Die Regierung hebt mahnend den Finger beim neuen Baugebiet am oberen Kapellenweg. Wildfleckens Bürgermeister und seine Räte befürchten keine Probleme,
Erneut hat sich der Marktgemeinderat intensiv mit dem neuen Baugebiet am oberen Kapellenweg in Wildflecken beschäftigt. Diesmal ging es um die diversen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange. Die Regierung von Unterfranken ging auf den demografischen Wandel ein und forderte dazu auf, die Innenentwicklung in Wildflecken zu verbessern, statt neues Bauland auszuweisen. Die Regierung indes wies darauf hin, dass mit einem weiteren Rückgang der Bevölkerung zu rechnen sei. Daher habe sie "erhebliche Bedenken" hinsichtlich des zusätzlichen Baugebietes im Außenbereich.
Die Wildfleckener Räte sehen das anders. "Wir wollen verhindern, dass junge Leute wegziehen", sagte Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW). Die Nachfrage nach attraktiven Bauplätzen im Randbereich sei durchaus gegeben. Diesen Bedarf könne die Kommune aber derzeit nicht decken. Man wolle besonders das Abwandern von jungen Familien in die Ballungsräume verhindern. Ein Leerstand des neuen Baugebietes sei nicht zu befürchten, schon jetzt gebe es einige Kaufinteressenten.
Ausgleichsflächen schaffen
Vom Bad Kissinger Landratsamt gab es Hinweise zu den Ausgleichsflächen, die nicht ausreichend ausgewiesen worden seien. Die Gemeinde wird eine bis dato bestehende Christbaumkultur stilllegen und als Ausgleichsfläche umwandeln.
Eine ganze Reihe von Bauanträgen im Erlenweg in Oberwildflecken behandelte der Gemeinderat. Dabei ging es um den Neubau eines Stalles, einer Scheune, einer Fahrzeughalle und eines privaten Partyraumes. Zudem werden neue Garagen errichtet. Die Bauanträge für die geplanten neuen Wohnhäuser werden separat gestellt. Der Gemeinderat erteilte sein Einvernehmen, machte aber auf die bestehende Wasserleitung in dem betroffenen Bereich aufmerksam. Die notwendige Abstandsfläche müsse eingehalten werden. Gegebenenfalls muss die Planung etwas angepasst werden, damit die Wasserleitung nicht überbaut wird.
Aus Oberbach lag eine Bauvoranfrage zur Errichtung eines Schafstalles mit Heulege vor. Das Vorhaben liegt im Außenbereich. Die Räte hatten keine Einwände. Im Bereich des abgerissenen Pumpwerksgebäudes in Wildflecken wird die Sinn vom Wasserwirtschaftsamt verlegt. Auf einer Länge von rund 250 Metern wird das Gewässer umgeleitet. Das macht zukünftig eine ungehinderte, ebenerdige Zufahrt zum neuen "Pumptrack" möglich. Bisher wäre eine Zufahrt nur über ein marodes Brückenbauwerk möglich, das nach der Verlegung der Sinn komplett entfallen wird. Im Oktober soll der neue "Pumptrack" fertig gestellt sein.
Abrissarbeiten vergeben
Der Abriss von Turnhalle und Schwimmbad in Wildflecken für rund 183 000 Euro wird an die Firma Leinweber aus Künzell vergeben. "Ich hoffe, dass es zeitnah losgeht mit den Abrissarbeiten, damit die Sanierung der Grundschule in Angriff genommen werden kann", betonte Kleinhenz.
Die Erschließung mit Wasser und Kanal im Erlenweg in Oberwildflecken wird die Firma Väth aus Oberbach für rund 50.000 Euro übernehmen. Im Brandenburger Weg steht eine Kanalsanierung bevor. Der Auftrag ging für rund 197.000 Euro an die Firma Kanal Türpe aus Gochsheim.
