Ihre Schwester habe sie gefragt: "Ich habe noch die Polizeiuniform. Wenn sie kommen und uns kontrollieren, was soll ich tun?" Sie habe auch viele Papiere, die ihre Polizei-Ausbildung beweisen. Sie könne zwar alles verbrennen, aber das würde das Problem nicht lösen: Die Taliban könnten einfach am Laptop nachsehen.
Tränenreiche Telefonate
Sie sieht ihre Familie oft im Videochat: "Immer wenn ich anrufe, merke ich, dass meine Schwester sehr angespannt ist. Sie ist jetzt schwanger und ist einfach sehr belastet. Sie weint oft. Ich schaue sie nur an und muss dann auch weinen", berichtet Rahimi.
Zu all dem komme, dass das Geld knapp werde, weil die Schwester nicht arbeiten kann. Und alle Lebensmittel in Afghanistan würden teurer werden.
"Nur noch die kleinen Leute" da
"Ich fragte meine Schwester, ob sie ihren Chef anrufen kann, vielleicht kann er etwas tun", sagt Rahimi. Doch der habe schon das Land verlassen. Viele seien seit August geflüchtet: "Nun sind nur noch die kleinen Leute in Afghanistan, die kein Geld oder keine Arbeit haben. Aber die Doktoren, Ingenieure, Journalisten sind alle weg."
In der Nachbarschaft der Familie lebt eine weitere Schwester Rahimis, die früher bei den deutschen Truppen in Masar-e Sharif arbeitete. Auch sie traut sich kaum aus dem Haus, hat Angst, kontrolliert zu werden, denn ihr Name könnte auf Listen der Taliban auftauchen.
Keine Lehrerinnen - keine Schule
Ihre beiden Söhne gingen seit der Übernahme der Taliban nicht zur Schule, erzählt Rahimi. Schulverbot haben offiziell Mädchen ab zwölf Jahren. Doch nachdem Frauen nicht arbeiten gehen dürfen und die meisten Lehrkräfte weiblich sind, sei es schwierig, die Kinder zu unterrichten.
Hilfe ist schwierig
Rahimi hat in Deutschland verschiedene Stellen angefragt, ob sie ihrer Familie helfen könnte. "Eine sagte, wir können nichts tun. Die anderen haben nicht geantwortet", sagt sie.
Aus dem Auswärtigen Amt heißt es: "Ortskräfte, die ab 2013 für die Bundesregierung in Afghanistan tätig waren, können sich betreffend die Prüfung einer Aufnahme an ihren ehemaligen Arbeitgeber wenden."
Die Liste der "besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen", über die Rahimis Schwester bei der Polizei hätte aufgenommen werden können, wurde zum 31. August 2021 geschlossen.
Lage von Kabul