Größter Verein braucht Trainer mit Lizenz

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Die Geehrten beim TV Bad Brückenau (v. l.): Josef Reinmann, Elisabeth Stoeck, Ursula Ullrich, Käthe Breitenberger und Toni Zeier. Foto: Thomas Dill
Die Geehrten beim TV Bad Brückenau (v. l.): Josef Reinmann, Elisabeth Stoeck, Ursula Ullrich, Käthe Breitenberger und Toni Zeier. Foto: Thomas Dill

Der Turnverein Bad Brückenau ist äußerst aktiv, was 20 Berichte bei der Jahreshauptversammlung zeigten. Aber ihn plagen auch Sorgen.

Ein Jahr der Neuausrichtung im größten und auch einer der ältesten Sportvereine des Altlandkreises ist vorüber und es galt Rückschau zu halten. Erfreulich, dass überraschend viele Mitglieder sich für die Ergebnisse dieser Jahresarbeit interessierten und der Ladung in das Sitzungszimmer des Turnvereins folgten. Fast 20 Rechenschaftsberichte von Geschäftsführung, Vorstand, Kasse und den einzelnen Abteilungen zeugten von einem regen Vereinsleben.
Der Rechenschaftsbericht von Vorstandsmitglied und Schriftführer Michael Worschech zeigte auf, dass auf der einen Seite mit mehreren Veranstaltungen wie Bunter Abend, Kinderfasching und Pinklauf Werbung für den Verein betrieben wird, die gleichzeitig eine wichtige Einnahmequelle darstellen. Auf der anderen Seite erfordern die vereinseigenen Gebäude erhebliche Unterhaltungsaufwendungen. So musste das Dach der älteren Halle im letzten Jahr energetisch saniert werden, wofür erhebliche finanzielle Rücklagen aufgelöst werden mussten.
Vorstandsmitglied Michael Saam wies einmal mehr auf ein weiteres Zukunftsproblem des Vereins hin. Die Anzahl der ausgebildeten und lizenzierten Trainer, Übungsleiter und Assistenten reicht zwar momentan gerade aus, um in allen Abteilungen des Vereins einen geregelten Sportbetrieb aufrecht zu halten. Die Mehrheit dieser Trainer sei jedoch bereits weit über 50 Jahre alt, teilweise seit Jahrzehnten in dieser Funktion tätig und oft mehrmals wöchentlich ohne Ersatzkraft oder Aushilfe im Sportbetrieb aktiv.
Dieses Problem stellt sich aber leider vielen Vereinen, eine Lösung beim Turnverein ist konkret dazu nicht in Sicht. "Wir finanzieren jedem Willigen die komplette Trainerausbildung und sind bereit, dieses finanzielle Risiko zu tragen, dass danach keine Tätigkeit im Verein zustande kommt", signalisierte Saam größtmögliches Entgegenkommen. Die lizenzierten Trainer werden von einer genauso großen Zahl kompetenter Trainer ohne Schein unterstützt.


Sanierung geplant

Vorstandsmitglied Peter von Landenberg, zuständig für die Immobilienverwaltung, berichtete über den aktuellen Sachstand. Kurzfristig sollen die gesamten Duschräume renoviert werden, die Sanierung der Westfassade steht ebenfalls offen.
Der umfängliche Kassenbericht von Vorstandsmitglied Klaus Hartmann zeigte, dass der Verein langfristig nicht mehr in der Lage sein wird, Rücklagen für den Erhalt der Immobilie und den Sportbetrieb zu bilden. Er dankte der rührigen Wirtschaftsabteilung, die mit der Bewirtung der zahlreichen Veranstaltungen neben finanziellen Gönnern des Vereins, momentan noch dafür sorgen, dass das Defizit in der Vereinsbuchführung überschaubar bleibt. Zu diesem Zweck werden auch zunehmend Räumlichkeiten des Vereins extern vermietet.
Vorstandsmitglied Thomas Dill zeichnete verantwortlich für die Ehrung langjähriger und verdienter Vereinsmitglieder. Neben zahlreichen Mitgliedern die seit 25 Jahren im Verein sind, jedoch leider nicht anwesend waren, zeichnete er Elisabeth Stoeck für 40 Jahre Mitgliedschaft aus. 50 Jahre im Verein und heute noch als aktive Sportler im Trainingsbetrieb sind Ursula Ullrich, Käthe Breitenberger und Josef Reinmann.
Die seltene Ehrung für 60 Jahre Vereinszugehörigkeit konnte der langjährige Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende Toni Zeier aus der Hand seiner Nachfolger Saam und Dill entgegennehmen.
In seinen Dankesworten und im Hinblick auf den Kassenbericht wies Thomas Dill darauf hin, dass gerade die zahlenden passiven Mitglieder mit ihren Mitgliedsbeiträgen sehr wichtig für den Verein sind. Einen erheblichen Beitrag zur Kassendeckung trägt seit Jahren die Wirtschaftswartin Hannelore Abersfelder bei. Als Anerkennung hierfür erhielt sie in Abwesenheit die Verdienstnadel des Turnvereins in Silber.
Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks gelang es in ihrem Grußwort zum Schluss der Veranstaltung, ein knappes Fazit aus den zahlreichen Berichten zu ziehen: "Schade, dass nicht mehr Brückenauer im Detail hören wollen, was ihr als Turnverein für die Stadt und seine Bürger jeden Alters tagtäglich ehrenamtlich leistet". "Auch unser Pinklauf wäre ohne die wesentliche Mitwirkung des Turnvereins undenkbar und undurchführbar", so eine stolze Bürgermeisterin weiter.
Die Berichte aus den Abteilungen zeugten von einem umfassenden Sportangebot vom Krabbelalter bis hin zum Senioren- und Rehasport. Die Bandbreite reichte von reinem Breitensport bis hin zu deutschen und internationalen Meistertiteln. Besonders in den Abteilungen mit Angeboten für Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren erfahren die Abteilungen regen Zulauf, insbesondere beim Turnen, den Kampfsportarten, Tanzen und der Leichtathletik, wobei in manchen Sportarten der Anteil der Mädchen erdrückend ist. So musste in der letzten Saison das Turnen männlich im Nachwuchsbereich eingestellt werden.
Die wettkampftreibenden Abteilungen Turnen weiblich und Leichtathletik konnten, jeweils ihrem Leistungsniveau entsprechend, sportliche Erfolge und Titel vorweisen, die auch Werbung für die Stadt Bad Brückenau bedeuten. Dass der Sportler des Jahres 2016 des Landkreises mit Reinhart Vogler zum wiederholten Mal aus den Reihen des Turnvereins kommt, dass junge Athleten des Vereins in den Förderkader der Fachverbände berufen werden, dass der Verein erneut Ausrichter der Sportlerehrung des Landkreises sein durfte, zeugt von der durchgängigen Qualität von Vereins- und Abteilungsarbeit.