Der Sauen Herr werden: Sandro Albert war bei 250 Drückjagden dabei

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Sandro Albert hat jede kleine Bewegung im Blick. Der Forstwirtschaftsmeister war schon bei 250 bis 300 Drückjagden dabei. Fotos: Carmen Schmitt
Sandro Albert hat jede kleine Bewegung im Blick. Der Forstwirtschaftsmeister war schon bei 250 bis 300 Drückjagden dabei. Fotos: Carmen Schmitt
Auf dem kleinen Hochsitz wartet der Jäger auf Wildschweine und Rehe.
Auf dem kleinen Hochsitz wartet der Jäger auf Wildschweine und Rehe.
 
Revierleiter Hubert Steigerwald in der Mitte listet alle geschossenen Tiere auf.
Revierleiter Hubert Steigerwald in der Mitte listet alle geschossenen Tiere auf.
 
 
 
 
 
 

Sandro Albert und seine Jägerkollegen übernehmen bei der Drückjagd im Waldgebiet zwischen Garitz und Wittershausen die Rolle der natürlichen Feinde von Reh und Wildschwein.

Hundebellen schallt zwischen den Bäumen. Stille. Ein Schuss schmettert dumpf von links. Stille. Sandro Albert steht auf und reckt den Hals. Sein Gewehr ist geladen, bereit zum Abdrücken. Vier Patronen stecken im Magazin. Der 40-Jährige dreht den Kopf nach rechts, schaut links über die Schulter und geradeaus. Seine Blicke wandern, suchen nach Bewegung. Ringsherum knacken die Bäume, wenn sie der Wind sanft wippen lässt. Ein Eichelhäher schreit. Einen Gehörschutz, der den Gewehrknall dämpft, trägt Sandro Albert nicht. Ohne nehme er besser wahr, wenn etwas im Laub raschelt. "Am besten sind die Jagden bei Schnee, dann hört und sieht man besser", sagt der Forstwirtschaftsmeister in dem Drückjagdbock, einem ein Meter hohen Sitz aus Holzstreben. Sandro Albert ist einer von gut einem Dutzend Jägern, die es in einem Bad Kissinger Waldgebiet auf Rehwild und Wildschweine abgesehen haben.

Feinschmecker auf Abschussliste

Der Forstbetrieb Bad Brückenau veranstaltet die Bewegungsjagd zwischen Garitz und Wittershausen. Auf einer Fläche von 200 Hektar in "vergleichsweise kleinem Rahmen", erklärt Wolfram Zeller, Leiter des Forstbetriebs. Ziel ist es, die Zahl der Wildschweine und Rehe zu reduzieren. "Die Übervermehrung des Schwarzwildes ist der Grund für unsere Jagd", sagt Hubert Steigerwald. Der 64-Jährige ist Revierleiter im Bad Kissinger Forst und beobachtet die Zunahme der Tiere seit Jahren. Das Reh sei verantwortlich für Verbissschäden an jungen Trieben, sagt er. Diese Schäden sollen minimiert werden.

Nützlich oder schädlich?

"Für den Wald ist die Wildsau nicht unbedingt schädlich, dafür aber für die Landwirtschaft", sagt Wolfram Zeller. "Die Sau gilt ja schon fast als Schädling." Forderungen der Landwirte, das Tier etwa mit der "Pille fürs Schwein zu behandeln" kritisiert Sandro Albert scharf: "Das geht gar nicht." Er hält das Wildschwein für nützlich: "Wenn es seine Berechtigung nicht hätte, gäbe es das Tier nicht." Es lockere den Waldboden und fresse Mäuse, die ansonsten Baumwurzeln vernichten würden. Trotz allem, es sei schwer, die Zahl der Tiere in den Griff zu bekommen, meint Sandro Albert. "Es werden immer mehr geschossen, aber die Sauen werden nicht weniger." Wenn Sandro Albert und seine Jägerkollegen mit ihrer Waffe bei der Drückjagd auf Rehe und Wildschweine zielen, übernehmen sie die Aufgabe von Raubtieren. "Wir ersetzen Bär, Luchs und Wolf."

Auf der Abschussliste stehen bei der Drückjagd Keiler, Frischlinge und Überläufer, also Tiere im Teenageralter. "Bachen in führender Position dürfen nicht geschossen werden", erklärt Hubert Steigerwald. Außerdem wollen die Jäger weibliches Rehwild treffen. "Rehböcke haben keine Schusszeit mehr", sagt der 64-jährige Revierleiter.

Ein Treffer ist Glückssache

Einfach sei es nicht, ein Tier zu schießen, meint Sandro Albert, der schon bei 250 bis 300 Drückjagden dabei war. "Es muss alles passen und es gehört Glück dazu." Damit der 40-Jährige überhaupt treffen kann, muss ihm zunächst ein Tier vor das Gewehr laufen. Bei der Drückjagd helfen die beiden Treiber nach. Sie marschieren durch das Waldgebiet, spüren mit ihren Hunden das Wild auf und scheuchen es in Richtung der Jäger, die auf ihren Ständen warten.

Die Tiere seien im Vorteil: "Das Wild ist im Wald in seinem Element. Außerdem können sie uns in einer Entfernung von 300 Metern riechen", sagt Sandro Albert. Damit der Jäger es erwischt, muss das Tier im Profil vor ihm stehen, erklärt er. Dann zielt er auf das Blatt, um in die Lunge oder das Herz zu treffen und es schnell zu töten.
Der kleine Hochsitz verändert den Winkel der Kugel und sorgt dafür, dass sie früher im Boden einschlägt. Zusätzliche Sicherheit für die Jäger.

"In den letzten 20 bis 30 Jahren ist viel für die Sicherheit getan worden", sagt Sandro Albert. Unfälle gibt es aber trotzdem immer wieder. "Wenn man sich bewusst ist, was man mit seiner Waffe anrichten kann, darf eigentlich nichts passieren." Auch die orangefarbene Kleidung, die er trägt ist inzwischen Pflicht geworden. 150 Meter von Sandro Albert entfernt sitzt sein Nachbar auf dem nächsten Schützenstand. Ohne die leuchtende Jacke wäre der für den Forstwirtschaftsmeister unsichtbar.

"Man darf nie den Überblick verlieren. Bei der Jagd bewegt man sich in der Öffentlichkeit. Gerade da muss man aufpassen. Es kann immer jemand vorbeilaufen. Das wichtigste ist der sachgerechte Umgang mit der Waffe." Darauf legt auch Wolfram Zeller großen Wert. "Jeder Schütze ist für seinen Schuss selbst verantwortlich. Wir müssen jederzeit mit Waldbesuchern rechnen", mahnt der Forstbetriebsleiter die Jäger, bevor er sie mit dem Gruß "Waidmannsheil" zur Drückjagd schickt.

Sandro Albert betreibt die Jagd seit 21 Jahren in erster Linie als Hobby. "Ich kann auf dem Hochsitz gut abschalten." Für ihn ist der Einsatz im Wald beruhigend und entspannend. Der 40-Jährige stammt aus Zeitlofs und wohnt seit drei Jahren im hessischen Marjoß. Er kann mit seinem Gewehr auf 100 bis 250 Meter zielen. Dass er heute nicht unter den Schützen der neun Wildschweine und zwei Rehe ist, macht ihm nichts aus. "Man muss nicht immer schießen. Das Wild hat seine