Wie damit umgehen?
Diskussion um das Zeitgeschehen gibt es in den drei befragten Seniorenheimen in der Zeitungsrunde. Hier lesen die Betreuungskräfte Artikel vor oder reißen sie an. Im St. Gertrudis lesen sie eher die fröhlichen Texte, sprechen über die positiven Geschichten.
Ähnlich ist das Vorgehen im Hammelburger Heim: Berichte über den Krieg lassen sie weg, schalten auch den Fernseher lieber nicht an. "Wir sprechen es nicht extra an, wir haben uns vorgenommen, das einfach auszulassen", sagt Schmidbauer. Vor allem im Zusammenhang mit Demenz sei nie abzusehen, wie die Menschen darauf reagieren.
Manche würden sich aber von sich aus informieren und dann darüber sprechen. Wenn er Redebedarf wahrnimmt, hört Schmidbauer natürlich zu.
"Die Leute möchten informiert werden"
Im Münnerstädter Seniorenheim bemerkt Gabriele Eck das Interesse an diesem Thema, Artikel zum Krieg würden besprochen: "Die Leute möchten informiert werden. Wenn man die Senioren gut kennt, kann man schon abschätzen, was man vorlesen kann."
Die meisten holten sich ihre Infos sowieso selbst aus den Medien. "Wir holen die Bewohner da ab, wo sie sind. Wenn es Redebedarf gibt, lasse ich sie reden." Auch gemeinsame Gebete seien eine Art des Umgangs.
Eck merkt, wie die Erlebnisse von damals wieder aufkommen: "Wir sind ja eine größere Gruppe in der Zeitungsrunde, dann erzählen verschiedene Leute etwas. Der eine hat mehr erlebt, der andere weniger, sie reden von Bombenabwurf, wie sie im Keller ausharrten, die Fenster zum Schutz abgehängt haben. Oder sie erinnern sich an die Lebensmittelmarken, an die Verwandtschaft, die aus den Städten kamen, von gefallenen Brüdern, Vätern oder gar Ehemännern."
Parallelen zeigen sich
Sie würden die Parallelen zur jetzigen Situation erkennen. Es heißt, es war doch schon Krieg, es war doch so schlimm. Die Menschen könnten doch klüger werden. Auch Jürgen Schmidbauer hört von diesen Erlebnissen: "Ich bin selbst auch erschrocken, was die Menschen alles erlebt hatten", sagt er. Auch von Vergewaltigungen sei ihm berichtet worden.
Dass die Bewohnerinnen und Bewohner durch die Situation stark verängstigt seien, nimmt er jedoch nicht wahr. "Da sind es eher wir, die sich fürchten", bemerkt er. Falls sich da etwas zeigen sollte, würden er und sein Team das natürlich aufgreifen. Noch seien die Seniorinnen und Senioren auch noch nicht direkt vom Geschehen betroffen. Das könne sich ändern, wenn beispielsweise die Lebensmittel knapper werden.