Ein Investor wollte im Straßfeld neues Bauland schaffen. Doch nun sitzt er in Untersuchungshaft. Die Stadt ist überzeugt, dass das Baugebiet dennoch kommt.
                           
          
           
   
          Eine Wiese, leicht abschüssig. Auf ihr ruhen viele Hoffnungen. Die Hoffnung des Eigentümers, daraus wertvolles Bauland zu machen. Die Hoffnung der Stadt, Bauwilligen endlich ebene Grundstücke für das traute Heim bieten zu können. Und die Hoffnung der Anwohner darauf, dass sich nichts tut und die Wiese einfach eine Wiese bleibt.
Am 24. Februar 2015 sprach der Stadtrat erstmals öffentlich über das neue Baugebiet, dass sich an die bereits bestehende Siedlung im Straßfeld anschließen könnte. Die Lage ist attraktiv, denn das Staatsbad liegt nur etwa einen Kilometer entfernt. Sie ist auch deshalb vielversprechend, weil es kaum noch Flächen in Bad Brückenau gibt, die zu Bauland umgewidmet werden könnten. Die Grenzen des Naturparks Bayerische Rhön sowie verschiedene Natur-, Heilquellen- und Wasserschutzgebiete engen den Spielraum ein.
Im Februar 2016 präsentierte Stefan Buttler vom Architekturbüro Planwerk aus Würzburg einen ersten Entwurf. Um insgesamt 35 Bauplätze ging es damals, inzwischen sind es 30. Die Räte diskutierten über Zufahrtswege und Abstandsflächen zum benachbarten Wohngebiet. Da liefen schon die Ermittlungen gegen den Investor, Anteilseigner der Bank Schilling.
Im Sommer 2016 wurde es still, ganz still, um das neue Baugebiet - wenn auch im Hintergrund wohl Abstimmungen mit den Behörden liefen. "Bezüglich des Baugebietes Oberes Straßfeld hat die Stadt Bad Brückenau die erste Behördenbeteiligung durchgeführt (Stand Juli 2016)", teilt Lena Pfister, Pressesprecherin am Landratsamt, mit. Erst im März dieses Jahres - so gibt das städtische Büro Bauleistungen Auskunft - habe man sich mit dem Landratsamt auf Ausgleichsflächen im Sinne des Umweltschutzes geeinigt. 
  
  Bürgermeisterin ist optimistisch
 
Das alles sind Vorabsprachen, denn bis heute hat das offizielle Genehmigungsverfahren nicht begonnen. Dafür wäre ein Erschließungs- und Durchführungsvertrag mit dem Investor nötig. Auch der Flächennutzungsplan müsste geändert werden. Beides wies der Stadtrat in eben jenem Beschluss im Februar 2015 an. Der Investor sitzt seit Anfang April in Untersuchungshaft. Gegen ihn und führende Mitarbeiter der Bank ermittelt die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Würzburg wegen Unregelmäßigkeiten beim Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Klinik in Bad Bocklet.
Obwohl sich die Umsetzung nun schon mehr als drei Jahre hinzieht, scheint Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) überzeugt zu sein, dass das Baugebiet doch noch erschlossen wird. "Nach Rücksprache mit dem Architekten wird das Bauvorhaben weitergehen", sagte sie am vergangenen Dienstag. Der Architekt jedoch hüllt sich in Schweigen. Stefan Buttler ist nicht ans Telefon zu bekommen und reagiert auch nicht auf E-Mails der Redaktion.
Eine mögliche Option drängt sich auf: Wird die Stadt die Wiese kaufen? Schließlich scheint es fast unmöglich, die städtischen Bauplätze in Hanglage zu verkaufen. 18 Grundstücke gebe es im Baugebiet Hart-Langeller, eines im Kalkgrund, heißt es aus dem städtischen Baubüro. Nebenbei bemerkt: Vor drei Jahren waren es ebenso viele. "Das steht überhaupt nicht zur Debatte", antwortet Meyerdierks auf diese Spekulation. "Aber wenn es so wäre, warum nicht?"
  
  Kritik am Flächenverbrauch
 
Davon, dass das Gelände in andere Hände übergehen könnte, hat Peter Wiesner noch nie gehört. Er zählt mit Hans-Otto Bott und Edgar Dernbach zu den Sprechern des Bündnisses der Anwohner, die sich von Anfang an gegen das Baugebiet vor ihrer Haustür ausgesprochen hatten. Wiesner macht keinen Hehl daraus, was er von der Entwicklung hält: "Wenn es zu einer Verurteilung kommen sollte, wäre es ein Unding für eine Kommune, mit einem solchen Mann Geschäfte zu machen."
Und da entflammt die alte Diskussion wieder. Der Stadtrat, sagt Wiesner, kuriere Fehler der Vergangenheit mit neuen Fehlern. Hart-Langeller sei nie als Bauland geeignet gewesen. "Ich habe schon Leute kennengelernt, die sich für die Bauplätze interessieren", berichtet Wiesner vom Straßfeld. Es seien nicht junge Familie aus der Stadt gewesen, die sonst nach Oberleichtersbach ziehen würden, wie es die Bürgermeisterin häufig betone. "Senioren mit viel Geld", sagt Wiesner, "mit Offenbacher, Düsseldorfer oder Hamburger Kennzeichen."
Schon von Anfang an hatten die Regierung von Unterfranken, der Bund Naturschutz und die Anwohner - Letztere freilich im Eigeninteresse - darauf hingewiesen, dass es keinen Sinn mache neues Bauland zu erschließen, während die Ortskerne veröden. Und so steht eine kleine Wiese symbolisch für einen großen Konflikt. Wer sich durchsetzen wird, ist offen.
3,2 Hektar Land oberhalb des bestehenden Wohngebiets im Straßfeld soll erschlossen werden.
30 Bauplätze sieht der aktuelle Entwurf des Bebauungsplans für das Baugebiet vor.