Zuletzt machte sich Stadtrat Hartmut Bös rar. Nun spricht er über den Grund für seinen Rückzug, die Fußgängerzone und seinen Austritt aus der CSU.
Hartmut Bös wurde am 9. Mai 1963 geboren. Zunächst lernte er Werkzeugmechniker bei GKN Sinter Metals, später machte er die Ausbildungen zum Maschinenbautechniker und technischem Betriebswirt. Im Jahr 1995 wählte Bös den Weg in die Selbstständigkeit als externer Controller für kleine und mittlere Unternehmen. Als Stadtrat engagiert er sich seit dem Jahr 2002 vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Tourismus.
Herr Bös, im vergangenen Jahr fehlten Sie in acht von zwölf Sitzungen. Warum machen Sie sich als Stadtrat so rar?
Hartmut Bös: Ich habe übergangsweise einen Job bei dem Rückleuchten-Hersteller "Odelo" in Stuttgart angenommen. Das war ursprünglich mal als Schwangerschaftsvertretung geplant. Am Ende sind 21 Monate draus geworden. Anfangs habe ich noch versucht, Stadtrat und Job unter einen Hut zu bekommen. Aber irgendwann musste ich Abstriche machen.
Wird das so weiter gehen?
Das Unternehmen hat mir einen festen Vertrag angeboten, aber das wollte ich nicht. Der Job ist am 15. Dezember ausgelaufen.
Im Mai legten Sie ihr Amt als Fraktionsvorsitzender nieder und gaben auch den Vorsitz des Rechnungsprüfungsausschusses ab, ebenfalls aus beruflichen Gründen?
Im Grunde schon. Ich wollte in Stuttgart beruflich Erfahrungen sammeln, habe parallel aber meine Stammkunden hier weiter betreut. Als Fraktionssprecher ist man ständig im Einsatz, der Rechnungsprüfungsausschuss beinhaltet für mich auch eine wichtige Kontrollfunktion. Man muss verfügbar sein, auch unter der Woche. Das war einfach nicht mehr machbar.
Gibt es noch andere Gründe für Ihren Rückzug?
Ich habe mich über viele Jahre sehr stark in der Kommunalpolitik eingebracht. Ich habe es im Übermaß gemacht, so sehe ich das heute.
Das klingt durchaus selbstkritisch. Bereuen Sie Ihren Einsatz?
Ja, das ist selbstkritisch. Und nein, für diese Zeit war es ok. Ich habe aber gemerkt, dass ich Abstand brauche. Ich möchte mich wieder einbringen, aber nicht mehr so stark wie früher.
Einen großen Teil Ihres Engagements widmeten Sie dem Stadtfest. Hat Ihr Rückzug vielleicht mit der Entscheidung von 2015 zu tun, die Verantwortung fürs Stadtfest dem Forum zu übertragen?
Nicht unmittelbar, nein. Ich habe aber meine Zeit gebraucht, diese Entscheidung des Stadtrats zu verarbeiten.
Im August 2015 scheiterte der ehemalige Forums-Vorsitzende Hans Rohrmüller mit einem Antrag, die Fußgängerzone probeweise für Fahrzeuge zu öffnen. Sie stimmten dagegen. Waren da persönliche Motive im Spiel?
Nein, ich habe mich immer gegen die Öffnung der Fußgängerzone ausgesprochen, nicht erst 2015. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung für eine Öffnung ist, wäre ich der letzte, der dagegen stimmt. Aber wenn mir ältere Bürger und Familien sagen, dass sie das nicht möchten, nehme ich das als Stadtrat ernst.
Von Anfang an, also seit insgesamt 14 Jahren, sind Sie als Referent des Stadtrats für Wirtschaft, Einzelhandel, Kur und Fremdenverkehr zuständig. Nehmen Sie diese Aufgabe weiterhin wahr?
Ja, wobei ich da erst wieder Aufbauarbeit leisten muss. Meine Haltung zur Fußgängerzone hat nicht jedem gefallen.
Sind Sie dann noch der richtige Mann für den Job?
Das werden wir herausfinden müssen.
Angenommen, das Thema käme erneut auf die Tagesordnung. Welche Position vertreten Sie heute?
Zunächst müssen die Hausaufgaben gemacht werden: Die Einkaufenden aus der Stadt und der Umgebung müssen befragt werden, und zwar durch einen neutralen, externen Partner. Das allein wäre für mich die Grundlage einer Entscheidung.
Wie stehen Sie zur Initiative Ihres Stadtratskollegen Dirk Stumpe zur Belebung der Fußgängerzone?
Ich finde sie gut, wobei man eins sagen muss: Das war in der Aufmachung dermaßen populistisch aufgemacht, dass ich die Seite sofort wieder weggeklickt hatte. Ich sehe Dirk Stumpe nun in der Pflicht, die Initiative, die er angestoßen hat, in praktische Vorschläge umzumünzen und dem Stadtrat vorzustellen. Traurig finde ich allerdings, dass der Stadt unterstellt wird, sie hätte nichts getan.
Die FDP-Stadträtin Adelheid Zimmermann hat sich wiederholt für einen City-Manager ausgesprochen. Wäre das eine Lösung?
Meiner Auffassung nach ist City-Management im Bereich Marketing angesiedelt und das ist eine Aufgabe der Stadt. Der Arbeitsaufwand muss klar definiert sein und es muss geklärt werden, wer das macht und was für ein Zeitkontingent dafür zur Verfügung steht. Das wünsche ich mir, dass das passiert. Dass es jetzt passiert.
Zum Jahresende sind Sie aus der CSU ausgetreten. Was bedeutet das für die Zusammenarbeit in der Fraktion?
In der Bad Brückenauer CSU-Fraktion fühle ich mich sehr wohl. Es war der Rechtspopulismus von Scheuer, Söder und Seehofer, den ich nicht mehr ertragen konnte. Dass diese Leute die Themen der AfD aufgreifen und nach außen vertreten, das kann ich nicht mittragen. Eine Obergrenze für Flüchtlinge ist weder christlich noch sozial.
Das Gespräch führte Ulrike Müller.