Er ist Platz zum Spielen, zur Erfrischung, zum Ausruhen und auch wohltuend fürs Auge. Offiziell heißt er Rechbach. Aber die Hammelburger nennen ihn nur "'s Bächflüssle" oder "die Bäch".
Für die Hammelburger gehört der rund viereinhalb Kilometer lange Bach, der durch das Seeshofer Tal über die Fränkische Saale in "Main und Meer" fließt zum Alltag. Damit jetzt alle mehr über ihn erfahren, hat er sich eine Autorin genommen. Sie wohnt seit Jahren neben ihm, ohne ihn groß zu beachten. Doch dann hat sie die aktuelle Landesausstellung "Main und Meer" in Schweinfurt besucht und war sehr angetan. Danach hat sie dem Bach vor ihrer Haustür zum ersten Mal richtig zugehört.
Dabei erfrischt er sie seit Jahren, wenn sie etwas ausgelaugt vom Tagespensum in seine Flussvorstellung schaut. Er gurgelt und rauscht - je nach Wasserstand mal mehr, mal weniger. Vertrocknet ist er jedoch noch nie. Im Sommer spielen gerne Kinder in ihm. Die Größeren bauen Staustufen oder setzen selbst gebastelte Bötchen auf die kleinen, sprudelnden Wellen und springen hinterher. Die Kleineren lassen Steine hineinplumpsen, unermüdlich, einen nach dem anderen und freuen sich an jedem Platsch-Geräusch.
Segen und Fluch Froh sind auch die Gartenbesitzer der kleinen Schrebergartenkolonie am Kohlbrunnen über den Bach. Wenn sie Gießkanne um Gießkanne daraus schöpfen, kommen sie immer ins Gespräch miteinander oder tauschen Pflanzen oder Gartentipps aus. Wie Angelina Schilling oder ihre Gartennachbarin, Marianne Pump.
Ein wenig geärgert haben sich die Betreiber der kleinen Gartenkolonie in den letzten Jahren auch über ihr Bächle, denn es konnte nicht richtig abfließen. Zu viel Regen, zu viel Wasser, die durch zu kleine Verrohrungen in die Saale geleitet werden. Da ist es über die Ufer getreten, hat die Straße ausgespült und die Gärten ein wenig geflutet.
Der Bach kennt viele Geschichten, von denen dieser Artikel einige ans Licht bringen soll. Auf der Suche nach dem Ursprung des Bachs landet man im Aussiedlerhof von Gerhard Fella. Er hat den Bauernhof von seinem Vater Peter übernommen. Als Kind zog es ihn regelmäßig ans Bachufer. Inzwischen ist Fella auch Feldgeschworener und kennt die Gegend bestens.
Nach 100 Tagen ist er voll Er weiß, dass sich der Rechbach aus vielen kleinen Quellen hinter Seeshof speist und beobachtet ihn seit Jahren ganz genau: "Wenn es im Herbst im Thulbatal tagelang stark regnet, dann läuft 's Bächflüssle genau nach 100 Tagen richtig voll." Denn der Regen kann im Thulbatal schlecht versickern und läuft dann über Buntsandsteinplatten ins Seeshofer Tal. Jetzt wissen auch die Jogger, warum sie sich auf dem schönen Wiesenweg im Frühjahr nasse Füße holen.
Apropos Teichanlage Seeshof: Der Angelsportverein, der heuer 50-jähriges Bestehen feierte, hat den Fischteich erst 1980 angelegt. Dank ihm gibt es jetzt auch Karpfen, Schleien und Zander im Bächle, das vorne rein und unten wieder rausfließt. Als sie den Teich gebaut haben, wurde der Bach begradigt und in ein Rohr gezwängt. Da hat die Hammelburgerin Christine Reimann ganz schön geweint.
Sie kennt den Bach schon seit Kindertagen und hat auch heute noch mit ihm zu tun. In der Stadtbibliothek, wo sie arbeitet, gibt es nämlich ein Buch, in dem es heißt: "Heinrich Ullrich hat 1936 die Bäch gezeichnet und als Rechbach bezeichnet." Als kleines Mädchen hat Christine Reimann mit ihrer Familie oft einen Ausflug zum Bach gemacht. Sie mochte immer so gerne die schattigen, dunklen und erfrischenden Stellen, freute sich an den satten Butterblumengefilden und wusste genau, wo die Wald- und Feldarbeiter ihre Mostflaschen kühlten.
Schön ist auch die Geschichte von Heinz und Fritz. Heinz Leurer ist seit seiner Verrentung ein Vollblutbauer. Seinen Gerätehof hat er am Ufer des Bachs, in Sichtweite der Scheune der tüchtigen Budewitz-Mädchen, die Oldtimer-Traktoren reparieren. Und der kleine Fritz vom Bachweinberg und der Heinz mit dem Traktor sind seelenverwandt. Der zehnjährige Bub ist ein Naturkind und liebt es, mit dem Heinz auf dem Traktor über Land zu fahren oder Felder zu bewirtschaften. Die beiden sind ziemlich gute Freunde. Deshalb hat der Fritz den Heinz auch zu seiner Kommunionfeier eingeladen.
Mitmachaktionen für Kinder Die Landesausstellung "Main und Meer" in Schweinfurt ist auch etwas für Fritz und seine Eltern. Kinder können dort spielen. Es gibt ein Mitmachheft und viele interaktive Posten, wie beispielsweise die Mechanik eines Brandtauchers, dem Vorläufer von modernen Unterwasserfahrzeugen, bei der jeder selbst Hand anlegen darf.