Aus ganz Bayern kamen Bürgermeisterinnen nach Bad Brückenau, um über Themen zu sprechen, die vor allem Frauen in der Kommunalpolitik betreffen.
Ausnahmslos Frauen strömen aus der Georgi-Kurhalle heraus. Alleine dieser Umstand ist auffällig. Doch dass all diese Frauen eine besondere Position - nämlich ein Bürgermeisteramt - innehaben, ist außergewöhnlich. Zumindest für ländliche Kommunen. Sie sind auf dem Weg zu einem Stadtspaziergang mit Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU). Zusammengekommen sind die zehn Vertreterinnen der bayerischen Bürgermeisterinnen in Bad Brückenau, um über Themen zu diskutieren, die vor allem Frauen in führenden Positionen zu spüren bekommen.
"Die körperliche und psychische Gesundheit ist ein wichtiger Aspekt davon", erklärt Christine Borst, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft "Frauen führen Kommunen". Denn Frauen seien nach wie vor einer Doppelbelastung ausgesetzt, ergänzen ihre Kolleginnen. Und Fragen wie "Und was sagt dein Mann dazu?" kennen viele der Anwesenden nach wie vor.
Seit Mai 2015 existiert das Gesetzt über Frauenquoten in Führungsgremien. Dadurch soll der Frauenanteil in Entscheidungspositionen erhöht werden. Bezogen auf die große Politik ist dies schon längst angekommen. Im Bundestag und im Bayerischen Landtag liegt der Frauenanteil bei rund einem Drittel.
Problematisch auf dem Land
Die Stadtstaaten wie Hamburg und Bremen stellen sich hierbei in den Parlamenten traditionell besser auf. Städte wie Berlin und Frankfurt, also Städte mit einem sehr urbanen Umfeld, haben teilweise Frauenquoten von 40 Prozent. Doch der Frauenanteil auf kommunaler Ebene liegt gerade mal bei acht Prozent. "Je kleiner die Kommune und je ländlicher das Umfeld, desto weniger Frauen haben wir", meint Dr. Helga Lukoschat, Frauenforscherin und Vorstandsmitglied eines Karriereunternehmens für Frauen.
Doch wozu braucht es eine Arbeitsgemeinschaft speziell für Frauen in der kommunalen Politik? "Wir haben zwei wichtige Ziele", erklärt Borst. "Zum einen die Vernetzung, denn Männer sind in der Politik viel mehr vernetzt als Frauen, und zum Zweiten braucht es eine gezielte Nachwuchsförderung, um Frauen im Selbstbewusstsein zu stärken, diese Ämter anzugehen." Leider sei es heute noch immer so, dass die Frau die Kinderbetreuung und den Haushalt übernehme, bestätigen viele der Bürgermeisterinnen. Und das führe dazu, dass viel mehr abgewogen wird als bei den Männern.
Anderer Führungsstil
Die AG wurde im letzten Jahr auf Initiative von Christine Borst zusammen mit dem Bayerischen Gemeindetag gegründet, nachdem die amtierende Kraillinger Bürgermeisterin ein großes Defizit bei der Frauenquote in kommunalen Positionen feststellen musste. "Es kann nicht sein, dass wir über 50 Prozent Wählerinnen haben und in den Gemeinderäten mit unter acht Prozent repräsentiert sind. Das ist ein riesen Ungleichgewicht", moniert sie. Nach den Vorteilen einer Frau im Bürgermeisteramt gefragt, sprechen viele die gleichen Aspekte an: "Frauen haben einen anderen Führungsstil; die Bastapolitik der Männer funktioniert heute nicht mehr. Es werden andere Qualitäten gebraucht wie mediatorisches Geschick und der Wille, Kompromisse einzugehen." Das seien eher weibliche Eigenschaften und sie würden immer wichtiger in der Politik, meint Borst und wird durch ihre Kolleginnen bestätigt.
Und außerdem hätten Frauen durch die eigene Familie oft eine persönlichere Verbundenheit zur Gemeinde. Kindergärten, Schulen, Betreuung von Senioren seien oft Stationen in ihrem persönlichen Leben.
Diese Verbundenheit war für einige Bürgermeisterinnen der Anlass, für das Amt zu kandidieren. Viele Frauen schrecke der hohe Arbeitsaufwand von 50 bis 60 Stunden in der Woche ab. Aber auch das seien Themen, die neu überdacht werden müssten, wenn mehr Frauen in Führungspositionen kommen sollen, meint Borst.
Weitere Schritte geplant
Die AG hat im Rahmen des Bayerischen Gemeindetags in diesen Tagen viele weitere Schritte geplant, unter anderem eine Gesundheitswoche für Bürgermeisterinnen und eine Großveranstaltung im Herbst für alle bayerischen Kolleginnen. Sie sorgen dafür, dass das Thema in der Bevölkerung präsenter wird und gleichzeitig auch die Rollenverständnisse neu überdacht werden müssen.