba de Verão". Und natürlich gab es eine Zugabe: einen zündenden Bossanova.