Mottener helfen schnell und vermitteln Flüchtlingen die deutsche Sprache

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Walter König (rechts), der schon als Chemiker in seinem Berufsleben mit Arabern zu tun gehabt hatte, übt mit den syrischen Familien Eli. Foto: Birgit Will
Walter König (rechts), der schon als Chemiker in seinem Berufsleben mit Arabern zu tun gehabt hatte, übt mit den syrischen Familien Eli. Foto: Birgit Will
Nicole Ruppert schaut zu, wie der Syrer Imad Aljerode schreibt. Foto: Birgit Will
Nicole Ruppert schaut zu, wie der Syrer Imad Aljerode schreibt. Foto: Birgit Will
 

Schon zwei Tage nach dem ersten Helfertreffen fand am Freitag der erste "Deutschunterricht" für die Flüchtlinge in Motten statt. Die Ehrenamtlichen sind sich einig: "Ein paar Stunden gehen immer."

Nicht lange zögern, sondern rasch handeln - das ist das Resümee der ersten Zusammenkunft eines Mottener Helferkreises für Flüchtlinge. Seit Juni dieses Jahres leben 30 Asylsuchende in der Mottener Unterkunft, davon sind 14 Erwachsene und 16 Kinder, der Großteil der Bewohner stammt aus Syrien. Der Hausverwalter Thomas Koscielny hatte mithilfe von Presse und Flugzetteln zu dem Treffen eingeladen und die Resonanz war groß.
Die Stühle reichten für die knapp 20 potenziellen Helfer nicht aus. Und wer damit gerechnet hatte, einer unter vielen "gelangweilten Rentnern" zu sein, wurde eines besseren belehrt: Alle Alters- und Berufsklassen waren vertreten. Auch Vertreter örtlicher Vereinen bekundeten ihre Hilfsbereitschaft zur Integration der Flüchtlinge.


"Ich bin nicht nur zufrieden, sondern glücklich, dass sich so viele Menschen in der Flüchtlingshilfe engagieren möchten", sagte Koscielny. Der 31jährige habe außerdem zahlreiche Anrufe weiterer möglicher Helfer bekommen. Das stimme ihn optimistisch. Sein Motto lautet: "Flüchtlingshilfe zur Selbsthilfe". Thomas Koscielny bezeichnet sich selbst als "Flüchtlingshelfer aus Leidenschaft", der weit mehr mache, als er machen müsse. "Die Leute sind mir ans Herz gewachsen", aber er sei mittlerweile an die Grenze seiner Kapazitäten gestoßen, erklärte er.

Er übernehme Fahrdienste zum Arzt oder zum Einkaufen und versuche so oft wie möglich, Deutsch zu lehren. Es gehe nicht darum, die Flüchtlinge zu bemuttern, man müsse sie vielmehr darin unterstützen, alleine im Alltag zurecht zu kommen. Daher habe das Vermitteln der deutschen Sprache oberste Priorität für ihn.


Arzttermin selbst machen

Das sieht auch Veronika Richler von der Caritas Flüchtlingsberatung in Bad Kissingen so. "Wir sind mit dem Deutschunterricht hoffnungslos überfordert", sagte sie. Die Flüchtlinge müssten nicht unbedingt fließend Deutsch sprechen können, aber sie sollten beispielsweise irgendwann selbst einen Termin bei einem Arzt machen können. Insbesondere die Erwachsenen seien da benachteiligt, denn die Kinder lernten die Sprache schnell in Kindergarten oder Schule.


Modernes Unterrichtsmaterial

Gesagt, getan: Bereits zwei Tage nach dem ersten Treffen fand am Freitag der erste "Deutschunterricht" in der Mottener Lindenstraße statt. Statt wie herkömmlich mit Tafel und Buch, greifen die ehrenamtlichen "Deutschlehrer" auf modernes Unterrichtsmaterial zurück. Koscielny stellt hierfür ein Smart Board zur Verfügung. Zunächst steht für die Syrer Alphabetisierung auf dem Stundenplan.

Die gebürtige Mottenerin Nicole Ruppert hatte in der Presse von der Aktion erfahren und war begeistert, dass "ihre Mottener" so etwas auf die Beine stellen wollen. "Ich weiß auch nicht genau, was da auf mich zukommt", gesteht die Eichenzellerin, aber im Lehren von Deutsch sehe sie ihren Platz im Team. Das Trainieren von Erwachsenen sei ihr aus dem Berufsleben nicht fremd. Sie hat sich im Internet vorbereitet und kostenloses Unterrichtsmaterial herunter geladen. "Vielleicht profitiere ich auch etwas davon, denn die arabische Sprache hat mich schon immer interessiert", betont die 44-Jährige. Ihr zur Seite steht Walter König.


Schon mit Arabern gearbeitet

Auch für ihn hat sein ehrenamtliches Engagement einen kleinen Anteil Eigennutzen. Der 65-Jährige wohnt erst seit einem Jahr in Motten und erhofft sich damit, im Dorf Anschluss zu bekommen. Der Diplomchemiker hat in seinem Berufsleben schon mit Arabern gearbeitet und ihm sei die Mentalität daher nicht fremd. "Ich packe dort an, wo es nötig ist", er stehe aber auch für andere Hilfeleistungen zur Verfügung.

Um solche Hilfeleistungen, wie z. B. Fahrdienste innerhalb des Helferkreises zu koordinieren, will Koscielny auf soziale Netzwerke wie Facebook oder Whatsapp zurückgreifen. Viele der Helfer sind berufstätig und haben nur sporadisch Zeit. So habe jeder die Möglichkeit zu sehen, "wo es klemmt" und zu antworten. Denn in diesem Punkt waren sich alle einig: "Ein paar Stunden gehen immer!"

Das nächste Treffen des Helferkreises findet am Mittwoch, 16. September, 18 Uhr, in Motten, Lindenstraße 8, statt.