Der Brauereigasthof in Motten ist seit Ende 2011 geschlossen. Zwar sind die Verantwortlichen bei der Brauerei noch immer auf der Suche nach einem Pächter, viel Hoffnung haben sie aber nicht. Früher war das Haus beliebt und immer voll.
Schweres Baugerät und diverses Baumaterial lagern vor dem Brauereigasthof in Motten. Die Bauarbeiter an der Mottener Ortsdurchfahrt freut es, haben sie dort im Hof doch reichlich Platz zum Abstellen. Wenig einladend präsentiert sich dadurch allerdings der Parkplatz. Aber das muss er momentan auch gar nicht. Schon lange parken keine Gäste mehr vor dem schmucken Gebäude, das zum Hochstiftlichen Brauhaus in Motten gehört. Seit Ende 2011 ist der Gasthof bereits geschlossen.
Ungünstige Lage Fast vierundzwanzig Jahre stand der Frankfurter Karl Ladage als Wirt hinter der Theke. Nach seinem plötzlichen Tod in 2002 übernahm dessen Lebensgefährtin Lydia Will bis 2005 die Gaststätte. Drei Nachfolger versuchten seitdem erfolglos ihr Glück. In der Führungsetage der Brauerei ist man auf der Suche nach einem neuen Pächter.
Geschäftsführer Ulrich Klesper zeigt sich allerdings bedingt optimistisch und bringt dafür mehrere Gründe an. Das Ausgehverhalten habe sich eindeutig gegen die Landgastronomie gewendet, und die Lage Mottens abseits der Touristenströme sei für ein Objekt in dieser Größenordnung ungünstig.
Die Räume im Erdgeschoss bieten Platz für 120 Gäste und der große Saal im Obergeschoss für nochmal so viele. Das Haus verfügt ferner über dreizehn Fremdenzimmer. Im Keller können Kegler auf zwei Bahnen ihrem Hobby frönen. Außerdem sei Motten kein großes Dorf, fügt Klesper an, und in der Großgemeinde gäbe es immerhin fünf weitere Gaststätten - allesamt inhabergeführt. Das sei der große Vorteil. "Wir sind einfach realistisch", sagt er. Zugegebenermaßen gäbe es in dem Gebäude einen Investitionsstau.
Aber für wen investieren? "Es will keiner aufs platte Land."
Verkaufsleiter Dieter Werner kann das nur bestätigen und verweist auf viele leer stehende Gaststätten in den besten Lagen, die im Internet zu finden sind. "Die Listen sind lang. Da kann man sich die Sahnestückchen aussuchen". Einem erfahrenen und soliden Pächter ständen alle Türen offen.
Für die Zukunft des Gebäudes sieht man in der Brauerei diverse Möglichkeiten. Favorisiert werde aber weiterhin die gastronomische Nutzung. "Mir blutet das Herz", bedauert Klesper, dass der Gasthof leer steht - weiß er doch um den besonderen Charme der Räumlichkeiten. Und schließlich könne der Brauereigasthof als die "Keimzelle von Motten" angesehen werden.
Kramt man in Archiven, kann das so bestätigt werden. Bereits im 9.
Jahrhundert ließen die geistlichen Fürstbischöfe aus dem Hochstift Fulda das Wirtshaus samt Braustätte "im schönen Döllautal" errichten. Das Brauhaus diente als Station zu den Hammelburger Weinbergen, welche damals dem Fürstbistum gehörten. Die Ortschaft Motten entstand erst später im Laufe der Zeit "rund um die Wirtschaft".
Könnte man den verstorbenen Erwin Will, Bruder vom früheren Brauereibesitzer Karl Will, noch befragen, würde er sicherlich von goldenen Zeiten berichten. Gemeinsam mit seiner Frau Isa führte er die Gastwirtschaft nach Kriegsende bis 1978. Heute sind es nur noch die älteren Bürger von Motten, die von vollen Gasträumen und schönen Festen im Saal erzählen können. Vor dem Autobahnbau machten viele Urlauber auf dem Weg nach Süden oder Norden in Motten Station.
Gerade in den Sommermonaten waren die Zimmer gut ausgelastet.
Auch für die Wallfahrer zur nahe gelegenen Wallfahrtskirche auf dem Maria Ehrenberg war der Gasthof eine willkommene Einkehrmöglichkeit.
Tanzveranstaltungen im Saal Die Einheimischen erinnern sich gerne an die Tanzveranstaltungen im Saal. An den wenigen Festen im Jahr, wie Fasching und Kirmes, sei der Saal immer voll gewesen. Ludwig Herbert aus Motten denkt gerne an diese Zeiten zurück. Der 92-Jährige tanzte 1948 bei der Kirchweih mit, das war das Jahr, als er aus dem Krieg heimkehrte. Er erinnert sich auch noch gut an die Proben des Männergesangvereins, die im Gasthof stattfanden.
Selbstverständlich, dass man anschließend dort noch gemütlich beisammensaß. "Damals kostete ein Bier noch 50 Pfennig", das seien andere Zeiten gewesen.
Die Mottenerin Hildegard Will lebte als Kind und später nach ihrer Heirat mit Alfred Will praktisch immer in der Nachbarschaft zum Brauereigasthof. Sie berichtet von sonntäglichen Frühschoppen und spontanen Tanzveranstaltungen der Mottener Jugend. "Wir holen den Fuchse Hans", hieß es dann. "Der kam mit seiner Ziehharmonika, und der Saal war voll." Schön sei das immer gewesen, erzählt die 81-Jährige.
Ein weiterer "Knackpunkt" in der Erfolgsgeschichte des Gasthofs war die Grenzöffnung in 1989, als sich die Touristenströme verlagerten und sich Busunternehmen, die gerne in Motten Stopp gemacht hatten, andere Wege suchten.
Zur "Chefsache" erklärt Mittlerweile hat Mottens Bürgermeister Jochen
Vogel den Brauereigasthof zur "Chefsache" erklärt. Er hat es geschafft, dass das Gebäude zu einem der 88 Konzepte der Brückenauer Rhönallianz im Rahmen des ILEK-Programms (Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept) zählt. Das sei notwendig gewesen, um später aus einem der möglichen Fördertöpfe schöpfen zu können, erklärt er. "Es ist vielerlei denkbar", hält er sich aber bedeckt. Nur so viel, dass auch er eine gastronomische oder touristische Nutzung anstrebe und fügt an: "Ich bin optimistisch."