Am Amtsgericht in Bad Kissingen wurde Maria Kiesel in den Ruhestand verabschiedet.
Als Maria Kiesel den Mann mit der Machete beobachtete, reagierte sie richtig. Das Amtsgericht war damals noch in der Spargasse. Kiesel kam aus der Mittagspause, da fiel ihr ein Mann auf, etwa 70 Jahre, eine braune, abgewetzte Schultasche in der Hand aus der die Spitze einer Machete ragte. Er bog wie sie ab, ins Gerichtsgebäude. Kiesel, damals am Betreuungsgericht tätig, rief beim Familiengericht an, fragte, ob ein Scheidungstermin anstehe.
Als die Antwort "ja" lautete, informierte sie den Wachdienst.
Heute, über 30 Jahre später, sitzt Maria Kiesel im Amtszimmer von Matthias Göbhardt, dem Direktor des Amtsgerichts, eine schmale Frau, feines Gesicht, die braunen Haare zum Dutt gebunden - die Ausstrahlung einer Balletttänzerin und sagt, als sie die Macheten-Geschichte erzählt: "Ich glaube schon, dass der was vorgehabt hätte." Eingangskontrollen gab es damals nicht.
Die wurden erst 2012 eingeführt - nach dem Mord an einem Staatsanwalt in Dachau.
Viele weinende Kinder gesehen
Maria Kiesel ist gelernte Bürokauffrau, seit 44 Jahren am Amtsgericht und geht heuer, mit 63, in Rente. Sieben Jahre hat sie in den Sitzungen des Zivilgerichts Protokoll geführt - wäre sie nicht an die Schweigepflicht gebunden, sie schüttelt den Kopf und sagt: "Ich könnte Sachen erzählen." Die
Vaterschaftsfeststellungen seien immer am Besten gewesen. Kiesel war in allen Abteilungen (Nachlass, Betreuung, Grundbuch) - nur beim Familiengericht war sie nie. "Da bin ich ganz froh", sagt sie, "ich hab auch so viele weinende Kinder gesehen."
Ob man Frau Kiesel vermissen wird? Einhelliges Kopfnicken. Und das nicht nur, weil die Personalpolitik von Amts wegen vorsieht, die Stelle frühestens erst drei Monate später neu zu besetzen.