Den Bad Kissinger Heilwassern auf der Spur

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Der Gradierbau an der Unteren Saline diente einst zur Salzgewinnung. Jedoch wurde hier in unmittelbarere Nähe auch gebadet und flaniert, weiß Gästeführer Josef Kiesel zu berichten. Hier steht er an einer Versteinerung, die aus dem Gradierbau stammt. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Der Gradierbau an der Unteren Saline diente einst zur Salzgewinnung. Jedoch wurde hier in unmittelbarere Nähe auch gebadet und flaniert, weiß Gästeführer Josef Kiesel zu berichten. Hier steht er an einer Versteinerung, die aus dem Gradierbau stammt. Foto: Kathrin Kupka-Hahn

Bei einer neuen Führung erklärt Josef Kiesel, wie sich das einstige Provinzstädtchen zum mondänen Weltbad entwickelte.

Die Wettervorhersage verheißt nichts Gutes. Regen ist gemeldet. Doch Gästeführer Josef Kiesel von der Staatsbad GmbH zeigt sich zuversichtlich. Es bleibt trocken, lautet seine persönliche Vorhersage am vereinbarten Treffpunkt König-Ludwig I.-Denkmal im Kurgarten. Und er sollte Recht behalten. Kein einziger Tropfen Regen fällt während der nächsten dreieinhalb Stunden zwischen Arkadenbau und Unterer Saline.

Josef Kiesel ist mit der Geschichte Kissingens bestens vertraut, berichtet gleich zu Beginn seiner Führung vom ersten Kurgast. Das war ein gewisser Herr Von-Thüngen, der bereits im 16. Jahrhundert vom Sauerbrunnen kostete und dessen Wirkung zu schätzten wusste. Kiesel zieht einen kleinen Becher heraus und lässt kosten. Während der Sauerbrunnen bei den Leuten in der Regel recht gut ankommt, sind Luitpoldsprudel, Pandur und Rackoczy eher gewöhnungsbedürftig.


Überraschende Zusatzinfos

Mineralisch gestärkt geht es weiter, am Rosengarten vorbei, über den Hochwasserdamm hinunter Richtung Untere Saline und Gradierbau. Auf dem Weg passiert man unter anderem das Winterquartier des "Dampferles", wo die beiden historischen Boote Saline und Kissingen soeben für die nächste Saison flottgemacht werden. Diese Tatsache ist den meisten Einheimschen zwar nicht neu. Doch Josef Kiesel versteht es, zu überraschen und berichtet beispielsweise vom ehemaligen Café Neptun, das früher während der Sommermonate in dem Winterquartier eingerichtet wurde.
Kurze Zeit später spielen das Dampferle und auch der ehemalige Reichskanzler Otto von Bismarck große Rollen in seinen Erzählungen. Denn nach gut einer Stunde gemütlichen Fußmarsches gelangt man zur Unteren Saline.


Erinnerungen an die Kindheit

Für den Gästeführer ist diese Ecke Kissingens mindestens genauso wichtig wie das Zentrum. Schließlich befand sich hier am Runden Brunnen einst ein eigenes kleines Zentrum - mit nicht enden wollenden Gradierbauten, einem einzigartigen Pumpwerk, dem beliebten Salinenbad und einem gemütlichen Caféhaus. "Als Kind bin ich noch in dieses eingekehrt, habe immer gelbe Limo und Himbeerbonbons gekauft", erzählt er.
Auch den Gradierbau, ein Rudiment dessen, was es früher einmal gegeben haben soll, verbindet der Reiterswiesener mit persönlichen Erinnerungen. Schließlich hatte sein Großvater hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Gradierer gearbeitet, was Kiesel mit alten Fotografien belegen kann. Überhaupt hat er zahlreiche zeitgeschichtliche Dokumente dabei, in einer großen Mappe, wetterfest laminiert. Und ein enormes Wissen.
So beschreibt der Gästeführer sehr anschaulich, wie das Pumpwerk funktionierte, die Kurgäste den Tag zwischen Salinenbad und Café verbrachten und wie das Gradieren ablief, das Konzentrieren des Salzwassers. Seine lebhaften Erzählungen lassen die alte Zeit lebendig werden. Man fühlt sich einhundert Jahre zurückversetzt, als Kiesel die alte Salzsiede zeigt, die noch erhalten ist.
Auf dem Rückweg ins Zentrum bleibt etwas Zeit zum persönlichen Austausch. In den Kuranlagen beeindruckt dann die schlichte Pracht der Arkaden und der Wandelhalle. Auch hier kann Kiesel lebendig erzählen, denn seine Eltern waren Angehörige des einstigen Kurbetriebes: Die Mutter arbeitete hier als Brunnenmädchen, der Vater war Gärtner. Entsprechend unterhaltsam schildert Josef Kiesel das Werden des Kurbades, dem späteren Weltbad, in dem Kaiser und Könige Heilung und Entspannung suchten.
Zum Abschluss bekommet der Teilnehmer noch ein kulinarisches Schmankerl überreicht - eine Heilwasserpraline, die die Form eines Tropfens hat und noch lange auf der Zunge nachschmeckt.

Turnus Die neue Stadtführung "Erlebnis Heilwasser im Wandel der Zeit" findet ab Samstag, 23. April, zwei Mal monatlich statt. Beginn ist jeweils um 13.30 Uhr. Außer von Josef Kiesel werden die Teilnehmer von weiteren Gästeführern begleitet.