Im Wildwasserkanu zum Erfolg

4 Min
Jette Jäger zeigt im Wildwasserkanu, was sie kann. Fotos: Familie Jäger
Jette Jäger zeigt im Wildwasserkanu, was sie kann.  Fotos: Familie Jäger
Anne und Jette zeigen sich siegessicher.
Anne und Jette zeigen sich siegessicher.
 

Jette und Anne Jäger haben eine nichtalltägliche Sportart für sich entdeckt.

Hört man Rhön, denkt man an ein Mittelgebirge mit passablen Skiabfahrten, Segelfliegerhängen, Mountainbiken, Berglauf und ähnliche Sportarten. An Wildwasserkanu denkt man aber eher weniger, noch weniger wenn die Verbindung mit Bad Brückenau hergestellt werden soll. Das Flüsschen Sinn tituliert zwar als Wildwasser, ist aber nur im Unterlauf für Kanus und Kajaks geeignet. Schon gar nicht denkt man an diese Sportart in Bad Brückenau, wenn es darum geht, dass von hier erfolgreiche Wildwasserkanuten stammen könnten und diese sogar zwei recht junge Damen sind. Die Rede ist von Jette (9 Jahre) und Anne Jäger (12 Jahre).
Dem Leser sicher bekannt ist der Bruder der beiden, Maximilian, Maxi gerufen, der bereits seit Langem sportlich höchst erfolgreich ist. Er betreibt als Behindertensportler neben Alpinskirennsport auch Kanusport was auch der Grund war, dass seine jüngeren Schwestern den Zugang zu diesem sicher nicht gewöhnlichen Sport gefunden haben. Maxi trainierte lange beim KSC Gemünden Flachwasserkanu, Jette musste mangels Kindermädchen immer mit zum Training und so war es logisch, dass sie mit zarten sechs Jahren erstmals selbst in einem Boot saß und erste Rennen bestritt. Seit Mai 2015 fahren die Jägers für den KC Fulda und werden von zwei früheren Canadier-Weltmeistern trainiert. Hier wechselte Jette vom Flachwasserrennboot zum Wildwasserrennkajak und hier kam auch Schwester Anne auf den Geschmack, die bis dahin sechs Jahre lang in der Wettkampfgruppe Turnen des Turnvereins Bad Brückenau turnte.


Turnen an den Nagel gehängt

Beim "SUP-en" (Stand Up paddeling), also Paddeln im Stehen auf einem größeren Surfbrett, zeigte sie Geschicklichkeit und Gefühl fürs Wasser. Um sich intensiver dem Kajaksport mit drei wöchentlichen Trainingseinheiten zu widmen, wurde vor einem Jahr aber das Turnen an den "Nagel gehängt". Dass Anne aber bereits so erfolgreich bei Rennen mitfährt, ist sicherlich auch dem hervorragendem Turntraining als Basis geschuldet. Um diese Basis zu halten, sind beide Mädchen noch in der Leichtathletik des Turnvereins als Ausgleichstraining.


