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Schwachstelle Schaltzentrale


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Donnerstag, 29. Oktober 2015

In seiner jüngsten Sitzung beschloss der Stadtrat die Generalsanierung der Mittelschule. Brandschutz, Leitungen und Technik sind völlig veraltet. Hat die Stadt wichtige Investitionen versäumt?
Schaltzentrale im Foyer der Mittelschule: Hausmeister Bernd Ditzel kennt seine Technik in- und auswendig. Für den Laien aber ist sie schwer zu bedienen. Fällt die Anlage aus, liegt praktisch das gesamte Schulhaus lahm. Das sind nur zwei Kritikpunkte der Fachbüros. Foto: Ulrike Müller


Es beschleicht einen schon ein komisches Gefühl, wenn man vor der Schaltzentrale im Foyer der Mittelschule Bad Brückenau steht. Hier läuft alles zusammen: Die Elektrik für das gesamte Gebäude, die interne Alarmierung, die Lautsprecherdurchsagen, die Gebäudeautomation. Wenn hier ein Fehler passiert - ein Defekt, ein Kurzschluss, ein Brand - dann muss Hausmeister Bernd Ditzel hoffen, dass wenigstens noch das Telefon funktioniert. Dann kann er der Direktorin Bescheid geben, denn er selbst kann ja keine Durchsage mehr machen. Danach wird er wohl seine Taschenlampe nehmen und von Klassenzimmer zu Klassenzimmer eilen, denn eine Notbeleuchtung gibt es nur im Foyer, in das ohnehin Tageslicht fällt. Flure und Kellerräume bleiben dunkel.


Modernisierung aufgeschoben

"Es besteht keine akute Gefahr für Leib und Leben", berichtete Architekt Stefan Richter in der vergangenen Stadtratssitzung am 20. Oktober. Dennoch machte er den Ernst der Lage den Räten klar. Auch die Vertreter des zweiten Fachbüros fanden deutliche Worte: "Das Lebensalter der Brandschutzanlage ist bei Weitem überschritten. Eine regelmäßige Wartung der Anlage hat nicht stattgefunden", sagten die Mitarbeiter des Ingenieurbüros Helfrich "Das stimmt nicht", widerspricht Karl Heinz Weismantel vom städtischen Bauamt. Die Brandschutzanlage sei sehr wohl gewartet worden. Auf Rückfrage will das Fachbüro das Zitat weder bestätigen noch zurücknehmen und verweist auf seinen Bericht, der den Stadträten vorliegt.

"Die Funktionen, die man für einen aktiven Brandschutz braucht, sind funktionsfähig", sagt Weismantel weiter. Erst in diesem Jahr sei der Fluchtplan aktualisiert worden. Der vorige Plan stammte aus dem Jahr 1981. Und das ist die Crux mit der ganzen Geschichte um den Brandschutz an der Mittelschule Bad Brückenau: Die Schutzmaßnahmen entsprechen den Kriterien der 1980er Jahre und solange keine baulichen Veränderungen erfolgen, greift hier der Bestandsschutz.

"Von unserer Seite aus ist alles dafür getan worden, dass diese Schule geschützt und sicher ist", sagt Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU). "Versäumt worden ist hier nichts." Birgit Herré, Schulleiterin der Mittelschule erklärt, der Sanierungsbedarf sei ihr "nicht gänzlich unbekannt" gewesen. Gleichzeitig signalisiert sie Verständnis für die finanzielle Situation der Stadt. "Wir haben bisher alles bekommen, was notwendig war für den Unterricht." Lediglich Heribert Übelacker, Vorsitzender des Elternbeirats bedauert, "dass die Stadt die Sanierung so lange hat schleifen lassen."


Nachbarschulen aufgerüstet

Wer über den Brandschutz an der Mittelschule spricht, muss auch über die Realschule und das Gymnasium reden. Die drei Schulen bilden ein Ensemble, die Schüler teilen sich Pausenhof und Sporthalle. Die Brandschutzanlagen in Realschule und Gymnasium sind im Zuge der Erweiterung in den Jahren 2009 bis 2011 modernisiert worden. Hier ist der Landkreis Bad Kissingen Sachaufwandsträger. Im Rahmen der Erweiterung sei der Brandschutz neu bewertet und für rund 422.250 Euro aufgerüstet worden, teilt Steffen Höffler, Pressesprecher am Landratsamt, mit. Unter anderen seien asbesthaltige Brandschutzklappen entfernt und Brandschutztüren eingebaut worden. Hat da niemand der Stadt Bescheid gesagt, dass auch an der Mittelschule Nachholbedarf besteht?

"Es ist nicht die Aufgabe - weder des Landratsamts noch des Staatlichen Bauamtes - der Stadt als Sachaufwandsträger für die Mittelschule ohne einen Anlass Vorgaben zu machen", erklärt Höffler. Der Schulamtsdirektor Rupert Kestler, stellt klar: "Aufgabe der Schulleiterin ist, dem Sachaufwandsträger Mängel an Schulanlage oder -einrichtung, welche die Sicherheit des Schulbetriebes gefährden können, unverzüglich anzuzeigen. Dies ist von Rektorin Herré mehrfach gemacht worden." Die vorgeschriebenen Probealarme seien laut Auskunft der Schule durchgeführt worden, ergänzt Kestler.


Feuerwehr hält sich zurück

Die Freiwillige Feuerwehr Bad Brückenau möchte das Thema nicht kommentieren. "Wir sind für den abwehrenden Brandschutz zuständig, nicht für den vorbeugenden", erklärt Kommandant Michael Krug, der zugleich Leiter des städtischen Bauhofs ist. Er bestätigt aber, dass Realschule und Gymnasium seit der Modernisierung mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet sind. Schlägt ein Rauchmelder Alarm, geht sofort ein Notruf bei der Integrierten Leitstelle Schweinfurt ein - noch bevor irgendjemand den Notrufknopf drückt.

Währenddessen hält in der Mittelschule der Hausmeister noch verzweifelt den Hörer in der Hand und hofft, dass die Schulleiterin endlich rangeht.


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