Die Apotheken vor Ort bekommen Konkurrenz vom Versandhandel im Internet. Wie Günter Merkl aus Bad Kissingen kämpfen auch die Apotheker in der Region um ihre Kunden.
Günter Merkl mischt sich in die Medikamentenvergabe seiner Kunden nicht ein. "Aber wir haben unsere Stammkunden und wir kennen die Ärzte." Er und seine Mitarbeiter seien in der Lage, auf Wechselwirkungen hinzuweisen. Online-Apotheken können das nicht, meint er. Trotzdem werden sie für Günter Merkl zur Konkurrenz. Er führt zusammen mit seiner Frau die Ludwig-Apotheke in der Bad Kissinger Innenstadt.
"Der Versand nimmt jeder Apotheke zehn Prozent des Umsatzes weg. Das muss man erst einmal verschmerzen." Er spüre, dass manche Produkte nicht mehr so laufen, wie noch vor zehn Jahren, als es noch keine Versandapotheken in Deutschland gab. "Der Rezept-Markt ist das, was uns im Moment stark macht." Wegen der kritischen Ärztesituation werde aber auch der angekratzt.
Heilberuf mit Verantwortung Auch Rita Schubert nimmt die Mitbewerber aus dem Internet wahr. Sie führt seit 13 Jahren die Falken-Apotheke in Hammelburg. Die 42-Jährige sieht in den Online-Anbietern eine Konkurrenz für ihr Geschäft. Gerade das "Sortiment mit teuren Produkten" greife der Internet-Handel ab. "Damit habe ich mich aber schon abgefunden. Ich kann mich mit dem Internet nicht messen." Zumindest was die Preise angehe. "Die Betreuung kann das Internet aber nie leisten." Für die Versorgung vor Ort seien die stationären Apotheken unverzichtbar. "Wir kennen Frau X und wir wissen über ihre Geschichte Bescheid."
Die Preise aus dem Netz könne Rita Schubert nicht halten, erklärt die Apothekerin. Dafür aber ihre Verantwortung gegenüber der Kunden: "Apotheker ist ein Heilberuf. Wenn ich jemandem ein Produkt nicht mit gutem Gewissen verkaufen kann, rate ich ihm davon ab." Auch wenn ihr damit Umsatz verloren gehe.
Die Zusammenhänge erkenne die Bevölkerung oft nicht, meint sie. "Wenn eine Apotheke nicht mehr wirtschaftlich ist, muss sie zu machen. Und am Ende wundern sich die Leute, wenn sie für ihre Medikamente bis nach Schweinfurt fahren müssen." Arzneimittel seien sensible Produkte, sagt Rita Schubert. "Die kann man nicht unter den gleichen Bedingungen verkaufen wie zum Beispiel Bücher."
Die Boxberger- Apotheke in Bad Kissingen ist die älteste im ganzen Landkreis. Laut einem Eintrag der Industrie und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt wurde diese 1710 gegründet. Inhaberin Nadja Lenhart wollte sich zur Konkurrenz der Versandapotheken nicht äußern.
Als Kunde müsse man sich fragen, was man will, meint Thomas Metz, Pressesprecher des Bayerischen Apothekerverbandes in München. Beratung und Service von "hochqualifiziertem Personal kostet natürlich auch etwas". "Die beste Anlaufstelle ist immer noch die Apotheke vor Ort." Im Kampf um die Kunden stelle die Internetapotheke eine Konkurrenz dar. Gefährlicher sei für die Apotheker aber die Entwicklung der Ärztestruktur. "Fällt die Apotheke dann in ländlichen Gebieten am Ort weg, ist das ein Problem." In großen Städten könne der Markt das eher auffangen.
Profit im Vordergrund Oliver Baumgärtner konnte die Apothekerlandschaft im größeren Maßstab noch bis vor einigen Wochen in Berlin beobachten. Bevor er nach Bad Brückenau in die Schwan-Apotheke kam, arbeitete er in einer Apotheke in der Hauptstadt. "Die kochen alle mit Wasser", sagt der 41-Jährige. Die Apotheke, in der er früher tätig war, lag in direkter Nachbarschaft zu einer anderen mit Versandhandelspreisen, erzählt er. Der Nachbar habe trotz Preisunterschied am Umsatz "seiner" Apotheke nichts verändert. "Wer etwas billig raushaut, muss über Masse verkaufen." Er sieht einen entscheidenden Nachteil der Online-Anbieter in der Lieferzeit der Medikamente: "Wenn jemand ein Antibiotika braucht, bringt es ihm nicht viel, wenn er es nach drei Tagen zugeschickt bekommt. Dann ist er entweder gesund oder es geht ihm noch schlechter." Für die Online-Kollegen stehe der Profit im Vordergrund: "Der Versandapotheke ist es egal, was mit dem Kunden passiert. Die wollen verkaufen und zwar so schnell wie möglich."
Auch für Günter Metz ist der vermeintliche Vorteil, mit dem Kauf im Netz Zeit zu sparen, hinfällig. "Wir sind schneller. Und telefonisch kann man auch von zu Hause aus bestellen." Er hat vor ein paar Jahren mit einem kostenlosen Lieferservice auf die neue Situation reagiert. Abgesehen vom Preis spreche aus Kundensicht wenig für das Onlinegeschäft, meint der 56-Jährige. "Und selbst zu dem günstigen Preis kommen ja noch die Versandkosten dazu." Der Apotheker sieht in der "Rosinenpickerei" der Versandgeschäfte eine "große Ungerechtigkeit". "Wir bieten vor Ort das an, was die Apotheken Geld kostet." Nacht- und Notdienst oder individuelle Rezepturen, zählt er auf. "Es ist ein freier Markt geworden. Jetzt ist es wesentlich anstrengender. Wir müssen uns den Kunden durch Qualität erkämpfen." Es komme darauf an, zu stärken, was der Online-Handel nicht leisten kann: Beratung. "Hinweise, die auf einem Zettel stehen, können nicht das, was Beratung vor Ort kann."