Insgesamt hat der "Mottener" immerhin 517 Meter an Höhendifferenz aufzuweisen.
"Berühmter Wanderer mit fünf Buchstaben?" Kreuzworträtsel-Freunde wissen Bescheid: Seume, Johann Gottfried (1763 bis 1810)! Nur wenige kennen ihn noch, aber sein Reisebericht "Spaziergang nach Syrakus" ist legendär. 1801/02 stiefelte er von Sachsen bis nach Sizilien - und mit einem kleinen Abstecher über Paris zurück. Die Rhön hat er zum Ende seiner 7000-Kilometer-Tour im Nordwesten immerhin gestreift.
Seume war Hardcore-Fußgänger, sein Motto: "Wer geht, sieht mehr als wer fährt." Aber wer heute aus Frankfurt zum Wandern in die Rhön kommt, tut dies meistens mit dem Auto. So auch Bernd Hahn, der sich im Internet über Rundstrecken in der Gegend informiert hat und auf die "Extratour Der Mottener" gestoßen ist. "Ich bin oft in Spessart und Rhön unterwegs, seit ich im Ruhestand bin, habe ich dafür mehr Zeit", sagt der ehemalige Banker, "heute bin ich mal ein bisschen weiter gefahren."
Ein idealer Startpunkt für den "Mottener" ist der Parkplatz auf der Anhöhe zwischen Kothen und Motten. Hier an der Wasserscheide, die die Bach- und Flusssysteme zwischen Rhein und Weser trennt, kann man sich einen guten Überblick über die weitere Tour verschaffen und geht dann den "M"-Logos folgend am Waldrand hinab in Richtung Biber-Biotop, ein Ort, an dem sich die Tiere offensichtlich recht wohlfühlen und Bachlauf und Auen intensiv nach ihren Vorstellungen umbauen. Nun folgt die erste Steigung auf dem insgesamt gut 16 Kilometer langen Weg hinauf zum Pilsterstein. Wer schwindelfrei ist und gutes Schuhwerk trägt, der sollte die Spitzen der schroff-markanten Basalit-Felsen auf jeden Fall erklimmen. Für Geologie-Interessierte gibt es eine Info-Tafel aus jüngerer Zeit, die die vulkanische Entstehung des Pilsters beschreibt.
Auch wenn es sich am Pilsterstein gut rasten lässt, der größte Teil der "M-Tour" steht noch bevor, und die zieht sich durch den Wald zum Teil auf Schotterwegen bis nach Speicherz schon ein wenig hin. Beeindruckend ist auf diesem Abschnitt der Blick hinüber zur noch ziemlich weit entfernten Mottener Haube. Kurz vor Speicherz hört und sieht man die Autobahn A 7, aber bevor die Geräusche zu nerven anfangen, wendet sich der Weg hinab in den Ort und von da hin zum Flusslehrpfad an der Kleinen Sinn. Die A 7 ist schon wieder ein ganzes Stück weg. Wer sich für Fließgewässer, Auen und die dortigen Lebewesen interessiert, der wird beim Studium der Infotafeln viel Wissenswertes erfahren.
Am Eisenhammer kreuzt der Weg die Straße, und nun gewinnt die Tour langsam aber sicher an Höhe. Insgesamt hat der "Mottener" immerhin 517 Meter an Höhendifferenz aufzuweisen. Zum Glück hält sich der Schweiß-Ausstoß beim Anstieg im schattigen Wald in Grenzen.
Die Route führt nun in der Höhe auf weich-federndem Untergrund fast geradeaus durch ein altes Grenzgebiet. Mächtige Grenzsteine aus dem Jahr 1729 deuten den heutigen Grenzverlauf zwischen Bayern und Hessen an. Die Strecke wäre eigentlich ideal begehbar, gäbe es da nicht etliche erst in jüngster Zeit gestürzte Baumriesen, die den Weg an einigen Stellen gefährlich machen. Der Wanderer wird gezwungen "sich in die Büsche zu schlagen" - eine Formulierung, die übrigens auf Seume zurückgeht. Nach kleinen Klettereien über Stämme und Wurzelwerk ist das Tagesziel erreicht: der 24-Meter-Aussichtsturm auf dem 658 Meter hohen bewaldeten Gipfel der Mottener Haube. Die beeindruckende Metallkonstruktion ragt weit über die Baumwipfel hinaus und ermöglicht auf ihrer oberen Plattform an klaren Tagen den Blick bis ins hessische Kegelspiel, den Vogelsberg und sogar bis in den Taunus und den Knüll südlich von Kassel. Bei Wind schwingt der Hauben-Turm ein wenig mit, aber keine Angst: die Konstruktion ist bombenfest.
Nach dem Abstieg vom Aussichtsturm führt die weitere Route über steile knorrige Pfade den zunächst noch bewaldeten Hang hinab in Richtung Haubenhof und krümmt sich dann erstaunlich schnell dem Ausgangspunkt der Tour entgegen. Von hier aus ist es nicht weit nach Motten, Kothen oder Speicherz, wo man gut einkehren kann. Für Wanderer Bernd Hahn hat sich die Fünf-Stunden-Tour gelohnt: "Ein toller Wanderweg."