Der Nikolaus braucht keine Rute

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Unter dem dichten weißen Bart versteckt sich Andreas Ringleb. Zusammen mit sieben anderen Nikoläusen besucht er Familien rund um Bad Kissingen. Fotos: Carmen Schmitt
Unter dem dichten weißen Bart versteckt sich Andreas Ringleb. Zusammen mit sieben anderen Nikoläusen besucht er Familien rund um Bad Kissingen. Fotos: Carmen Schmitt
 
Bis ins Detail ist der Nikolaus ausgestattet. Auch der Bischofsring steckt am Finger von Andreas Ringleb.
Bis ins Detail ist der Nikolaus ausgestattet. Auch der Bischofsring steckt am Finger von Andreas Ringleb.
 

Andreas Ringleb ist als Sankt-Nikolaus in und um Bad Kissingen unterwegs und sorgt für große Kinderaugen. Familien konnten seinen Auftritt im Kissinger Kontaktpunkt bestellen. Claudia Nieland leitet das Projekt und verrät, warum ein Nikolaus immer eine Taschenlampe dabei haben sollte.

Andreas Ringleb greift in die weißen Handschuhe. Über seinen rechten Ringfinger streift der 34-Jährige den Bischofsring mit dem blauen Stein. Das letzte Detail seiner Kostümierung. Um seine Schultern liegt ein roter Umhang aus Samt mit einem goldenen Rand. Bischofsstab, Leinensack und goldenes Buch, für seinen Einsatz darf nichts fehlen. Für einen Abend im Jahr wird aus Andreas Ringleb der Heilige Nikolaus.

Zum zweiten Mal schlüpft er in die Rolle des Bischofs. Schon im vergangenen Jahr zog er in Gestalt des Nikolaus von Haus zu Haus und besuchte Familien. Der Inhalt seines Sackes soll dabei nicht die Hauptrolle spielen, meint er. "Ich will nicht nur hinkommen und die Geschenke abliefern." Vielmehr komme es ihm darauf an, "auf die Kinder altersgemäß einzugehen".

Hintergrund abfragen

Im normalen Alltag unterrichtet der Theologe an zwei Realschulen Religion. "Ich weiß, wie ich mit Kindern umgehen kann", sagt er. Die älteren lockt er gerne aus der Reserve. Er kennt den Lehrplan und macht aus dem Nikolaus-Besuch auch einmal ein Quiz zum Hintergrundwissen über den Bischof St. Nikolaus. Dann fragt er nach der Mitra, so heißt die Kopfbedeckung. Was hat es mit dem Brustkreuz auf sich und für was hat er seinen Hirtenstab dabei?

Während des Einsatzes sei es allerdings gar nicht so einfach, alle Teile beisammenzuhalten, die er dabei hat. "Mit Stab, Sack und Buch ist das Handling nicht einfach", sagt Andreas Ringleb und lächelt. Um eine Hand für das Buch frei zu haben, überlässt er den Stab bei seinem Auftritt manchmal einem älteren Kind und sorgt so für noch größere Augen.

Das Jahr über lagern die Requisiten und die Kostüme auf dem Dachboden von Claudia Nieland. Sie organisiert die Nikolaus-Aktion des Kissinger Kontaktpunktes. Vor fünf Jahren hat sie damit angefangen. "Seitdem ist viel los in der ersten Dezemberwoche", sagt sie und lacht. Von Anfang an war ihr wichtig, dass sich die Aktion "vom Konsum" abhebt. "Nikolaus statt Weihnachtsmann" ist ihre Devise. Es sei wichtig, zwischen Tradition und Werbung zu unterscheiden: "Die Gewänder stehen für die Werte des Heiligen Nikolaus."

Es mangelt an Freiwilligen

Eltern, die einen Nikolaus zu sich nach Hause einladen wollen, melden sich bei Claudia Nieland im Kontaktpunkt. Heuer hat Andreas Ringleb sieben Kollegen, die am 5. und am 6. Dezember in und um Bad Kissingen unterwegs sind. "Jeder besucht drei bis vier Familien", sagt sie. Doch es sei gar nicht so einfach, jedes Jahr genügend Männer zu finden, die sich für ihren Nikolaus-Einsatz ein paar Stunden Zeit nehmen. "Ich dachte nicht, dass das so schwierig wird." Viele seien im Beruf immer mehr eingespannt, meint Claudia Nieland. Wenn sie im Oktober mit ihrer Anfrage beginnt, muss sie oft zum Telefonhörer greifen, bis sich ihre Liste füllt. Dabei seien die Anforderungen gar nicht so hoch: "Ein Nikolaus muss nett sein und Kinder mögen. Außerdem muss er sich den Auftritt selbst zutrauen." Die Männer sind ehrenamtlich als Nikoläuse unterwegs. Was die Familien spenden, sammelt Claudia Nieland und schickt es an eine Würzburger Stiftung, die in Not geratenen Familien hilft. "Ganz im traditionellen Sinn von Nikolaus."

Für die Männer im Gewand hält sie eine Checkliste bereit, damit sie für ihren Einsatz nichts vergessen. Was wäre ein Nikolaus ohne Bart? Auf der Liste stehen auch Nüsse und Mandarinen. Die sind als Vorrat im Sack, damit der Nikolaus nicht mit leeren Händen dasteht, wenn er unterwegs Kindern begegnet.
Ganz kann auch der Nikolaus nicht auf Technik verzichten: "Er sollte immer eine Taschenlampe im Gepäck haben", erklärt Claudia Nieland. Denn wenn die Eltern die Geschenke um die Hausecke stellen, ist es dort meist dunkel.

Bilder und Lieder als Dankeschön

Ein paar Tage vor seinem Besuch bespricht sich Andreas Ringleb mit den Eltern der Kinder. "Es gibt keine Rute oder so etwas. Ich weise aber freundlich auf Entwicklungspotenzial hin", sagt er und schmunzelt. Die Reaktionen seiner kleinen Gastgeber seien bisher ganz unterschiedlich ausgefallen. "Das ist altersabhängig. Die Jüngeren sind eher schüchtern und verstecken sich manchmal hinter Mama, aber es freuen sich alle." Besonders verwundert seien vor allem die Jugendlichen, wenn der Nikolaus über so Manches Bescheid weiß, erzählt Andreas Ringleb.

Einige Kinder können es gar nicht abwarten, bis sie ihm ihre selbstgemalten Bilder überreichen oder die einstudierten Weihnachtslieder vorsingen. Auch Andreas Ringleb geht nach seinem Nikolaus-Einsatz glücklich nach Hause. "Es ist zwar kein großes Sozialprojekt, aber man macht den Menschen eine kleine Freude."