Frühzeitig positionieren
Am Rande des öffentlichen Teils der Sitzung diskutierten die Räte über die Planungen für einen neuen Nationalpark in Bayern. Christoph Schrenk (PWW) regte an, dass sich die Gemeinde frühzeitig positioniert. Eventuell sogar die Allianzen rund um Bad Brückenau und Bischofsheim. Denn es könne nicht sein, dass ein Nationalpark gegen den Willen der Bevölkerung installiert wird. Man habe bei den Kernzonen schon schlechte Erfahrungen gemacht. Herbert Nowak (OWII) sagte, dass die Interessen der örtlichen Industrie zu wenig berücksichtigt würden. "Es dreht sich immer nur um Tourismus, aber die Belange der Gewerbebetriebe in der Region gehen unter." Es dürfe nicht sein, dass Entwicklungsmöglichkeiten der Industrie noch stärker eingeschränkt werden. Eheschließungen werden bisher nur im Wildfleckener Rathaus durchgeführt. Das soll sich in Zukunft ändern. Der Gemeinderat beschloss, dass zusätzlich auch am Kapellchen am Altenberg in Oberbach und im neuen Bürgerpark in Oberwildflecken Trauungen möglich sind, allerdings auf die Sommermonate beschränkt. "Das ist ein interessantes Angebot für junge Paare", so Kleinhenz.
Die Grundsteuern müssen steigen
Die Marktgemeinde Wildflecken erhöht die Grundsteuer A und B für das Jahr 2017. Während die Grundsteuer A für Land- und Forstwirtschaft gilt, ist die Grundsteuer B für alle bebauten oder bebaubaren Grundstücke und damit auch für Privatpersonen maßgeblich. Derzeit beträgt der Hebesatz für beide Grundsteuern 340 Prozent. Der Hebesatz steigt jetzt auf 360 Prozent.
Die Mehreinnahmen bei der Grundsteuer A belaufen sich im Jahr für die Gemeinde insgesamt auf rund 1000 Euro. Bei der Grundsteuer B sind jedoch Mehreinnahmen von insgesamt 18 000 Euro pro Jahr zu erwarten. Angesichts der Diskussion, die eine Erhöhung der Hebesätze grundsätzlich mit sich bringt, hatte die Gemeindeverwaltung den Räten von einer unterschiedlichen Anhebung der beiden Hebesätze abgeraten.
Knackpunkt Stabilisierungshilfe
Die Kommune sieht sich zur Anhebung der Grundsteuer gezwungen, weil sie sonst Stabilisierungshilfen aus dem Jahr 2016 zurückzahlen müsste. Der Landesdurchschnitt vergleichbarer Gemeinden zwischen 2000 und 3000 Einwohnern lag im Jahr 2015 bei der Grundsteuer A bei 351 Prozent und bei der Grundsteuer B bei 338 Prozent.
Hinweis vom Landratsamt
Das Landratsamt hatte die Gemeinde im Januar daran erinnert, dass die Regierung eine Anpassung der Grundsteuer verbunden mit der Bewilligung von Stabilisierungshilfen einfordert. Denn die Kommune muss nicht nur Einsparpotenziale nutzen, sondern auch auf der Einnahmenseite Verbesserungen erzielen. Gegen eine Anhebung der Grundsteuer stimmte lediglich Marko Bramer (PWW). Alle anderen Räte sahen keine Alternative zur Erhöhung.
"Ihr habt mich an meinem 69. Geburtstag überrascht", sagte Alt-Bürgermeister Alfred Schrenk, der als Besucher der Sitzung beiwohnte. Er war zum Ehrenbürger der Marktgemeinde Wildflecken ernannt worden.
Abriss über jüngste Geschichte
Schrenk machte kein Geheimnis daraus, dass er die Geschehnisse rund um die Gemeindepolitik mit großem Interesse weiterverfolge. "Aber ich mische mich nicht mehr ein. Ich gebe keinen Kommentar mehr dazu ab." Schrenk nutzte die Sitzung dazu, um dem Marktgemeinderat einen kurzen Abriss über die jüngste Geschichte der Kommune zu geben. "Die Gemeinde musste in ihrer Historie immer wieder Flüchtlinge unterbringen. Dazu mussten natürlich immer mehr Häuser gebaut werden. Das erklärt auch, warum die Gemeinde heute noch so viele Wohnungen besitzt."
Anhand von Skizzen und historischen Fotografien erläuterte Schrenk die rasante Entwicklung Wildfleckens. "Viele Generationen vor uns haben auch schon Einiges geschafft." Schrenk wünschte den Kommunalpolitikern, dass sie immer das Ohr nahe am Bürger haben.