Wenn die Erinnerung verschwimmt

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Immer mehr verblassen die Erinnerungen bei den Demenzkranken. Foto: Ulrike Müller
Immer mehr verblassen die Erinnerungen bei den Demenzkranken. Foto: Ulrike Müller

Bis 2030 sollen sich die Demenzfälle in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld verdoppeln. Zurzeit gibt es 3000 Erkrankungen in diesem Gebiet. Pflegemanagerin Sonja Scholz gibt Tipps für Angehörige.

"Mein Angehöriger hat Demenz - wie gehe ich damit um?" - diese Frage behandelte die Münnerstädter Pflegemanagerin Sonja Scholz bei einem Infoabend im Seniorenheim Waldenfels. In den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld gebe es insgesamt etwa 3000 Fälle. Bis zum Jahr 2030 rechne man mit einer Verdopplung, bestätigt Scholz.

Die demografische Bevölkerungsentwicklung, jener auf dem Kopf stehende Tannenbaum, beschert Jahr für Jahr immer mehr Senioren. Gleichzeitig verlängert sich stetig das zu erwartende Höchstalter der Greise. Schön, wenn man noch fit in diesem Alter ist. Allerdings ist in zunehmendem Maß auch mit Pflegefällen zu rechnen.
Harald Juhnke, Inge Meysel, Gunther Sachs: Es kann auch Prominente treffen. Die Gehirnerkrankung Demenz macht vor keinem Menschen halt, der die entsprechende genetische Veranlagung mitbringt.

Der Krankheitsverlauf sei schleichend, erklärt die Pflegemanagerin. "Oft fängt es mit Vergesslichkeit an", so Scholz. Wenn die passende Wortfindung nicht gelinge, dann seien bei den Erkrankten Füllwörter und Ersatzwörter angesagt. Manchmal werde ein Gedanke auch auf einem Merkzettel notiert und dann doch vergessen. Die Umstehenden fänden das anfangs noch ganz lustig, wenn Oma die Namen, Zeitangaben oder Ortsbezeichnungen nicht mehr einfallen. Doch irgendwann diagnostiziert der Hausarzt, dass eine ernsthafte Demenzerkrankung vorliege.

"Drei Phasen stellen die medizinischen Fachleute fest", erklärt Scholz: die leichte Demenz mit geschädigtem Kurzzeitgedächtnis, die mittlere Demenz mit geschädigtem Langzeitgedächtnis und die schwere Demenz mit erloschenem Gedächtnis. Diese Phasen könnten unterschiedlich lang sein und seien von Mensch zu Mensch individuell in ihren Auswirkungen, meint Scholz. Depressionen, Apathie, unruhiges Umherlaufen, aber auch Aggressionen und Schreien seien mitunter die Begleiterscheinungen.

Keinen Stress mitbringen

"Wie gehe ich als Angehöriger damit um?", fragt man sich. "Möglichst keinen zusätzlichen Stress zum Erkrankten bringen", rät Scholz. Es gebe keinen einsamen Königsweg der Heilung. Vielmehr sei eine Reihe von individuellen Maßnahmen in einem Gesamtkonzept angeraten. Freilich, auch die Angehörigen müssen damit fertig werden, wenn sich der geliebte Erkrankte von der Realität immer mehr entfremdet. Wenn dieser auch noch absurde Handlungen vornimmt oder sich aus der schmerzhaften Gegenwart zurückzieht, leiden auch die pflegenden Angehörigen manchmal unter eigener körperlicher und seelischer Beanspruchung.

"Es gibt gewisse Strategien und Beruhigungsfloskeln, die in solchen Augenblicken helfen", verrät Scholz praktische Tricks. "Begeben Sie sich auf Augenhöhe mit dem Erkrankten", empfiehlt Scholz zum Beispiel das Herunterbeugen des Besuchers zum Krankenbett.

"Weisen Sie nicht auf Defizite des Erkrankten oder dessen Konfrontationen mit der Realität hin", lauten weitere Tipps von Scholz. Außerdem sollte der Besucher langsam mit einfachen Sätzen zu dem Erkrankten sprechen. "Verwirren Sie den Verwirrten nicht noch mehr", bittet Scholz.