Erst Leben gerettet, dann zum Steuerberater

2 Min
Stolze Ersthelfer: Kevin Lehmann (links) und Stefan Belz erhielten in München von Markus Söder die Christophorus-Medaille verliehen. Mottens Bürgermeisterin Katja Habersack freut sich mit ihnen. Foto: Selfie Katja Habersack
Stolze Ersthelfer: Kevin Lehmann (links) und Stefan Belz erhielten in München von Markus Söder die Christophorus-Medaille verliehen. Mottens Bürgermeisterin Katja Habersack freut sich mit ihnen. Foto: Selfie Katja Habersack
So sah es am 24. Februar 2021 am Unfallort in der Sinn aus. Nachdem die Ersthelfer Stefan Belz und Kevin Lehmann den Kleinwagen auf die Räder gestellt hatten, befreiten Rettungskräfte den eingeklemmten Fahrer. Foto: Sebastian Gerr
So sah es am 24. Februar 2021 am Unfallort in der Sinn aus. Nachdem die Ersthelfer Stefan Belz und Kevin Lehmann den Kleinwagen auf die Räder gestellt hatten, befreiten Rettungskräfte den eingeklemmten Fahrer. Foto: Sebastian Gerr
 

Sie waren auf dem Weg zu ihrem Bad Brückenauer Steuerberater. Dann wurden Stefan Belz aus Kothen und Kevin Lehmann aus Uttrichshausen zu Lebensrettern. Dafür zeichnete Ministerpräsident Markus Söder sie mit der Christophorus-Medaille aus.

Dass mit dem Fahrer des Kleinwagens vor ihnen etwas nicht stimmte, merkten Belz und Lehmann recht schnell an jenem 24. Februar 2021. Gegen 15 Uhr waren die beiden Geschäftsführer einer Kothener Zimmereifirma auf der Umgehungsstraße in Bad Brückenau unterwegs. "Der Herr vor uns fuhr plötzlich Schlangenlinien, geriet auch mal auf die Gegenfahrbahn", erinnert sich Kevin Lehmann heute. Auch habe der Kopf des Mannes vor ihnen sich seltsam zur Seite geneigt.

Der 27-Jährige und sein 34-jähriger Kompagnon wollten den vor ihnen fahrenden VW Up überholen und ihn zum Stehen bringen. Was misslang, weil zu viel Gegenverkehr herrschte.

Plan B musste her. Lehmann sprang aus dem eigenen Wagen, um den schon in Richtung parallel fließender Sinn driftenden Kleinwagen zu stoppen. Doch er erwischte die Fahrertür nicht, geschweige denn die Handbremse.

Der VW stürzte den auf Höhe der Therme Sinnflut zwar kurzen, aber steilen Hang hinunter - und blieb kopfüber im durch die kürzliche Schneeschmelze beträchtlich angeschwollenen Wildbach liegen. Die Fahrerkabine lief durch die gebrochenen Scheiben schnell voll; der angeschnallte Fahrer, dem Augenschein nach ein Herr im frühen Rentenalter, drohte zu ertrinken.

Lehmann und Belz dachten nicht viel nach, sie handelten. Die Handwerker eilten den Hang hinunter, rein ins eiskalte Wasser. "Wir haben dann das Auto wieder auf die Räder gedreht. Ich weiß nicht wie", berichtet Kevin Lehmann. Das eingedrungene Wasser lief ab; allerdings blieb der Unglücksfahrer bewusstlos.

Eine weitere Ersthelferin habe es dann geschafft, ihn wieder wach und ansprechbar zu bekommen. Eine andere Frau rief inzwischen die Rettungskräfte, die bald darauf eintrafen. Die Feuerwehr verschaffte sich ihrem eigenen Pressebericht zufolge Zugang zum eingeklemmten Verunglückten. Denn die Fahrertür ließ sich nicht öffnen. Mittels einer Trage wurde der Mann schonend geborgen. Die beiden Ersthelfer suchten nach getaner Arbeit - pitschnass wie sie waren - wie geplant ihren Steuerberater auf.

Erlebt haben beide Lebensretter dergleichen noch nicht, sagt Kevin Lehmann. Klar, beide absolvierten in ihrer früheren Firma eine Erste-Hilfe-Grundausbildung. Aber das ist schon länger her. Stefan Belz gehört zudem der Kothener Feuerwehr an, dürfte also schon andersgeartete Einsätze hinter sich haben.

Dass ihnen die Christophorus-Medaille für Rettungstaten, die unter besonders schwierigen Umständen, aber ohne unmittelbare Lebensgefahr für die Retter ausgeführt wurden, verliehen wird - damit haben Belz und Lehmann nicht gerechnet. "Als irgendwann die Einladung kam, haben wir gesagt: Dann ist es auch schön, wenn man teilnehmen darf." Er freut sich auch, dass dem Unfallfahrer offensichtlich nichts weiter Schlimmes passiert ist.

Und so gehörten die beiden Kothener Unternehmer zu den 36 Menschen, die Ministerpräsident Markus Söder am Montag im Antiquarium der Münchner Residenz mit der Christophorus-Medaille ehrte. Seit 1983 haben bislang 1848 Menschen diese Auszeichnung erhalten. Hinzu kamen am Montag 37, die mit der Bayerischen Rettungsmedaille gewürdigt wurden.

Mottens Bürgermeisterin Katja Habersack wohnte dem Festakt selbst bei. Von dem Unfall am 24. Februar 2021 hatte sie aus dieser Zeitung erfahren. Dass die Retter aus Kothen stammen beziehungsweise dort arbeiten, erfuhr sie erst viel später. "Es sind die Ersten, die aus unserer Gemeinde mit dieser Medaille ausgezeichnet werden. Es ist eine besondere Ehrung und wir freuen uns mit ihnen", sagt sie. Auch sei es nicht alltäglich, bei solch einer Auszeichnung wie der in München teilnehmen zu dürfen.