Wenig Zeit für andere Hobbys

Der intensive Trainingseinsatz machte sich bereits bezahlt, denn beide Mädchen wurden mittlerweile in den E-Kader des hessischen Kanuverbands berufen. Viel Zeit für andere Hobbys bleibt beiden nicht, wobei Anne, bereits seit sechs Jahren Geige, ihre Schwester Jette seit einem Jahr Cello in der Musikschule Bad Brückenau lernen. Kajak steht eindeutig an erster Stelle, noch vor Freunden und Freizeit.
Fragt man die beiden, warum gerade Wildwasserkajak, dann kommt es wie aus der Pistole geschossen: "weil das ein cooler Sport ist!" Jette fügt hinzu: "Und nicht so langweilig wie beim Flachwasser." Jette möchte 2017 auf jeden Fall auch noch den Canadier ausprobieren, in dem die Athleten knien und das Boot mittels eines Stechpaddels bewegen. Das Training in Fulda findet ganzjährig auf dem Wasser statt, im Winter dann schon mal als Eisbrecher. Entsprechend umfangreich daher die persönliche Ausrüstung und der finanzielle Aufwand dafür, denn nur das Kanu wird vom Verein gestellt.
Die Bad Brückenauer Mädels waren in ihren Altersklassen bereits auf nationaler Ebene überaus erfolgreich. Bei den Deutschen Sprint-Meisterschaft der Wildwasserkanuten 2016 in Sömmerda landete nach spannenden Rennen in zwei Läufen Anne Jäger bei den Schülerinnen B auf dem dritten Platz. Jette Jäger gewann bei den Schülerinnen C die Silbermedaille mit nur 0,08 Sekunden Rückstand.
Bei den Fulda-Rennen im März 2016 erreichte Anne beim Sprintrennen den 3. Platz. Beim Klassikrennen (Langstrecke), meisterte Anne die Schlüsselstellen perfekt und sicherte sich die Bronzemedaille und wurde Hessenmeisterin ihrer Altersklasse. Ihre Schwester Jette fuhr beim Sprintrennen auf den dritten Rang. Hierbei kenterte Jette beim Trainingslauf bei Außentemperaturen um null Grad. Sie ließ es sich aber nicht nehmen an den Start zu gehen. Nach spannenden Rennen gewann sie die Silbermedaille und den Hessenmeistertitel.
Auf der Ilz bei Passau im April konnte Anne bei den Süddeutschen Meisterschaften den 1. Platz im Klassikrennen erreichen. Nur 14 Tage später erpaddelten Anne und Jette auf der Erft im Sprint beide die Silbermedaille und wurden Hessenmeister in ihren Altersklassen.
Höhepunkt des Wettkampfjahres dann die Deutsche Klassik-Meisterschaft im Wildwasser in Kössen/Österreich auf der Kössener Ache im August. Hier gab es richtiges Wildwasserfeeling. Beide Athletinnen meisterten ihre Rennstrecken mit Bravour, Jette holte souverän die Goldmedaille und den Titel einer deutschen Meisterin: "Das war toll, ganz oben auf dem Treppchen zu stehen, es war so cool zu fahren, es ging durch eine Schlucht und es gab schwierige Passagen zu meistern." Anne, die eine Altersklasse höher startet, freute sich riesig über ihre Silbermedaille.
Saisonfinale für beide Jägermädchen dann auf der Prüm in der Eifel Ende Oktober. Jette konnte sich die Goldmedaille im Klassikrennen sichern. Anne landete auf einem hervorragenden 2. Platz. Auf der Prüm wurde auch die Süddeutsche Meisterschaft im Classic in der Mannschaft ausgetragen. Anne erkämpfte sich mit ihren beiden Teamkollegen den 3. Platz. Am nächsten Tag gab es einen Kanu-Sprint auf der Sauer in Dillingen. Hier errang Jette den 3. Platz. Ihre Schwester Anne überzeugte beim Sprint auf ganzer Linie. Sie stand auf dem Treppchen ganz oben und gewann die Goldmedaille. Einen besseren Saisonabschluss kann man sich nicht wünschen.
Beide sind sehr motiviert. Anne sagt: "Ich möchte sehr gerne einmal bei einer Europa- und Weltmeisterschaft dabei sein. Dafür werde ich weiter hart trainieren." Und Jette erklärt: "Ich möchte sehr gerne immer auf einem der Podestplätze landen. Hierfür muss ich viel trainieren, aber es macht Spaß."


Hintergrund

Modelle

Das Flachwasserrennboot besitzt ein Steuer, das mit den Füßen bedient wird. Das Wildwasserkajak wird ohne Steuereinrichtung mittels Doppelpaddel gefahren. Somit wird das Kajak nur über Gewichtsverlagerung gesteuert. Beim Canadier kniet der Athlet und paddelt und lenkt mit einem Stechpaddel.

Kanu-Wildwasserrennsport: Reißende Wildflüsse möglichst schnell im Kanu bezwingen, das ist die Herausforderung. Dem Wettkämpfer werden dabei ein gutes Reaktionsvermögen im Zusammenspiel mit Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit abverlangt. Geht man zu den Ursprüngen des Kajakfahrens der Eskimos und zu den Canadiern der Indianer zurück, so stellt man fest, dass der Wildwasserrennsport eine der natürlichsten Sportarten geblieben ist.