Der Kapellenplatz in Rothenburg wird aktuell neugestaltet. In diesem Zuge finden archäologische Grabungen statt - dabei hat es nun eine überraschende Entdeckung gegeben.
Um das Jahr 1180 entstand in Rothenburg ob der Tauber eines der ältesten jüdischen Viertel in Süddeutschland, wie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) in einer aktuellen Pressemitteilung erklärt. Demnach galt die mittelfränkische Stadt im Landkreis Ansbach im Mittelalter als Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit mit überregionaler Strahlkraft. Doch von der ersten Synagoge am heutigen Kapellenplatz seien bisher nur historische Zeichnungen bekannt, konkretere Belege habe es nicht gegeben.
Nun liefern archäologische Grabungen im Zuge der Neugestaltung des Kapellenplatzes entscheidende neue Erkenntnisse: "Die freigelegten Fundamente stimmen in Bauweise, Ausrichtung und Lage des Haupteingangs bis ins Detail mit den beiden bekannten Abbildungen aus dem 18. Jahrhundert überein". Gemeinsam mit überlieferten Schriftquellen lassen diese kaum Zweifel daran, dass es sich bei den Funden mit hoher Wahrscheinlichkeit um die erste Synagoge Rothenburgs handelt. Damit wurde laut BLfD ein "verlorenes Erbe" wiederentdeckt.
Erste Synagoge Rothenburgs wiederentdeckt: "Eines der bedeutendsten jüdischen Zentren Süddeutschlands"
Der Fund sei an der Stelle überraschend gewesen und unterstreiche den Wert der Bodendenkmalpflege. "Nur dank archäologischer Untersuchungen wie diesen gelingt es uns, die Geschichte des europäischen Judentums um einen weiteren Mosaikstein zu ergänzen", so Mathias Pfeil, der Generalkonservator des BLfD. Jedoch zeuge die Geschichte der Synagoge neben der Blüte des jüdischen Lebens auch von dessen Zerstörung.
Nach dem verheerenden Judenpogrom von 1349 während der Pest sei die Synagoge wie die übrigen Gebäude der jüdischen Gemeinde an die Stadt Rothenburg übergegangen. 1404 verkaufte die Stadt das Gebäude an einen örtlichen Patrizier, der es 1406/07 zur Marienkapelle umbauen ließ, wie in der Meldung erläutert wird. 1805 sei die Kapelle schließlich abgerissen worden und die letzten sichtbaren Reste der Synagoge verschwanden.
Zwar entstand bereits wenige Jahrzehnte nach dem Pogrom erneut eine jüdische Gemeinde, zu deren Zentrum entwickelte sich aber die Judengasse im Norden der Rothenburger Altstadt. Die Stadt errichtete auf dem Areal des heutigen Schrannenplatzes eine neue, bescheidenere Synagoge. Rothenburgs Oberbürgermeister Markus Naser (FRV) sieht in den Entdeckungen einen eindrucksvollen Beleg der Bedeutung Rothenburgs im Mittelalter als "eines der großen Zentren des Judentums in Süddeutschland".
Entstehungszeit und frühe Baugeschichte der Synagoge geben weiter Rätsel auf
Auch diesen unrühmlichen Teil der Stadtgeschichte wolle man immer weiter erforschen und im Bewusstsein behalten. Die Entstehungszeit und frühe Baugeschichte der Synagoge bleiben jedoch weiterhin fragwürdig, heißt es. In Zukunft bleiben die übrigen Teile des Fundes geschützt unter dem neuen Pflaster, das die Struktur des Bodendenkmals oberirdisch abbilden soll.
In der Fränkischen Schweiz wurden in diesem Jahr ebenfalls spannende Funde gemacht, wobei es sich um mysteriöse Knochen handelte.