Vor dem Amtsgericht Bad Kissingen wurde der Missbrauch eines Notrufs verhandelt, durch den am 17. Juli ein Großaufgebot an Feuerwehr und Rettungsdienst zum Pfelgeheim in Bad Brückenau ausgerückt war.
Bad KissingenAls am 17. Juli um 18:50 Uhr sieben Fahrzeuge, besetzt mit insgesamt 40 Feuerwehrleuten, dazu ein Rettungswagen und ein Polizeihauptmeister am Pflegeheim Römershag in Bad Brückenau ankommen, können sie eigentlich gleich wieder gehen. Fehlalarm. Mutwillig ausgelöst, durch das Einschlagen eines Feuermelders im zweiten Stock. Mutmaßlich eingeschlagen von dem Angeklagten F.
Zur Hauptverhandlung am Bad Kissinger Amtsgericht sind drei Zeugen geladen: zwei Pflegekräfte, darunter die Schwester des Angeklagten, und der Polizist, der am Einsatzort war. Die Anklage lautet: "Missbrauch von Notruf".
Der 17. Juli war ein heißer Tag. Die Schwester des Angeklagten hatte ihn gebeten, bei ihrer Tochter nach einem Ventilator zu fragen, er konnte die Tochter nicht erreichen, also ging er zum Arbeitsplatz seiner Schwester, dem Pflegeheim.
Er klingelte im ersten Stock, fragte nach ihr, wurde in den zweiten Stock geschickt. Nach eigenen Angaben habe er dort dann vor der Tür gewartet. Als der Alarm losging, sei er nach unten gegangen, in den Pavillon.
Warum er dageblieben sei?, fragt die Richterin. "Aus Neugier", sagt er und dann den für das später unterstellte Motiv entscheidenden Satz: Er habe die Feuerwehr sehen wollen.
Beide Zeugen widerlegen seine Aussage, dass er die Station nach dem Alarm verlassen habe. Zeugin S., Pflegekraft, sagt, sie sei, als der Alarm losging sofort aus dem zweiten Stock, an F. vorbei, runter gerannt ins Schwesternzimmer um an der Tafel zu sehen, wo der Alarm ausgelöst wurde. "Treppenhaus West" stand da. Sie lief wieder nach oben, wusste, es war der Alarmknopf vor der Tür zum zweiten Stock.
Der Angeklagte, sagt sie, habe die ganze Zeit dort gestanden, wo der Feuermelder eingeschlagen wurde. Und außer dem Angeklagten, sagt S., sei keiner im Treppenhaus gewesen, der den Alarm hätte auslösen können.
"Wenn ich es gewesen wäre", sagt F., "dann würde ich es auch zugeben" und: "Ich hatte auch gar nichts an den Händen."
Der Aufwand war enorm
Dagegen spricht die Aussage des Polizisten.
Zum einen sei das Glas über dem Alarm so dünn, Verletzungen seien so gut wie ausgeschlossen. Zum anderen habe F. zwar nicht in der offiziellen Vernehmung, aber doch zuvor, "rumgedruckst, dass er es doch vielleicht gewesen sein könnte".
Auch die zweite Zeugin, F.'s Schwester, bestätigte, F. am Feuermelder gesehen zu haben. Von einer Faszination für Feuerwehren, gibt die Schwester an, wisse sie nichts.
Sehr wohl jedoch wisse sie um das Alkoholproblem ihres Bruders. Wie sie den Zustand ihres Bruders am Tattag einschätze?, fragt die Richterin. "Alkoholisiert, aber nicht volltrunken".
F. ist arbeitslos, bekommt aber kein Hartz VI. Welche Einnahmen er habe?, fragt die Richterin. "Vermietung", sagt er. Wie hoch die seien? Er blickt in Richtung seiner Schwester. "380 Euro", sagt sie. Wie er den krankenversichert sei? Blick zur Schwester. "Privat.
Ich bezahle für ihn."
Über dem Feuermelder im zweiten Stock ist noch eine Art Steckdose mit einer Blende - möglicherweise, sagt Rechtsanwalt Markus Jost, habe sein Mandant den Schalter für eine Klingel gehalten und die dann mit dem Feuermelder verwechselt. Jost plädierte schließlich auf Freispruch - "niemand hat ihn dabei gesehen - die Polizei hat keine Fingerabdrücke genommen". Die Staatsanwältin forderte 60 Tagessätze zu je 15 Euro.
Das Motiv: Die Faszination an Martinshorn und Feuerwehr.
Deutliches Urteil
Am Ende lautet das Urteil 60 Tagessätze zu je zehn Euro. Eine Verwechslung des Notrufkastens mit der Blende sei nicht einleuchtend, so die Richterin. Punkt zwei: Warum hat F. nicht das Gebäude schnellstmöglich verlassen, wenn er doch gedacht haben muss, dass es brennt - doch wohl nur, weil er wusste, dass es ein Fehlalarm ist.
Was sie jedoch
am meisten ärgere, sagt sie, sei der enorme Aufwand, den er verursacht habe. Die Pflege wurde von wichtigen Aufgaben abgehalten und die ehrenamtliche Feuerwehr habe Freizeit und Arbeitszeit geopfert. "Das ist eine unglaubliche Dummheit und Frechheit", sagt sie. Dann, etwas ruhiger: "Auch wenn Sie es wahrscheinlich nicht bedacht haben."
Sie bietet ihm eine Ratenzahlung der Tagessätze an. 25 Euro im Monat - es ist der kleinstmögliche Betrag.